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Full text of "Geschichte der kleinasiatischen Galater bis zur Errichtung der römischen Provinz Asia"

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Geschichte 



m 



leinasiatisehen Galater 

bis m Errichtung fler pömisciien Provinü Asia. 

Iiiaugiiral-UiK8ertati(iii 

\ir Erlangung der Doktorwürde 

lolien plillosopMstlien Fakultät der llniversillt.Basel 



^ 



i 



Geschichte 



der 



Kleinasiatisehen Galater 



bis zur Errichtiui§ der römischen Proiinz Asia. 



■ » ^ » » « ■ ., 



V 



A 

Inaugural-Dis^ertatii^ii :: \ 

i *^ i^ > I 

zur Erlangung der^ Do>OTorwii,Tde 

eingereicht bei. der :. ]^V* ' 



boben pbilosopbiscben Fakultät der Uni¥ersität Basel 



von 



Felix Staehelin. 



^ 



(»v^fe/g — 



Basel 

Druckerei der Allgem. Schweizer Zeitung 

1897. 






DEM 



Andenken meines Lehrers 



Ferdinand Duemmler. 



Inhalt. 

Seite 

I. Die Vorbereitung 1 

IL Die Galater in Kleinasien während der ersten vierzig Jahre ... 9 

III. Der Zusammenstoss mit dem pergamenischen Reiche und seine Folgen 23 

IV. Land und Volk der Galater um 200 v. Chr 49 

V. Der Feldzug des Cn. Manlius Vulso und die Unterwerfung der 

Galater unter das pergamenische Reich 63 

VI. Die Befreiung der Galater durch Rom. Galatien als römischer 

Clientelstaat 83 



Oefter angeführte Litteratur. 



L. Contzen, Die Wanderungen der Kelten, historisch-kritisch dargelegt. 
Leipzig 1861. 

J. (j. Droysen, Geschichte des Hellenismus. 

Bd. II : Geschichte der Diadochen^. Gotha 1878. 
Bd. III: Geschichte der Epigonen^. Gotha 1877/8. 

M. Fränkel, Die Inschriften von Pergamon (a. u. d. T.: Altertümer von 
Pergamon, Bd. VIII). Berlin 1890 und 1895. 

H. Gabler, Erythrae. Untersuchungen über die Geschichte und die Ver- 
fassung der Stadt im Zeitalter des Hellenismus. Berlin 1892. 

H. van Gelder, Galatarura res in Graecia etAsiagestae usque ad medium 
secundum saeculum a. Chr. Diss. Amstelaedami 1888. 

Ad. Holm, Griechische Geschichte von ihrem Ursprünge bis zum Unter- 
gange der Selbständigkeit des griechischen Volkes. Bd. IV. Berlin 1894. 

M. H. E. Meier, Art. „Pergamenisches Reich** in Ersch und Gruber's 
Encyclopädie, Sect. III, 16. Teil (1842), S. 346—426. 

Uberto Pedioli, II regno di Pergamo. Studi e ricerche. ■ Torino 1896. 

Ed. Thrämer, Pergamos. Untersuchungen über die Frühgeschichte Kleiu- 
asiens und Griechenlands. Leipzig 1888. 

— Die Siege der Pergamener über die Galater und ihre VerheiTlichung 
durch die pergamenische Kunstschule. Programm des livländischeu 
Landesgymnasiums zu Fellin 1877. 



Abkürzungen. 



B C H ^ Bulletin de correspondance hell6nique. 

CIA ^ Corpus inscriptionum Atticarum. 

C I G ^ Corpus inscriptionum Graecarum. 

Ditt. syll. = Dittenberger, Syllogo inscriptionum Graecarum. 

F H G — Fragmenta historicorum Graecorum, ed. C. Müller. 

MAI -^ Mitteilungen des archäologischen Instituts, athenische Ab- 
teilung. 

P-W Pauly-Wissowa's Real-Encyclopädie der Idassischen Alterturas- 

wissenschaft. 

Rh. M. Rheinisches Museum. 



I. Die Vorbereitung. 

In dem wilden Durcheinander von Kämpfen, die über 
dem Erbe Alexanders des Grossen ausbrachen, war es dem 
Lysimachos gelungen, von kleinen Anfängen aus sich mit 
eiserner Faust ein mächtiges Reich zu schaffen, das den west- 
lichen Teil von Kleinasien und ein grosses Stück der Balkan- 
halbinsel umfasste. Die scheinbar festgefügte Macht, die ihre 
Entstehung teils langwierigen Kämpfen gegen nördliche Bar- 
baren, teils der Vernichtung des Antigonos verdankte, wurde 
durch ein herrschsüchtiges Weib zu Falle gebracht. Arsinoö, 
die vierte Gemahlin des alten Königs, nicht zufrieden mit 
einigen Städten, die ihr als Privateigentum waren geschenkt 
worden, wandte alle Mittel, auch die schnödesten an, um den 
legitimen Thronfolger, ihren Stiefsohn Agathokles, zu ver- 
drängen und den Thron auf ihre eigenen Kinder zu über- 
tragen. Agathokles wurde hingerichtet, — aber von diesem 
Augenblick an war das Reich des Lysimachos zerrissen. Die 
kleinasiatischen Provinzen, in denen der Kronprinz, wie es 
scheint, viel Anhang besessen, erhoben sich. Ohne Zweifel 
hatte hier nicht am wenigsten Seleukos die Hand im Spiel, 
der östliche Nachbar, dem das Aufblühen des Lysimachos- 
reiches längst ein Dorn im Auge gewesen war. Zu ihm floh 
die Witwe des Agathokles mit ihren Kindern, zu ihm dessen 
Bruder Alexandros, überhaupt der ganze Anhang des umge- 
brachten Kronprinzen. Ihrer Hetzereien gegen den Vater und 
angestammten König Lysimachos würde es am syrischen Hofe 
kaum bedurft haben! 

Keiner unter den abgefallenen Kleinasiaten hatte dauer- 
hafteren Erfolg als der Eunuch Philetairos aus Paphlago- 
nien, den Lysimachos zum Kommandanten der Festung Per- 
gamon, zum Anführer der in ihr stationierten Soldtruppen und 

Stae heiin, Galater. i 



— 2 — 

zum Hüter des dort vei'wahrteu Schatzes von 9000 Talenten 
bestellt hatte. Er und seine Familie sind in der Folge unter 
seleukidischer Oberlioheit gross geworden und haben dann, 
nachdem sie sich zur Selbständigkeit erhoben, das peigame- 
nische Königreich errichtet. Ilire Hauptstärke war und blieb 
der reiche Schatz, mit dem Philetairos die Herrschaft be- 
gründet hatte. 

Von Philetairos und anderen Kleinasiaten gerufen, von 
der geflüchteten Agathoklespartei im Rücken gestachelt, zog 
Seleukos an der Spitze eines Heeres über den Tauros, mit 
Lysimachos um den Besitz Kleinasiens zu kämpfen. In der 
Schlacht bei Korupedion in Kleinphrj'gien (281 v. Chr.) fand 
Lysimachos den Tod, und damit war sein Reich wie mit 
einem Schlage zertrümmert. Seleukos war zum Herrn von 
Kleinasien geworden. Aber er w^ollte mehr; er setzte über 
den Hellespont, um auch den europäischen Besitz seines ge- 
fallenen Gegners einzuheimsen. Da traf ihn der Mordstahl 
eines verwegenen Abenteurers Ptolemaios Keraunos, der, 
in seinem Vaterlande Aegypten vom Thron ausgeschlossen, 
sich dafür irgendw^o in der Fremde schadlos zu halten suchte 
und auch schon an der Beseitigung des xAgathokles neben 
Arsinoe einen Hauptanteil gehabt hatte. Jetzt hatte er er- 
reicht, wonach er längst gestrebt: er hatte einen Thron er- 
rafft (Winter 281/0). Den eui-opäischen Teil des Lysimachos- 
reiches (Thrakien, Makedonien, einen Teil von Thessalien und 
mehrere Inseln) machte er sich sofort zu eigen und verteidigte 
diesen Besitz mit Erfolg gegen den Angriff des Antigonos 
Gonatas, der von seinem Vater Demetrios Poliorketes her be- 
gründetere Ansprüche auf Makedonien zu haben glaubte. 
Kleinasien wurde das Erbe des Seleukiden Antiochos I. 

Eben schienen wieder feste, ruhige Verhältnisse eintreten 
zu wollen. Da brauste der Keltensturm über diese Länder 
hin.^) Schon seit mehreren Jahrzehnten hatten die keltischen 



1) Die Einzelheiten der drei Kelteneinfälle der Jahre 281, 280 und 279 
hahe ich hier nicht zu berühren. Es sei verwiesen auf Curt Wachsmuth, 
„Die Niederlage der Kelten vor Delphi," v. Sybels Histor. Ztschr. 10 (1863), 
1 ff. Ferner im allgemeinen über die Kelten : L. Contzen, „Die Wanderungen 



— 3 — 

Stämme^) von ihren Wohnsitzen zwischen der Donau und dem 
adriatischen Meere aus die südlichen Nachbarvölker vor sich 
herzustossen begonnen. So lange das grossthrakische Reich 
des Lysimachos bestand, wurden die Barbaren noch zurück- 
gehalten. 2) Seit Lysimachos^ Tode aber hielten sie das letzte 
Hindernis für beseitigt; und in drei Jahren hintereinander 
{281 — 279) drangen sie in die südlich gelegenen Gebiete ein, 
zuerst nur nach Thrakien, dann (280) in drei Schwärmen 
nach Thrakien, Paionien und Makedonien: diesem letzteren 
Angriffe fiel gegen Ende des Jahres 280 der neue makedonisch- 
thrakische König Ptolemaios Keraunos zum Opfer, so dass 
•der makedonische Thron aufs neue leer stand. Erst beim 
dritten, von Brennos und Akichorios^) angeführten Ein- 
falle, der die Plünderung des reichen delphischen Heilig- 
tums herbeiführen sollte, wurde weiterem Ausgreifen ein Ziel 



u 



der Kelten," Lpz. 1861; van Gelder, „Galatarum res in Graecia et Asia gestae 
Diss. Amstelaedami 1888. Endlich die einschlägigen Kapitel bei Droysen, 
Gesch. des Hellenismus, II 2 und III 1 ; Holm, Griech. Gesch. IV. 

^) Ueber das Verhältnis der Namen „Kelten" und „Galater" bei den 
eilten Autoren vgl. die lichtvollen Ausführungen von W. A. Schmidt, Rh. M. 4 
(1836), 366 ff. 

^) Holm IV 116 behauptet, schon um 300 v. Chr. hätten sich Kelten am 
Orbelosgebirge (zwischen Nestos und Strymon) festgesetzt. Das waren aber 
nicht Kelten, sondern die (vermutlich allerdings von Kelten im Rücken ge- 
stossenen) illyrischen Autariateu, die Kassandros im J. 310 dort ansiedelte. 
Diod. 20, 19, 1 Dindorf; vgl. Justin 15, 2, 1 f. 

^) Die Quellen (wenigstens Pausanias und Diodor) unterscheiden klar 
genug diese beiden Persönlichkeiten. Wenn Contzen a. a. 0. S. 189 ff. daraus 
eine einzige macht, so verfährt er nicht nur willkürlich, sondern auch in- 
konsequent, da er S. 110, Anm. 1 ausdrücklich die Deutung von Brennos als 
^ König" (von kymr. brennin) zurückweist (zur Sache selbst vgl. Mommsen, 
Rom. Forsch. II, S. 303, Anm. 10, der diese Etymologie auch nicht mehr 
4»nnimmt). Denn ausser dieser Deutung giebt es keinen Anlass, in Brennos 
und Akichorios nicht verschiedene Personen zu sehen. Auch Contzen kann 
im Verlaufe (S. 193 ff.) die Identifikation der Heerführer nicht durchführen 
und nennt dann einfach immer den „Akichorios," wo in den Quellen „Brennos" 
«teht; wo aber vom wirklichen Akichorios die Rede ist, da lässt Contzen 
statt dessen kalten Blutes den „Belgios" auftreten, der zwar im Jahre zuvor 
der Anführer des Zuges gegen Ptolemaios Keraunos gewesen war, von dessen 
Teilnahme an der Kelteninvasion des Jahres 279 aber keine Silbe überliefert ist! 



— 4 — 

gesetzt. Die Griechen leisteten vor Delphi, obwohl sie be- 
deutend in der Minderzahl waren, doch gerade lange genug 
Widerstand, bis die gute Jahreszeit verstrichen war und die 
Kelten durch Frost ^) und Hunger von ihrem Vorhaben abge- 
bracht und zur Umkehr gezwungen wurden. Dem delphischen 
Heiligtum war kein Leid geschehen, und die ^.xocvi^ tcZv'EAat^vwv 
awTTjpia^^ gewonnen. Zum Andenken stifteten die Aitoler, die 
zu jener Zeit die politische Oberherrschaft über das Orakel 
besassen und auch am meisten zur Abwehr der Barbaren ge- 
than hatten, in Delphi das neue Fest der lojTTJaca, Mehr Er- 
folg hatte allerdings gleichzeitig ein anderer, von Leonno- 
rios und Lutarios (Luturios) angeführter Keltenschwarm^ 
der es auf die Brandschatzung der reichen griechischen Städte 
an den thrakischen Küsten abgesehen hatte. Diese Städte 
wurden entweder ausgeplimdert, oder — so Byzanz — mussten 
sich mit schweren Tributen loskaufen. 

Unter den Verteidigern der Thermopylen gegen die auf 
Delphi losrückenden Barbaren führt Tansanias auch an : fünf- 

^) Diese Thatsache wird uns unverfänglich bezeugt durch Diod. 22, 9, 
3 Dind., Paus. 10, 23, 4, Justin 24, 8, 10 und neuerdings durch den dritten 
delphischen Hymnus (Bull. corr. hell. 18, 355), wo es Zeile 33 ff. heisst: 

ßapog ^'Apr^Q, ors [rejou uavvocnjvov idon 

'deg XrjCopeiog whlf uy päc )(^c[6vc 

Wir erhalten dadurch ein erwünschtes Mittel zu genauer chronologischer 
Fixierung des Delphizuges. Nach Paus. 10, 23, 14 fällt derselbe in da» 
attische Jahr 279/8. Damit stimmen genau überein zwei Angaben Polyb's. 
In B. 1, 6, 5 setzt er die e(po3og derjenigen Galater, die nachher vor 
Delphi und nach Asien zogen (d. h. den ersten Einfall, der den Grriechen 
einen Schrecken einjagte : die Ueberflutung Makedoniens und Abschlachtung 
des Ptolemaios Keraunos) ein Jahr nach der Ueberfahrt des Pyrrhos nach 
Italien an (die 281/0 stattfand) ; in B. 2, 20, 6 stellt er einen Abstand von 
2 Jahren zwischen jener Ueberfahrt des Pyrrhos und der dcacpdopd 
der Kelten bei Delphi fest, setzt also die letztere ebenfalls 279/8 an. Nun 
macht mich Herr Professor Ulrich Köhler darauf aufmerksam, dass jener 
gutbeglaubigte Frost und Schnee uns nötigt, den Delphizug in die zweite 
Hälfte eines natürlichen Jahres, also in die erste Hälfte des für ihn bezeug- 
ten attischen Jahres zu setzen. Er fällt mithin gegen Ende des natürlichen 
Jahres 279 v. Chr. Dadurch widerlegen sich die chronologischen Konstruk- 
tionen Droysens III 2, 377. 



— 5 — 

hundert Mann, „geschickt von Antiochos aus Asien, ange- 
führt von Telesarchos, einem Orontessyrer,"^) der dann, als 
die Kelten eine Umgehung auf dem Oitapass versuchten, bei 
•der Verteidigung desselben gefallen sei.'^) Ist es möglich, 
dass Antiochos von Syrien in diesem Augenblicke Truppen 
nach Griechenland geschickt hat? Ein Blick auf die damali- 
gen Zustände in Asien wird uns zeigen, dass es kaum denk- 
bar ist. Antiochos des Seleukos Sohn beherrschte längst als 
Mitregent seines Vaters die oberasiatischen Provinzen; seine 
damalige Residenz war Seleukeia am Tigris. Gleich nach 
der Ermordung seines Vaters hatte er einen gefährlichen 
Aufstand niederzuwerfen, der in der sogenannten Ishuxig, 
dem Herzen des Reiches, ausgebrochen war.^) Aber auch in 
Kleinasien war seine Herrschaft in Frage gestellt: er wurde 
von den Bithynern unter König Zipoites empfindlich geschla- 
gen, als er sein Erbe daselbst antreten wollte (280).*) Im 
folgenden Jahre (279) hatte er nicht mehr Glück: eine ganze 
Liga stellte sich ihm entgegen, in der die Könige Nikomedes 
von Bithynien und Antigonos Gonatas, der einstweilen nui' 
über einige Punkte Griechenlands (Korinth, Demetrias u. a.) 
Herr war, dominierten. Es muss ihnen gelungen 'sein, nach 
glücklichen Kämpfen an der Küste Kleinasiens einen vorteil- 
haften Frieden mit dem Syrerkönig abzuschliessen.^) In dieser 
Lage besass Antiochos schwerlich noch übrige Ki'äfte, die er 
dem delphischen Gotte zu Hilfe schicken konnte. Vielleicht 
ist die Angabe des Pausanias überhaupt anders aufzufassen. 
Im Berliner königlichen Museum befindet sich auf einer In- 
schrift aus Magnesia am Maiandros ein Dekret der Epi- 
damnier, in dem die Magneten unter anderem Lob auch das 

') Paus. 10, 20, 5. 

2) Paus. 10, 22, 1. 

^) Ditten berger, sylloge inscr. Graec. Nr. 156, 5 f. 

*) Memnon c. 20, 3 (Photios cod. 224, bei MüUer FHG III 536). Die 
Chronologie der ersten Fürsten und Könige Bithyniens hat zuletzt TöpflFer 
im Hermes 31, 124 ff. festgestellt. 

*) Trog. prol. 24: „bellum, quod inter Antigonum Gonatam et Antiochum 
Seleuci filium in Asia gestum est." Vgl. Justin 25, 1, 1; Memnon c. 18 und 
die sehr verworrene Notiz bei Justin 24, 1 ; sowie Droysen III 1, 192 Anm. 1. 



— 6 — 

zuerkannt bekommen, dass ihre Vorfahren einst dem delphi- 
sehen Orakel gegen zur Plünderung heranziehende Barbaren 
zu Hilfe geeilt seien und sie in einer Schlacht besiegt hätten.^) 
Es liegt nahe, mit dieser Angabe die Notiz des Pausanias 
zu kombinieren und unter den Fünflmndert „rcr^oa Myr^o/o'> 
ze xa: ix rr^g l^rrras" einfach das Bürgerheer von Magnesia 
am Maiandros zu erkennen. Die Stadt war mit den übrigen 
kleinasiatischen Griechenstädten nach Lysimachos' Fall unter 
die Botmässigkeit des Seleukos, dann des Antiochos gekommen. 
In Telesai'chos dem „Orontessyrer" werden wir den von einem 
dieser beiden Könige eingesetzten Phrurarchen oder Epime- 
leten zu erblicken haben. Unter seinem Kommando scheinen 
die Magneten, die ja uralte freundschaftliche Beziehungen 
zum delphischen Gotte hatten und seinen Weisungen die 
Gründung ihrer Stadt am Maiandros zuschrieben, 2) sich zum 
Schutze des apollinischen Heiligtums eingeschifft zu haben. ^) 



^) . . . Tch YSYBvrjfisv[d]v ßoiduav ozo t\co]v 7:\^poy6viov a]fJ- 
Twv [ec\g, To kpov zo iv Jc/.[(po:g] ve[x]acFdvzajv f^^X^^ ^^^^ 
ßap[ß]dpo'jg zo[ug] i7:e[(7zpaz£üa']av7ag iz: dcupzayäc zco[v roj'j 
r??]£Oi> ^pTjfXUZcüV. Diese Stelle der Inschrift ist vorläufior publiziert von 
0. Kern, in Wendland und Kern's Beiträgen zur Geschichte der griechischen 
Philosophie und Religion (Berlin 1895), S. 87. Vergleicht man damit die 
Ausdrücke, die in anderen Inschriften (z. B. Dittenberger, sylloge Kr. 149 f.) 
gerade für den Zug der Gallier vor Delphi gebraucht werden, so erscheint 
es über jeden Zweifel erhaben, dass auch hier nur der berühmte Keltenein- 
fall des Jahres 279 gemeint sein kann, um so mehr, als die Zeit der In- 
schrift (ca. 200 V. Chr.) wohl keine andere Deutung zulässt. Auch das bekannte 
delphische Orakel über die Einführung der Dionysosmysterien in Magnesia 
(zuletzt veröffentlicht von Kern ebendas. S. 79 ff.) gedenkt jenes Hilfezugs in 
der Anrede (Z. 14 f.) : MaYVTjTsg xzedvocQ iTrafiuvTOpeg rjfiezipoeacVy 
ja es scheint seine Gunst für Magnesia geradezu durch die Kriegshilfe der 
Magneten zu motivieren. Auf denselben Anlass scheint es zurückgeführt 
werden zu müssen, dass um 194 v. Chr. die Magneten am Maiandros einen 
hpofjLvdpiOV nach Delphi senden, also Mitglieder der delphischen Amphik- 
tionie sind (nach einem delphischen Dekrete, das Pomtow, Jahrb. f. Philologie- 
149, S. 658 herausgegeben hat). 

^) Vgl. O.Kern, „Die Gründungsgeschichte von Magnesia am Maiandros."* 
(Berlin 1894.) 

^) Pomtow, der — wie ich nachträglich sehe — diese Kombinatioa 
ebenfalls in Erwägung zieht (Jahrb. f. Philologie 1896. S. 766) macht dagegeo 



— 7 — 

Dass in der üeberlieferung daraus ein Kontingent des An- 
tiochos selbst geworden ist, wird durch den auffallenden Tod 
des Anführers Telesarchos veranlasst worden sein, der ja 
sicher ein unmittelbarer Untergebener des Syrerkönigs ge- 
wesen war. Bald sollte den Kleinasiaten Gelegenheit werden, 
die galatischen Barbaren auf ihrem eigenen Grund und Boden 
abwehren zu müssen. 

Verfolgen wir zunächst noch die Ereignisse, die sich in 
Europa weiter zugetragen haben. Die Kelten wandten sich 
nach ihrem erfolglosen Delphizuge wieder nach dem Norden 
zurück, und mögen noch einige Zeit in Makedonien gehaust, 
dann aber sich wohl grösstenteils nach Thrakien begeben 
haben, ^) um hier zum Teil sich mit dem Schwärm des Leon- 
norios und Lutarios, der die Pontosstädte heimsuchte, zu ver- 
einigen, zum Teil mit der Gründung des Königreichs von 
Tylis (im nördlichen Thrakien) sich einem mehr oder weniger 
sesshaften Leben zuzuwenden. Viele von ihnen begaben sich 
auch bei allen möglichen Gewalthabern in Söldnerdienste. 2) 
Schliesslich gelang es dem makedonischen Prätendenten An- 
tigonos Gonatas, der eben im Bunde mit den Bithynern 
jenen glücklichen Krieg gegen Antiochos zu Ende gefühlt 
hatte, eine grosse Gallierschar — ihre Zahl wird auf 18,000 
Bewaffnete angegeben — glänzend zu besiegen. Er schiffte 

geltend, dass die Hilfstruppen des Antiochos ebensowenig wie die übrigen 
fremden Kontingente am eigentlichen Siege über die Keken Anteil haben 
konnten, da nach Paus. 10, 22, 12 jene Hilfskontingente sich nach der Nieder- 
lage bei den Thermopyien sämtlich in ihre Vaterländer zurückbegaben, da- 
gegen nur die um Delphi wohnenden Stämme länger ausharrten (Paus. 10, 
22, 13). Von den Hilfstruppen des Antiochos könne also schwerlich gesagt 
werden vuaadvTcov fid'/^ac zoö<^ ßapßdpo'jg. Es wird sich aber dieses 
den Vorfahren der Magneten gespendete Lob auf die erst6 siegreiche Ver- 
teidigung des Oitapasses (vor der Niederlage bei den Thermopyien) beziehen, 
von der auch Paus. 10, 22, 1 sagt ; xai vexaiac fiSV toüG ßapßdpoog 
Z7j fidxjj^ auTog 3e iizzaev 6 TeXiaapj^og xzk, 

') Polyb 4, 46, 1 f. 

*) Die Geschichte der Galater al§ Söldner haben wir nicht zu ver- 
folgen. Mehr oder weniger vollständige Zusammenstellungen der überlieferten 
Thatsachen findet man bei M. H. E. Meier, „Pergamenisches Reich** S. 357 ; 
Koim IV 129, Anm. 3; van Gelder S. 203 ff. 



— 8 — 

bei Lysimacheia sein im Syrerkriege bewährtes Heer aus 
und lockte in der Nähe der Stadt die wilden Feinde in eine 
Falle; panischer Schrecken übte seine Wirkung, und die 
Niederlage der Kelten war eine vollständige.^) (277 v. Chr.) 
Dieser erste Waflfenerfolg, den Griechen über Kelten im An- 
griffe davontrugen, erregte in der ganzen hellenischen Welt 
das grösste Aufsehen. Antigonos wurde überall gefeiert 2) 
als der glückliche Siegei: über die Barbaren; die Schlacht 
von Lysimacheia wurde ihm als hohes Verdienst uTzep r^s 
raiv 'EUijvwv acozrjpiag angerechnet. Nicht nur vor den Gal- 
liern, sondern auch vor anderen wilden Nachbarn hatte An- 
tigonos, und mit ihm Griechen und Makedonier, fortan Ruhe.^) 
Eine weitere Folge seines Sieges war es, dass Antigonos 
jetzt — woran ihn früher Ptolemaios Keraunos gehindert 
hatte — die längst begehrte Herrschaft über Makedonien 
antreten konnte. In diesem Lande war nach Ptolemaios 
Keraunos' Fall ein Regent auf den andern gefolgt, und zui* 
äusseren Not und Bedi^ängnis durch die Barbaren hatte sich 
die reine Anarchie im Innern gesellt. Antigonos nahm nun 
Kelten in seinen Sold, die unter einem Kiderios standen ; viel- 
leicht waren es die Reste der von ihm bei Lysimacheia über- 
wundenen Feinde. Mit ihrer Hilfe schlug er einen Gegen- 
prätendenten Antipatros, wahrscheinlich einen Neffen des 
Kassandros, aus dem Felde.*) Jetzt wai* sein Regiment in 
Makedonien von keinem Rivalen mehr angefochten; es galt 
nui- noch die Herrschaft über das ganze Land auszudehnen. 
Grösseren Widerstand scheint Antigonos dabei nur von Seiten 
des Tyrannen von Kassandi-eia gefunden zu haben, des furcht- 



^) Justin 25, 1 f. ; Trog. prol. 25. Lysimacheia als Ort der Schlacht 
nennt Laert. Diog. 2, 141. Vgl. Usener, Rh. M. 29, 45 ff. Dass diese Kelten 
der Schwärm des Komontorios gewesen seien, der dann das Reich von Tylis 
hegründete, wird zwar von Droysen (EL 2, 354 ; III 1, 192) behauptet, ist aber 
nirgends überliefert. Nach Justin 25, 1 sind es „(xalli qui a Brenne doce, 
cum in Graeciam proficisceretur, ad terminos gentis tuendos relicti fuerant." 

2) So in Athen (CIA IV 2, 371 b und Köhler dazu) und in Eretria 
(Laert. Diog. 2, 142). 

3) Justin 25, 2, 7. 

*) Polyän 4, 6, 17 Melber. 



— 9 — 

Tiaren ApoUodoros, der sich gleichfalls auf keltische Lands- 
knechte stützte. Aber auch dieser Widerstand wurde ge- 
brochen, und Kassandreia dem makedonischen Keiche wieder 
-einverleibt.^) Seit Anfang 276 ist Antigonos Gonatas nach 
-chronographischer Ueberlieferung König von Makedonien. 2) 
Damals hatte der Hauptschwarm der Galater Europa bereits 
-verlassen. 



II. Die Galater in Kleinasien während der ersten 

vierzig Jahre. 

Die Kelten, die von 281 — 277 die Balkanhalbinsel über- 
flutet haben, bilden den äussersten Posten in einer ausge- 
dehnten, Jahrhunderte lang andauernden Bewegung der kelti- 
schen Stämme von Westen nach Osten. Das Mutterland 
Gallien war längst übervölkert; daher mussten die überflüs- 
sigen Kräfte sich auswärts zu bethätigen suchen. Zahlreiche 
Stämme machten sich mit Weib und Kind aus der Heimat 
auf und suchten sich mit Waffengewalt neue Wohnsitze zu 
schaffen. Ueber den Rhein waren sie nach Germanien, über 
die Alpen nach Oberitalien gezogen, dann von hier aus weiter 
nach Dalmatien, Pannonien und lUyrien. Ueberall waren 
einzelne Stämme zurückgeblieben, aber die grosse Masse kam 
nicht zur Ruhe. Da der Zuzug aus der Urheimat während 
Jahrhunderten nicht nachliess, blieb auch die Bewegung nach 
Osten stets im Flusse. Dadurch sind die Einfälle der Kelten 
aus Illyrien in die Balkanhalbinsel veranlasst worden. 

Am allerweitesten vorgeschoben waren die Schwärme, 
•die im östlichen Thrakien schweiften und von Leonnorios 



^) Das nähere siehe bei Polyän 4, 6, 18. 

^) Zur Chronologie siehe besonders C. Müller, FHGr III 700 und üsener, 
Rh. M. 29, 37, Anm. 1. — Contzen hat die Besitzergreifung von Makedonien 
durch Antigonos vor seinen Sieg bei Lysimacheia gesetzt, Droysen gewiss 
mit Recht erst später. Denn Trog. prol. 25 sagt: „ut Antigonus Gallos delevit, 
deinde cum Apoüodoro, Cassandreae tyranno, bellum habuit"; und dass 
der Krieg gegen Apollodor aufs engste mit der Eroberung von Makedonien 
zusammenhängt, liegt auf der Hand. 



— 10 — 

und Lutarios (Luturios) angeführt wurden. Sie waren au 
den Grenzen Europas angelangt, und drüben winkten die 
fruchtbaren Gestade Kleinasiens. Nachdem dg^her Byzanz und 
die übrigen Griechenstädte am Schwarzen Meere gründlich, 
ausgesogen waren, beschlossen diese Keltenschwäime, nach 
Asien überzusetzen. Dem einen Schwärm unter Lutarios ge- 
lang es, am Hellespont Schiffe zui* Ueberfahrt zu bekommen; 
dem andern Teil, der sich unter der Führung des Leonnorios 
am Bosporos befand, bot sich eine unerwartete Gelegenheit 
zu neuen Unternehmungen jenseits des Meeres dar. Der König 
Nikomedes von Bithynien (von 279 an) brauchte ihre 
Hilfe, da sich gegen ihn im Laude der Thyner,^) d. h. in dem 
zunächst an den Bosporos grenzenden Teile Bithyniens, ein 
Prätendent Zipoites, wohl des Nikomedes leiblicher Bruder, 
erhoben hatte. Um sich dieses Feindes zu erwehren, schloss 
Nikomedes mit ihnen einen Vertrag ab, in dem die Kelten 
verpflichtet wurden, den Nikomedes und die mit ihm verbün- 
deten Staaten Herakleia, Byzanz, Kalchedon u. a. m., d. L. 
eine ganze gegen das syrische Grosskönigtum gerichtete und 
eifrig über ihi-er Autonomie wachende Liga, zu unterstützen; 
als Lohn wurde den Barbaren die Verwüstung des thynischen 
Landes verstattet. Auf Grund dieses Vertrages setzte Niko- 
medes die Galater über den Bosporos; es sammelten sich zu 
seinem Dienste allmählich 17 Häuptlinge unter dem Oberbefehl 
des Leonnorios und Lutarios; der letztere hatte sich nach 
Verwüstung der am Hellespont liegenden asiatischen Land- 
schaften wieder mit dem nördlichen Hauptschwarm vereinigt. 
So wurde denn Zipoites vernichtet, und ganz Bithynien kam 
wieder unter Nikomedes' Botmässigkeit.^) Der Uebergang 
der Kelten nach Asien fällt nach der genauen, wahrscheinlich 



^) Contzen S. 213 macht daraus einen „Zipoites von Thyana" (sie!). 

^) Livius 38, 16 (Polyb). Die Primärquelle, der Polyb für die Kelten 
folgt, ist sehr wahrscheinlich Demetrios von Byzanz, der 13 Bücher über die 
yFcdüTwv dcdßacrcg i^ Eopcoizr^g eh ^Aatav'''' geschrieben hat (Laert. 
Diog. 5, 83). Daher spielt denn auch das Verhältnis der Galater zu Byzanz. 
in seiner Darstellung eine besondere Rolle, z. B. im 4. Buche. — Ausserdem 
vgl. Memnon c. 17 und 19. 



— 11 — 

auf Tiniaios ^) zurückgehenden Angabe des Pausanias^) in da» 
attische Jahr 278/7. Der nächstliegende Zweck war eiTeicht;; 
es war aber wohl nicht der einzige. Sicherlich hätte Niko- 
medes einzig wegen der Empörung im Thynerlande den be- 
denklichen Schritt nicht unternommen, die ganze grosse Kelten- 
schar auf seinen Giund und Boden überzusetzen. Dass er in 
den Vertrag auch die genannten Städte aufnahm, das zeigt 
uns, gegen wen im letzten Grunde der Streich sich richtete r 
gegen Antiochos von Syrien,^) den Nikomedes schon im Jahre 
279 im Bunde mit jenen Städten und mit Antigonos Gonatas 
erfolgreich bekämpft hatte. ^) Und doch werden die Klein- 
asiaten ihren Pakt mit den Barbaren bald bereut haben^ 
lange bevor Antiochos selber mit ihnen in Kampf geriet! 

Auf 20,000 Menschen, wovon 10,000 bewaffnete Männer,, 
wurde die Anzahl der Kelten geschätzt, die unter Leonnorios 
und Lutarios den Boden Kleinasiens betreten hatten.^) Es 
scheint, dass sie gleich nach ihrer Entlassung aus dem bithy- 
nischen Dienste das frühere Räuberleben im ausserbithynischen 
Kleinasien auf eigene Faust fortsetzten. Es wird uns über- 
liefert, dass sie schon damals in drei Stämme zerfielen, von 
denen sich jeder nach XJebereinkunft ein besonderes Gebiet 
Kleinasiens zur Plünderung auserkor. So sollen die Tolisto- 

^) Ich halte mit AVachsmuth a.a. 0. Seite 7 fest an der These von W.. 
A. Schmidt, „De fontibus veterum auctorum in enarrandis expeditionibus 
a Gallis in Macedoniam atque Graeciara susceptis** (Berlin 18B4, wiederholt 
in seinen Abhandlungen zur alten Geschichte, Berlin 1888), wonach die drei 
Berichte über den Keltensturm bei Diodor, Pompeius Trogua und Pausanias 
sämtlich auf den Urbericht des damals in Athen weilenden Tiraaios zu- 
rückgehen. 

2) Paus. 10, 23, 14. 

3) Diese Tendenz ist bezeugt bei Memnon c. 19, 1 (FHG III 536): 

AüTTj Toivuv Tcüv FaXaTwn -q kru rr^v ^Aaiav dcdßaacg xaz a/?jfas [isv 
izc xaxa tclv ohr^TüpcDv 7rpos?.äscv ivofiia&rj, t6 de riXog idei^sv 
dnoxpcdev Trpos ro (TUfufipov, Tciv ycp ßaaiAscov rrv rdiv 7:6kuov 
drjpoxpaziav dipeie^v aTzouda^ovzcov, aörot fiä/2oi> raoT'^v ißs" 
3(tiofjv, ävTcxadcardne'voc rorg izercdeuivocg. Vgl. auch Seite 14. 

^) Memnon c. 18; vgl. oben S. 5 Anm. 5. 

^ Liv. 38, 16, -2. 9 (Polyb). 



— 12 — 

«,gier^) ihre Unternehmungen nach Aiolis und lonien, die 
Tektosagen in das Innere Kleinasiens, die Trokmer nach der 
Küste des Hellespont gerichtet haben.^) Die Namen dieser 
Stämme begegnen auf authentischen Denkmälern allerdings 
erst etwa seit der Mitte des dritten Jahrhunderts, doch kann 
das ein Zufall sein. Begreiflicher Weise suchten die Galater 
feste Sitze zu gewinnen, in denen sie ihren Raub jeweilen 
bergen konnten, in denen sie vermutlich ihre Weiber und 
Kinder zurückliessen und den Winter zubrachten. Zuerst be- 
absichtigten sie, wie es scheint, die Stadt Ilion zu einem 
derartigen Ausgangspunkt ihrer Züge zu erheben; aber da 
dieser Platz damals fester Mauern entbehrte, mussten sie den 
Plan wieder aufgeben.^) Mit der Zeit wurde immer mehr 
die Gegend am Halys der Mittelpunkt, von dem die Raubzüge 
ausgingen und nach dem sie zurückkehrten; es erwuchs aus 
diesen Ansiedelungen, je mehr die Kelten zur Sesshaftigkeil 
übergingen, das später so genannte Galatien. Ueber die Raub- 
züge selbst sind uns eine Reihe von Ueberlieferungen zufällig 
erhalten, ohne dass es jedoch gelänge, irgend einen Zusam- 
menhang in diese zeitlosen und teilweise sagenumhüllten No- 
tizen zu bringen. So sollen sich drei Milesierinnen bei 
der Plünderung ihrer Stadt den Tod gegeben haben, um der 
Schande zu entgehen.^) Eine ephesis che Kopie der Tarpeia 
«oll den Galliern ihre Vaterstadt verraten haben und von der 
Last der von ihr ausbedungenen goldenen Armbänder erdrückt 
worden sein.^) Die Bewohner von Themisonion an der 
phrygisch-karischen Grenze konnten sich nur durch die Flucht 
in eine Höhle retten;^) die von Kelainai erzählten später 

^) Ueber die Namensform siehe unten Abschnitt IV. 

') Liv. 38, 16, 11 f. (Polyb). 

3) Hegesianax bei Strab. 13, p. 594 (vgl. Müller, FHGI1I68). 

^) Anthol. Palat. 7, 492. Vgl. Hieronyraus adversus Jovian. 1, der von 
sieben Milesierinnen spricht, wobei ihm wohl die sieben standhaften jüdischeD 
Brüder aus dem 2. Makkabäerbuch vorschweben. 

^) Ps. Plut. Parallela minora 15 (vol. II 365 Bernardakis), angeblich 
aus „Kleitophon in TrpcoTW Fakazcxcov'''; Stob. flor. 10, 70 Wachsmuth- 
fiense (vol. UI p. 426). 

6) Paus. 10, 32, 4. 



— 13 — 

von der wunderbaren Hilfe, die ihnen ihr Flussgott Marsyas 
gegenüber demselben Feinde geleistet habe.^) Ganz besonders 
soll es die Küste Kleinasiens gewesen sein, die von den 
Galatern heimgesucht wurde; 2) wir werden einen Fall kennen 
lernen, der diese Angabe bestätigt. Die Wirkung, die diese 
Züge auf die Kleinasiaten ausübten, muss niederdrückend ge- 
wesen sein. Niemand wagte es einstweilen, dem ungewohnten 
Feinde mit den Waffen entgegenzutreten. Alle Städte mussten 
mit schweren Opfern den Abzug der Barbaren erkaufen, wenn 
sie nicht ihr Gebiet von ihnen vollständig verheert sehen 
wollten. Kein Volk gab es in ganz Kleinasien bis zum Tau- 
ros, so wird uns erzählt, das ihrem „Imperium" nicht gehorcht 
hätte. ^) Eine teilweise Erleichterung trat für die Kleinasiaten 
ein, als wenigstens einem Teile der Galater sich ein neues 
Dienstverhältnis anbot. 

Mittlerweile war nämlich der sogen, erste syrische 
Krieg ausgebrochen, von dem sicher wenigstens eine Phase 
in das Jahr 274 v. Chr. fällt. ^) Antiochos I. erhob Anspruch 
auf das südliche Syrien und Phoenikien, Gebiete, die schon 
sein Vater beherrscht hatte; darüber geriet er in Krieg mit 
Ptolemaios Philadelphos von Aegypten. Es gelang ihm zuerst, 
Damaskos zu erobern, aber bald musste er wieder bis an den 
Euphrat zuiückweichen. Ptolemaios entfaltete nun die Haupt- 
stärke seiner Herrschaft, seine ungeheure Flotte. Nach Klein- 
asien, nach dem Pontos, ja an die persische Küste schickte 
er seine Geschwader und suchte die Hinterländer wo nicht 
dem Syi'erkönig zu entreissen, so doch auszuplündern. Die 



1) Paus. 10, 30, 9. 

^) Paus. 1, 4, 5. 

^) Vgl. im allgemeinen den aus Polyb herübergenommenen Exkurs bei 
Liv. 38, 16. 

*) Dies hat C. F. Lehmann an Hand einer babylonischen Tempelurkunde 
des Jahres 274 v. Chr. nachgewiesen (Berliner philol. Wochenschr. 1892, 
Sp. 1465 und Zeitschr. f. Assyriologie 7, 354 f.), nachdem schon Kopp (Rh. M. 
39, 209 ff.) die Notwendigkeit des Ansatzes in die Mitte der 270er Jahre 
wahrscheinlich gemacht hatte, lieber den Verlauf des Krieges vgl. ausser 
Kopp namentlich Gabler, „Erythrae" (Berlin 1892), S. 22 ff. und Köhler, 
Berliner S. B. 1895, 965 ff. 



— 14 — 

Expedition nach dem Pontos erlitt aber eine bedeutende 
-Schlappe. König Mithradates III. (I.) von Nordkappadokien 
(KaTZTzado/ia rj Tzpog. zw JIovzw, gewöhnlich untechnisch „König- 
reich Pontos" genannt) und sein Sohn Ar i o bar z an es, da- 
mals noch Dynast der paphlagonischen Stadt Amastris, nah- 
men Galater zu Bundesgenossen {(7nnmtyoe) an; die letzteren 
brachten den ägyptischen Truppen eine schwere Niederlage 
bei und verfolgten sie bis an das Meer.^) Diese Expedition 
war ein schlimmer MissgriflP des Ptolemaios gewiesen, denn 
an der Küste des Pontos bestand Antiochos' Herrschaft ja 
höchstens dem Namen nach ; dass aber die einheimischen Be- 
herrscher dieser Gegenden sich mannhaft und mit allen Mit- 
teln gegen eine derartige Vexation wehrten, selbst Avenn da- 
durch mittelbar dem wohl auch ihnen verhassten sj'rischen 
Grosskönig in die Hände gearbeitet wurde, war vorauszusehen 
gewesen. Auch hier wieder sehen wir lokale, autonomistische 
Mächte sich mit den Galatern gegen eine Grossmacht zusam- 
men thun. 

In die Zeit des ersten syrischen Krieges, w^o die klein- 
asiatischen Küsten von einer ägj^ptischen Flotte beherrscht 
wurden, ftihren uns zwei inschriftlich noch erhaltene Urkunden. 
In einem Volksbeschluss der ionischen Stadt Erythrai (Ditt. 



^) Apollonios im 17. Buch der Kapr/dj bei Steph. Byz. s. v. ^Ayx'jpa 
fg. 13 FHG IV 312 (mit der Verbesserung des GronovMus: MidpfddTTjxai 
Apcoßap^dvTf). Dass diese Notiz nur in den ersten syrischen Krieg gehören 
kann, folgt aus dem Attribut vsrj/udag, das den Galatern gegeben wird. 
Ueberhaupt betrifft die ganze Notiz einen Moment, und schon darum darf 
man daraus nicht mit Droysen ein langjähriges Dienstverhältnis unter zwei 
aufeinander folgenden Königen herauslesen. Ariobarzanes gelangte in den 
Besitz von Amastris wohl schon vor dem Tode seines Vaters (266): schon 
der Wortlaut bei Memnon c. 16. (^Apsoß, zw Medpcodzoo rracdi) führt 
eigentlich darauf. Die Galater standen also gleichzeitig im Dienste des 
Vaters und des Sohnes, ohne dass man jedoch nötig hätte, mit Ed. Meyer 
(Gesch. d. Kgr. Pontos S. 45 f.) an eine Mitregentschaft des Ariobarzanes mit 
seinem Vater zu denken. — Sagenhaft ist in der Notiz die angebliche Grün- 
dung von Ankyra nach jener Schlacht (s. unten Abschnitt IV.) Unrichtig 
ist es auch, wenn Pedroli, „II regno di Pergamo" (Turin 1896), S. 5, von 
einer „vittoria di Ancira" spricht. Die Schlacht muss im pontischen Reiche 
und zwar nicht allzufern vom Meere stattgefunden haben. 



— 15 — 

:syll. 159) werden die Strategen gelobt, weil sie die Verteidi- 
gung und Bewaffnung der Stadt gut geleitet und in den 
schweren Zeitläufen Stadt und Land hatten unversehrt er- 
halten können ; im Einzelnen werden folgende von ihnen treu 
erfüllte Pflichten gerühmt : die Aufbringung und Uebersendung 
des nötigen Geldes (ypr^/naza) an die Barbaren des Leon- 
norios {[roh 7:epi Tov Azov]v6piov ßapßdpoig, wie Dittenberger 
höchst einleuchtend ergänzt), ferner die Zahlungen an die 
nnter Hermokrates stehenden Truppen in dem von Athenaios 
festgesetzten Betrage, und was noch dazu den Ihohuxüxot 
.geschuldet war;^) dabei war noch der Zweck der letzteren 
-Zahlung mit einem eh angegeben, aber der Text hat an dieser 
Stelle eine Lücke. Wie diese Lücke zu eigänzen und jene 
Zahlungen überhaupt zu verstehen seien, das hat Gabler 2) 
mit grosser Wahrscheinlichkeit aus einem Schriftstücke etwas 
späteren Ursprungs erschlossen. Erhalten ist uns wiederum 
inschriftlich ein Erlass von Antiochos I. an Kat und Volk von 
Erythrai (Ditt. syll. 166).^) Darin quittiert der König zu- 
nächst verschiedene von den Erythraiern für ihn beschlossene 
Ehrungen, und verspricht dann, ihre Autonomie zu wahren 
und keine Tiibute erheben zu wollen, namentlich nicht den 
Tribut eh zd Fakazcxa,^) Diese „Keltensteuer," d. h. eine 
Kontribution zum Kriege gegen die Kelten, kann, wie Gabler ^) 
nachweist, nicht von Antiochos I. selbst früher erhoben w^or- 
den sein. Denn, wollte man dies annehmen, so niüsste man 
voraussetzen, dass die Stadt Erythrai zu irgendwelcher Zeit 



^) Z. 17 f. : [tcüv z6l<; Ilzoh^fiauoii, TZpoaOsfecXofLSvwv £[/s . . . 

2) „Ervthrae" S. 27 ff. 

^) Von Dittenberger fälschlich dem Antiochos 11. Theos zugeschrieben. 
Sein Argument, nur ein späterer Seleukide als Antiochos I. könne von 
Oi TjUSzepoi Tzpoyovoc sprechen (Z. 23) ist widerlegt durch die Inschrift 
Bull. corr. hell. 9, 387 ff., wo Antigonos und Demetrios Poliorketes als 
Trpoyoio: des Antiochos 1. gerechnet werden. Vgl. Lenschau, „De rebus 
Prienensium" (Leipziger Studien zur klassischen Philologie Xll 1890), S. 193. 

*) Z. 26 ff. : rjjf rc aozovoixiav oplv (T[jvdcazrjprj(Top.zv y.al difopo- 
[ÄO'jrJTjZOvg elvae (Tvy/^iop'wtxev zcov re dX/xov drMvzcov xai [z(Zv 
e:i] zd Fakazud (Twayopsvcov, 

5) „Erythrae" S. 26. 



— 16 — 

vor dem Erlasse von Antiochos abgefallen sei. In diesem 
Falle brauchte er aber jetzt nicht so mild und mit Konzes- 
sionen vorzugehen, sondern die Stadt einfach wieder zu unter- 
werfen. Andererseits wäre von einer abgefallenen Stadt alles 
eher zu erwarten, als dass sie ihrem ehemaligen Herrn eine 
Menge Ehren dekretiert und Gesandte mit Kränzen schickt^ 
wie es hier der Fall ist. Endlich würde Antiochos eine von 
ihm selbst früher erhobene „Keltensteuer" schwerlich vor 
seinem grossen Siege über die Galater nachgelassen haben 
(von dem weiter die Kede sein wird); jener Sieg aber kann 
zur Zeit unserer Inschrift noch nicht stattgefunden haben, 
sonst wäre er im Eingange derselben zweifellos erwähnt.^) 
Es muss also angenommen werden, dass die Stadt Erythrai 
von einem andern Gewalthaber abgefallen ist und nun gegen- 
über Antiochos die Bedingungen gestellt hat, unter denen sie 
allenfalls der syrischen Partei beizutreten geneigt sei. An- 
tiochos nimmt in dem uns erhaltenen Erlass die Bedingungen 
an, sichert den Erythraiern volle Autonomie zu und verspricht 
jene Steuern nicht zu erheben, die der frühere Oberherr von 
Erythrai verlangt hat. Wer war nun aber jener bisherige 
Oberherr, der die „Keltensteuer" bezogen hatte? . Es bleibt 
niemand übrig als Ptolemaios Philadelphos, der in der Mitte 
der 270 er Jahre bekanntlich die ionische Küste mit seiner 
Flotte beherrschte. Auf diese Erwägmig gestützt, hat Gabler 
in jener ersten Inschrift als Zweck der r.poaoifukotjLeva roFs 
FIzohfjLcuxocg mit grosser Wahrscheinlichkeit eben die Kelten- 
steuer eingesetzt und danach „s[:g tcI r«/ar^;t«]" gelesen. Die 
im früheren erythräischen Volksbeschlusse vorausgesetzten 
und berührten Zustände sind nach Gabler also folgende: Die 
Stadt muss Zahlungen leisten einerseits an die auf eigene 
Faust herumplündernden Galater — also einer der von Livius^) 
angedeuteten vielen Fälle — andererseits an die von Hermo- 
krates befehligte ägyptische Garnison in dem Betrage, den 
der Oberbefehlshaber der ganzen vor der Westküste Klein- 



') Vgl. Droysen III 1, 258 Anm. 
2) Liv. 38, 16, 11 f. (aus Polyb). 



— 17 — 

asiens aufgestellten ptolemäischen Flotte, Athenaios,^) fest- 
gesetzt hat ; ausserdem aber eine ständige und teilweise noch 
geschuldete Abgabe an dieselben „IhoÄe/iacxoe'^ zum Zwecke 
des Keltenkrieges. Mit welchen Gefühlen die Erythraier diese 
Summen bezahlten, kann man sich denken: Ptolemaios ver- 
langte Gelder zum Keltenkiieg, und schützte die Stadt doch 
gleichzeitig gegen diese Feinde so ungenügend, dass sie ausser- 
dem noch den Barbaren selber eine Abfindungssumme liefern 
musste! Wahrscheinlich verwendete Ptolemaios die Kelten- 
steuer überhaupt nicht zur Bekämpfung der unter Leonnorios 
im westlichen Kleinasien schweifenden Scharen, sondern ver- 
sorgte damit seine Truppen auf dem nördlichen (pontischen) 
Kriegsschauplatze: dort hatte er ja gerade damals höchst ge- 
fährliche Kämpfe gegen die mit Mithradates und Ariobarzanes 
verbündeten Galater zu bestehen ! Es ergiebt sich aus diesen 
Verhältnissen zugleich mit Wahrscheinlichkeit eine Folgeinmg 
für die Galater selber: es scheint danach schon im ersten 
Jahrzehnt ihres Aufenthaltes in Kleinasien die vollständige 
Trennung der verschiedenen Stämme und ihre Verteilung auf 
verschiedene Gebiete Kleinasiens eingetreten zu sein, von der 
uns berichtet wii'd. Wenn die von Livius ^) angegebene Ver- 
teilung richtig ist und die Namen der Stämme schon für diese 
fi'ühe Zeit zutreffen, so dürfen wir in den Scharen des Leon- 
norios Tolistoagier, in den Bundesgenossen des Mithi^adates 
und Ariobarzanes etwa Tektosagen sehen. — Dass die Ery- 
thraier — und sie werden wohl (uns unbekannte) Schicksals- 
genossen gehabt haben — sich von einer derart drückenden 
Herrschaft des Ptolemaios so bald als möglich wieder los- 
machten, ist begreiflich. Sie hatten dazu die Gelegenheit, 
seitdem (ca. 270 v. Chr.) der Krieg zwischen Ptolemaios und 
Ajitiochos beigelegt war und der Syrerkönig in Kleinasien 
wieder fi-eie Hand hatte. Seine Bemühungen und die Zuge- 
ständnisse, die er machte, um Erythrai zum Anschluss an 



^) Nach Gablers Vermutung identisch mit dem Ditt. syll. 158, Z. 53/4 
genannten Athenaios. 

2) Vgl. oben S. 12, Anm. 2. 

Stachelin, Galater. 2 



— 18 — 

seine Partei zu bringen, sind eben enthalten in dem bespro- 
chenen Erlass, den er an diese Stadt richtete. 

Antiochos ging aber auch noch auf andere Weise daran, 
sich Kleinasien wieder gründlich zu eigen zu machen. Wollte 
er wieder geordnete Zustände schaffen und die Kleinasiaten 
dauernd an sich fesseln, so musste er vor allem die Galater 
zu bändigen suchen, die ja wahrscheinlich dii^ekt, um seine 
Herrschaft zu untergraben, waren nach Kleinasien übergesetzt 
worden. Wir kennen nun aus dem sich entspinnenden Kriege 
nur die nackte Thatsache, dass Antiochos mit Hilfe seiner 
Elefanten einen glänzenden Sieg über die galatische Reiterei 
davongetragen hat; dagegen sind uns Zeit, Ort und nähere 
Umstände der Schlacht ganz unbekannt.^) Wahrscheinlich 
hat sich Antiochos zum Andenken an diesen Sieg den Bei- 
namen „Retter" (IcoTrjp) zugelegt.^) Auf einem Irrtum da- 



^) App. Syr. 65 (mit dem »ehr übertriebenen i^s/dfrag) ; Lucian de 
lapsu in salutando c. 9; Suidas s.v. Zcjuovidyj^ (MaYVTjg). Endlich die 
ausführliche Schilderung bei Lucian Zeuxis c. 8 — 11. Abgesehen von den 
offenbar stark übertriebenen Zahlen muss gegen diese Schilderung höchst 
misstrauisch machen die Angabe, die Galater hätten als Hopliten in j^cU- 
xodcüpaxsg gekämpft. Pflegten doch noch zu einer Zeit, wo sie sich 
längst die makedonische Phalangitentaktik hätten angeeignet haben können, 
sowohl die Tolistoagier (Liv. 38, 21, 4. 9) als die Tektosagen (id. 38, 26, 7) 
in der Schlacht die Kleider abzuwerfen, nackt zu kämpfen und sich nur 
ganz ungenügend mit ihren schmalen und langen Schilden zu schützen! Auch 
die von Lucian eingeführten ap/tcCTCt opZTzavyjifopa passen zwar einiger- 
massen nach Britannien (Caesar bell. Gall. 4, 33) oder zu den Beigen (Vergil 
Georg. 3, 204), werden aber für die auf griechischem oder klein asiatischem 
Boden befindlichen Kelten direkt ausgeschlossen durch die genauen Schilde- 
rungen ihrer Taktik bei Paus. 10, 19, 9 — 11 und beim Augenzeugen des 
Galaterfeldzugs des Manlius Vulso (Polyb 21, zugrunde liegend auch bei 
Liv. 38). — Die Elefanten des Antiochos dagegen beruhen auf guter Ueber- 
lieferung: vgl. Droysen III 1, 259. Eine in Myrina (Aiolis) gefundene 
Statuette (indischer Elefant einen Galater niedertretend) bezieht sich höchst 
wahrscheinlich auf diese Schlacht (Pottier und Keinach, „Fouilles dans la 
necropole de Myrina", BCH9, 48off.) Dass auch Philetairos von Pergamon 
an diesem Siege Anteil gehabt habe, vermutet Pedroli, „II regno di Per- 
gamo" S. 6, doch ohne irgendwelchen Anhaltspunkt. 

2) Das sagt App. Syr. 65. Dagegen Droysen III 1, 259, Anm. 3. Für 
die Kichtigkeit der Angabe Appians spricht es, dass Attalos L von Pergamon 



— 19 — 

gegen beruht die Annahme, Antiochos habe zur Feier des- 
selben Sieges ein Fest namens IcoTijpea in Daphne bei An- 
tiocheia gestiftet.^) Wenn wir die ohne Datum überlieferte 
Schlacht in diese Zeit setzen (ca. 270 — 265), so geschieht das 
aus folgenden Gründen. Einmal hören wir nichts mehr von 
einer Verbindung der Galater mit Nikomedes von Bithynien 
gegen Antiochos, im Gegenteil scheint gleichzeitig auch Ni- 
komedes mit ihnen im Kriege gelegen zu haben, — eine An- 
gabe,^) über die uns jede Kontrolle fehlt. Sodann muss der 
Galatei^sieg später als der Ki'ieg mit Ptolemaios fallen: das 
geht sicher aus dem Schweigen der Inschriften Ditt. syll. 156. 
166 hervor, wo dieser Sieg sonst hätte erwähnt werden 
müssen.^) Endlich darf man vielleicht aus der von Droysen*) 
hervorgehobenen geringen Zahl und dem bejahrten Portrait- 
kopf der Münzen mit der Inschrift Icorr^pog 'Ahtso^ov schliessen, 
dass die Schlacht erst in den letzten Lebensjahren des Königs 
stattgefunden hat. 



und sein Sohn Eumenes IL beide wahrscheinlich gerade nach Erfolgen über 
die Galaier denselben Beinamen angenommen haben (siehe unten S. 26 und 
Abschnitt VI). Sie dürften damit das Beispiel des Antiochos I. nachgeahmt 
haben. Wenn die Bewohner von llion schon vor diesem Siege den Antiochos I. 
«inmal ,^ei)epysT7jv xas (Twzr^pa yeyovoTa zob dijtiou''^ nennen (Ditt. 
syll. 156, 37/8), so beweist das natürlich gar nichts gegen die solemne An- 
nahme des Titels nach dem Keltensiege. 

■^) Aufgestellt hat diese Vermutung Boeckh (zu CIG 1693). Sie ist bei 
ihm vollauf zu entschuldigen. Seitdem aber die delphischen Soterien be- 
kannt geworden sind, hätten Wachsmuth (Histor. Ztschr. 10, S. 10), Droysen 
(III 1, 196 Anm. 1), Gabler (S. 32, Anm. 1) sie nicht mehr wiederholen sollen. 
Die Inschrift C I G 1693, von der Boeckh ausgegangen war, ist ein Ehrendekret 
der Stadt Delphi für einen Dikaiarchos im syrischen Laodikeia, der als 
i^ecopodoxog die delphischen dswpoc bewirtete, welche die Einladungen zu 
-den delphischen Soterien und Pythien auszurichten hatten. Die d^copodoxia 
war ein von der Stadt Delphi an Auswärtige verliehenes Ehrenamt, ähnlich 
^er Proxenie. (Vgl. Haussoullier, BCH5, 313; Couve, BCH18, 253). 

^) Trog. prol. 25: „ut Galli transierunt in Asiam bellumque cum rege 
Antiocho et Bithynis gesserunt.'* Vollends aus dem folgenden Satze „quas 
regiones Felini occaparunt" weiss ich gar nichts zu machen. Einen Verbesse- 
irungsversuch v. Gutschmid's hat Droysen III 1, 196 Anm. 2 zurückgewiesen. 

3) Vgl. Droysen IH 1, 258 Anm. 

*) Droysen III 1, 259 Anm. 3; vgl. Head, historia numorum (1887), 639. 



— 20 — 

Wir dürfen nun annehmen, dass die Galater auf diese 
Niederlage hin sich einige Zeit lang ruhig verhalten haben, 
vielleicht bereits im nachmaligen Galatien. Aber andererseits 
ist es sicher, dass auch bald wieder eine neue Periode des 
Schweifens und Plünderns eingetreten ist. Das syi-ische König- 
tum war nicht imstande, Kleinasien auf die Dauer wirklich 
zu beherrschen und das Aufkommen lokaler Gewalten^) und 
die Tributforderungen der Galater zu verhindern. Ja ea 
musste sich schliesslich — so berichtet wenigstens Livius ^) — 
selbst zu Tributzahlungen an dieses unbändige, sich raset 
vermehrende Volk bequemen.^) Höchstens durch die Anlage 
von Festungen*) konnte es hoffen, die Galater einigermassen 
in Schranken zu halten. Im Uebrigen fand damals, wer föi^ 
seine Herrschaft sichern Schutz suchte oder, aus der Macht 
verdrängt, wieder aufkommen wollte, keine wirksamere Hilfe^ 
als wenn er sich mit den Galatern verbündete oder bei ihnen 
Söldner warb; ist doch kein Ki'ieg jener Zeit ohne gallische 
Söldner geführt worden!^) Bis auf den Feldzug des Manlius^ 



^) Ist doch der „Retter" Antiochos 1. noch kurz vor seinem Tode, ungefähr 
i. J. 262 V. Chr., von dem jungen pergamenischen Dynasten Eumenes I. ber 
Sardes aufs Haupt geschlagen worden! (s. unten S. 23) Man kann sich denken^ 
wie sehr die Galater sich das werden zu Nutze gemacht haben. Bei Meier 
„Pergamenisches Reich", S. 355, und bei Mommsen Rom. Gesch. I® 690 findet 
sich sogar die Angabe, Antiochos 1. habe 261 im Kampfe gegen die Galater 
sein Leben verloren. Die Ueberlieferung (Phylarchos fg. 31 bei Plin. n. h. 8^ 
c. 42, sect. 64, §158; Aelian nat. an. 6, 44; dagegen verkehrt Solin 45, 13) 
sagt aber nur, dass Antiochos in einer Schlacht durch einen Galater Kentoa- 
rates (Centaretus, Cintaretus) umgekommen sei. Da aber zu jener Zeit fast 
keine Schlacht ohne keltische Söldner geschlagen worden ist, so ist der Schlusa 
Meiers uod Mommsens von vornherein unberechtigt (vgl. Wilcken bei Pauly- 
Wissowa 1 2454). Zudem aber bezieht sich die Anekdote gar nicht sicher 
auf Antiochos I., sondern vielleicht eher auf Antiochos Hierax, der nach Trog- 
prol. 27 von Galliern erschlagen worden sein soll (und jedenfalls in Thrakien 
umgekommen ist : vgl. unten S. 37 Anm. 2, und Droysen III 2, 19 Anm. 1)^ 

2) Liv. 38, 16, 13 (aus Polyb). 

^) Vielleicht ist allerdings damit Antiochos Hierax gemeint, der sich 
im Bruderkriege galatischer Hilfe bedient hat (s. unten S. 31 ff.). 

*) Vgl. Droysen III 2, 254 ff., und besonders Schuchhardt, M AI la 
(1888), 1 ff. 

^) Justin 25, 2, 9 f. 



— 21 — 

Vulso (189 V. Chr.) haben die Galater nicht aufgehört, eine 
wahre Gottesgeissel für Kleinasien zu bilden.^) Es ist sehr 
-wohl möglich, dass ein Teil der zufällig überlieferten und auf 
S. 12 f. zusammengestellten Fälle von Plünderungen erst in diese 
«pätere Zeit gehört. 

Der Zufall will es, dass wir aus der nächstfolgenden 
Zeit über die Galater nur einige üeberlieferungen besitzen, 
«die mit der reichen Handelsstadt Heraklei a am Pontos zu- 
sammenhängen. Sie gehen auf einen Zeitgenossen und aktiven 
Staatsmann zurück, den Herakleoten Nymphis, liegen aber 
jetzt nur noch vor als ein dürftiger Auszug aus der Verai*- 
beitung des Memnon in seiner Chronik von Herakleia.^) 
Trotzdem geben sie uns wichtige und gewiss typische Ein- 
l}licke in die Art, wie die keltischen Barbaren zu jener Zeit 
in Kleinasien gehaust haben. — Der älteste Sohn des Königs 
Nikomedes I. von Bithynien, Ziaelas,^) war — ähnlich wie 
•einst jener Agathokles von Thrakien — durch seine Stiefmutter 
Etazeta verdrängt und auf ihr Betreiben von der Thronfolge 
ausgeschlossen worden. Als Vonnünder der noch unmündigen 
Kinder aus zweiter Ehe, das heisst als Garanten ihrer Erb- 
folge, hatte Nikomedes u. a. die Volksgemeinden von Byzanz 
und Herakleia bestimmt. Ziaelas aber, der bisher als Flücht- 
ling am armenischen Hofe gelebt hatte, rückte nach dem 
Tode seines Vaters (zwischen 264 und 246) ^) mit einem Heere, 

^) Polyb 3, 3, 5 ; 21, 43, 2. Ich citiere Polyb immer nach Hultsch. 

2) Photios cod. 224 = FHG III 525ff. 

^) Ueber die Namensform vgl. Droysen III 1, 312 Anm. 

'*) Den Terminus post quem liefert die nach Euseb i. J. 264 erfolgte 
•Gründung von Nikomedeia durch Nikomedes I., den Terminus ante quem 
'der Tod Antiochos II. von Syrien (246), der nach der Folge bei Memnon 
•c. 22 f. nach dem bithynischen Erbfolgekrieg noch gelebt hat. Das einzige, 
was wir über Ziaelas Zeit wissen, ist, dass er bis ca. 228 regiert hat (Clinton, 
^Fasti Hellenici« in413=4232). Droysen (JIl 1, 314 f.) hat zwar geglaubt, 
mit dem bei Memnon unmittelbar nachher (c. 23) erzählten Kriege des An- 
tiochos IL gegen Byzanz seien einige Fragmente aus dem 6. Buche des 
Phylarchos zu kombinieren, und da dieses 6. Buch „bis gegen 258" gereicht 
'habe (beiläufig eine äusserst unsichere Vermutung), sei der byzantinisch- 
lyrische Krieg „vor 258, vielleicht schon vor 259" und also der bithynische 
Erbfolgekrieg „zwischen 263 und 260" anzusetzen. Es ist nun aber durch- 



— 22 — 

das namentlich aus tolistoagischen Galatern bestani! 
(das erste Auftreten dieses Namens an einem zeitlich einiger- 
massen bestimmten Punkte!), gegen Bithynien vor, um sieb 
sein Erbe mit Gewalt anzueignen. Nach einem wechselvoUeu 
Kriege kam es schliesslich zum Frieden, in dem Ziaelas als 
König Bithyniens anerkannt worden ist. Die Galater aber, 
ärgerlich über das Zustandekommen des Friedens, richteten 
einen Einfall in das Gebiet der Stadt Herakleia, deren Bür- 
ger zuerst für die Kinder der Etazeta gegen Ziaelas einge- 
treten waren, dann aber zum Abschlüsse des Friedens das 
Meiste beigetragen hatten. Sie drangen bis zum Flusse Kales 
vor und kehrten erst, nachdem sie reiche Beute gemacht 
hatten, wieder heim.^) 

Etwas später fällt ein zweiter Angriff der Galater auf 
Herakleia. Der König Ariobarzanes von Pontos geriet 
gegen Ende seiner Regierung in Streitigkeiten mit den Gala- 
tern. Früher haben wir sie als seine Bundesgenossen gegen 
das ägyptische Geschwader im schwarzen Meere angetroffen 
(S. 14). Konnte er sich jetzt mit ihnen über die Verteilung 
der Beute nicht einigen ? War er ihnen etwa noch Sold 
schuldig geblieben ? Irgend eine derartige Ursache müssen wir 
wohl annehmen. Nach dem Tode des Ariobarzanes (um. 250)-) 
hielten sich die Galater an dessen jungem Sohne Mithra- 
dates IV. (II.) schadlos, indem sie das pontische Reich über- 



aus nicht einzusehen, was uns dazu nötigen sollte,^ in jenen Fragmenten des^ 
Phylarchos, wo doch nur ganz allgemein vom unkriegerischen Charakter der 
Byzantier die Rede ist {nohfiiag, (jdkTZtfyo^ oüdk iv oirvocc, uTiOjtiii- 
ovzag ä'/too(Tac: fg. 10, bei Ath. 10, p. 442 c), einen Bezug gerade auf de» 
Krieg mit Antiochos zu sehen. Wenn denn durchaus an ein bestimmtem 
Ereignis gedacht werden muss, so liegt doch viel näher der Bezug auf einea 
der vielen Angriife der tylitanischen Galater unter ihrem König Komontorio& 
auf Byzanz, von denen Polyb 4, 46 erzählt. Und dies um so mehr, ala 
Phylarchos — wie Droysen III 1, 318 Anm. 1 selbst richtig erkannt hat — 
gerade in seinem 6. Buche von diesen unter einem Könige stehenden Galatern 
wirklich gesprochen hat (fg. 11, bei Ath. 4,, p. 150 d). Also mit jener näherea 
Zeitbestimmung Droysens ist es nichts. 

^) Memnon c. 22. 

^) Th. Reinach, „Trois royaumes, de l'Asie mineure" (Paris 1888), S. 164. 



— 23 — 

fielen und ausplünderten. Um die Pontiker in ihrer grossen 
Bedrängnis zu unterstützen, schickten die Bürger von Hera- 
kleia zur See Getreidevorräte nach der pontischen Hauptstadt 
Amisos. Offenbar waren die Galater so wenig wie früher im- 
stande, eine feste Stadt zu erobern. Höchstens dm*ch Blockade 
und Verwüstung der Umgebung konnten sie eine Kapitulation 
zu erzwingen hoffen. Um so grösser war darum ihre Wut, 
als die herakleotische Getreidesendung ihnen diesen Plan zu 
nichte machte. Sie fielen sofort aufs neue in die Herakleotis 
ein und verwüsteten diese Gegend so lange, bis die Hera^ 
kleoten sich zu einer schweren Geldzahlung verstanden. Eine 
Gesandtschaft, an der Spitze der bejahrte Aristokrat Nymphis, 
dem wii' diese Nachrichten verdanken, begab sich in das 
feindliche Lager und zahlte dem ganzen Galaterheer 5000, 
den Anführern (rjj-ejtiovzg) noch obendrein 200 Goldstatere aus 
und bewog sie dadurch, das Stadtgebiet von Herakleia zu 
verlassen.^) — Während die Galater so im Norden und Osten 
noch ungehindert Andere terrorisierten, erwuchs ihnen im 
Westen ein Gegner, der ihnen ein sehr bestimmtes Halt gebot : 
das pergamenische Eeich. 



IIL Der Zusammenstoss mit dem pergamenischen Reiche 

und seine Folgen. 

In Pergamon war auf jenen schlauen Eunuchen Phile- 
tairos, der die Dynastie gegründet hatte, im Jahre 263 sein 
Neffe und Adoptivsohn Eumenes I. gefolgt. Schon in das 
zweite Jahr von dessen Eegierung fällt ein glänzender Sieg, 
den er bei Sardes über Antiochos Soter davontrug (262 v. 
Chr.) 2) Damit befreite er sich und sein Gebiet für alle Zeiten 
von der seleukidischen Oberherrschaft. Vermutlich hatte er 
sich schon vor dem Zusammenstoss mit Antiochos in aller Form 



^) Memnon c. 24. 
2) Strab. 13, p. 624. 



— 24 — 

füi* unabhängig erklärt und seinem Reiche dadurch den An- 
griff ^) des Syrerkönigs zugezogen ; wenigstens ist er es ge- 
wesen, der Münzen mit dem Namen und Kopf des vergötterten 
Philetairos zu prägen begann, während er, wie es scheint, 
ganz am Anfang seiner Regierung noch mit dem Kopf des 
Seleukos Nikator geprägt und dadurch die syrische Ober- 
herrschaft formell anerkannt hatte.^) Eine fernere Folge des 
Sieges über Antiochos war es, dass Eumenes sein Gebiet 
bedeutend erweitern konnte. Im Norden reichte es nunmehr 
bis zum Ida, der durch Anlage der Festung Philetaireia ge- 
sichert wui'de;^) im Süden bis zur Wasserscheide zwischen 
der Kaikos- und Hermosebene, d. h. zum Pass von Nakrasa 
und der östlich davon gelegenen neuen Grenzfestung Attaleia.*) 
Dadurch war das pergamenische Reich, das bisher nui' 
die allernächste Umgebung der Hauptstadt umfasste, schon 
enger an die Galater herangerückt, schon mehr der Gefahr 
ausgesetzt, von ihren Streifzügen betroffen zu w^erden. Es 
wird uns sogar ausdrücklich überliefert, dass die Galater vor 
ihrer Sesshaftigkeit auch in das pei*gamenische Reich ein- 
gefallen sind.^) Kein Wunder daher, dass auch der Dynast 
von Pergamon, wie so viele Andere, den Galatern Tribute 
zahlen musste, um sie von seinen Grenzen fernzuhalten.^) 

Das Blatt wandte sich, als im Jahre 241 Eumenes I. 
starb, und sein jugendstarker, 28jähriger'^) Vetter Attalos I. 
die Herrschaft in Pergamon antrat. Dieser war nämlich — 

^) Als Defensive gegen einen Unterwerfungsversuch durch Antiochos 
fasst die Sehlacht auch Pedroli, „II regno di Pergamo", S. 8. 

^) Vgl. Imhoof-Blumer, „Die Münzen der Dynastie von Pergamon", Abh. 
der Berliner Akad. 1884. Wenn Gabler, „Erythrae" S. 52 (dem auch Wilcken, 
P-W II 2159 folgt), dagegen bemerkt : „Ein bestimmter Anlass dazu (zur 
Ersetzung des Seleukoskopfes durch Philetairos auf den Münzen) fand sich erst 
unter Attalos", so übersieht er den Sieg des Eumenes bei Sardes offenbar völlig. 

^) Fränkel, „Die Inschriften von Pergamon", Nr. 13 z. 20. 55, und zu 
Nr. 245 C, 50. 

*) Schuchhardt, MAI 13, 1 ff . ; teilweise korrigiert durch Thrämer, 
„Pergamos" S. 192 f. 409. Vgl. Pedroli S. 10. 

») Strab. 12, p. 566 a. Ende. 

6) Liv. 38, 16 (Polyb). 

7) Er war geboren 269 v. Chr. (Polyb 18, 41, 8). 



— 25 — 

rso wird uns berichtet — der erste Fürst nicht nur von Per- 
gamon, sondern von ganz Asien, der es wagte, den Galatern 
ihre Tributforderungen abzuschlagen.^) Es sind, wie wir aus 
Ijivius^) und nun auch aus den pergaraenischen Inschriften 
wissen, die Tolistoagier,^) die in diesen Gegenden die 
Kontributionen eingetrieben haben. Ohne Zweifel waren die 
Tribute der reichen pergamenischen Fürsten sehr hohe ge- 
wesen, so dass den Galatern durch ihre Verweigerung ein 
:starker Verlust erwuchs, den sie mit Waffengewalt auszu- 
merzen suchen mussten. Der Widerstand des Attalos gegen 
ihre Forderungen war also ein grosses Wagnis, aber ,, gegen 
alle Erwartung wurde sein kühnes Beginnen von Erfolg be- 
gleitet: er blieb in einer Schlacht Sieger."*) Der Schauplatz 
des Kampfes war nach den offiziellen Siegesdenkmälern der- 
jenige Verwaltungsbezirk ^) des pergamenischen Eeiches, der 
den Namen „Quellgebiet des Kaikos" {al iryjal zou Kat- 
xoo) führte. Damit stimmt es überein, wenn Pausanias ^) den 
Sieg des Attalos als in Mysien erfochten bezeichnet. Es 
muss — nach den Ausdrücken, in denen bei den Historikern 
davon die Rede ist,"^) und nach den Folgen zu urteilen — 



*) Liv. a. a. 0. § 14 : „primus Asiam incolentium (Stipendium) abuuit." 
Dies allein schon widerlegt die Versuche Thrämers, ^Üie Siege der Per- 
gamener über die Galater und ihre Verherrlichung durch die pergamenische 
Kunstschule", Progr. des livländ. Landesgymnasiums zu Fellin (1877), 
S. 25 ff., und „Pergamos" S. 246 ff., die durch Plin. n. h. 34, 84 bezeugten 
Galatersiege eines Eumenes im Anschluss an die verworrene Stelle Justin 
27, 3, 1 auf pjumenes I. zu beziehen. Bei Justin steht nämlich mehrmals 
^Eumenes von Bithynien", wo Attalos von Pergamon gemeint ist. Eine 
Erklärung dieses Irrtums hat Wilcken P-W II 2160 gegeben. 

2) Liv. a. a. 0. § 12. 

3) Holm IV 377 unrichtig „Tektosagen." 
*) Liv. a. a. 0. § 14 (aus Polyb). 

*) Vgl. Thrämer, „Pergamos", S. 195, Anm. 1. 

«) Paus. 1, 25, 2. 

^) Polyb 18, 41, 7 : vcxr^rraq^ ydp fid)[7j FaXara^, o ßaphrazov 
xae jnaj^iUwTaTOV eßvog TjV tots xarci rifu "Atrutv (danach Liv. 33, 
21, 3) ; Paus. a. a. 0. : Fa/itTiov zi^v iv Mvfriff. (fdopdv; Strab. 13, 
p. 624 : Vixrjfjag raÄdrag fidj[7j /is-^uÄj^, (An dieser Stelle hat Strabo 
•deutlich den Polyb benützt.) 



1 



— 26 — 

ein ganz gewaltiger Schlag gewesen sein, den Attalos hier 
ausgeführt hat. Die vorzügliche Taktik und Bewafl&iung seiner 
wohl vorzugsweise makedonischen^) Söldner hatte sich der 
ungeschlachten Tapferkeit der Barbaren bedeutend überlegen 
erwiesen. Füi' die Galater hatte diese schwere Niederlage 
wenigstens mittelbar die Folge, dass sie für immer von der 
Küste des ägäischen Meeres weg in das Innere Kleinasiens^ 
in das spätere Galatien gedrängt wurden. 2) Sie sind von da 
an zwar notgedrungen und nur ganz allmählich, aber doch 
mehr und mehr zu einem sesshaften Volke geworden. Attalos 
aber wurde nach seinem Siege nicht nur — wie einst Antio- 
chos I. im gleichen Falle — als Iwrijp begrüsst,^) sondern 
er führte von da an auch den Königstitel, ■*) der seinem 
Reiche seither geblieben ist. Wenn eine von Polyän**^) er- 
zählte Anekdote auf Wahrheit beruht, und wenn man sie mit 

') Vgl. Fränkel Nr. 13 und 249, 14; Schuchhardt, MAI 13, 1 ff. ; Eadet, 
„de coloniis a Macedonibus in Asiam eis Taurura deductis" (Diss. Paris 1892),^ 
S. 54 ff. ; Liv. 38, 13, 3. 

*) Paus. 1, 8, 1 : ra/xirac, fäp h ri^^ yrjv, 7Jv stc xal vhv 
i'j^ovfTiv, dvcup^JYStv Tjvdyxaazv äzo daXdaar^Q,\ Paus. 1, 4, 6: 
jy FahtTOJV di^ auzifi dvcr/^wpijac^. Auch die corrupte Stelle Paus. 1, 
4, 5 muss denselben Sinn haben. 

^) Fränkel Nr. 43-45. 

^) Polyb 18, 41, 7 ^^ Liv. 33, 21, 3 ; Strab. a. a. 0. — Nissen bei Kopp 
(Rh. M. 40, 118, Aniu. 4) erinnert an das analoge Vorgehen Hierons II. nach 
seinem Mamertinersiege (Polyb 1, 9, 8). — Die Formulierung Mommsen* 
(Rom. Gesch. P 690), „ein reicher Bürger von Pergamon" Attalos habe 
von seiner Vaterstadt zum Dank für sein Auftreten gegen die Kelten den 
Königstitel empfangen, oder sei gar überhaupt erst dadurch zu erblichem 
Fürstentum gelangt (S. 742), entspricht nicht den wirklichen Verhältnissen. 
Die Dynastie des Philetairos stammte aus Paphlagonien und stand^ solange 
sie existierte, formell durchaus ausserhalb der pergamenischen 7t6ki<i, al* 
eine Sippe von fremden ^otpyszae, die allerdings in der Burg von Per- 
gamon residierten und alle thatsächliche Macht in Händen hatten. Die re- 
publikanischen Formen blieben ebenso unangetastet wie in Rom unter 
Augustus, nur dass Augustus seine eigene Stellung diesen Formen anpasste, 
während in Pergamon Demokratie und Monarchie scheinbar unvermittelt 
nebeneinander bestanden. Diese Auffassung hat näher ausgeführt und be- 
gründet Mahaffy, „the royalty of Pergamum^, Hermathena 9 (1896), S. 389 ff. 

5) Polyän 4, 20. 



— 27 — 

Eecht auf diese Schlacht bezieht,^) so hat Attalos vor deia 
Kampfe, um seinen Soldaten Mut zu machen, sich einer List 
bedient : er schrieb nämlich, als der Chaldäer Sudinos die 
Opferschau vorzunehmen im Begriffe war, auf seine innere 
Handfläche mit Gallsaft in verkehrter Schrift die Worte^ 
„ßafr'üJcog vixrj^, drückte das Geschriebene verstohlener Weise 
auf den Leberlappen des Opfertieres und brachte so ein gün- 
stiges Omen hervor. Dass er den Königstitel schon hier an- 
brachte, da er doch noch gar nicht König war, wird man 
mit Kopp 2) so deuten müssen, dass er dadurch seinem Heere 
die Erteilung des Königs titeis gerade nahelegen wollte. ^)' 
Der Titel schloss einstweilen keine Aenderung in den Ee- 
giermigs- und Besitzverhältnissen Asiens in sich ; er war ein 
blosser Schmuck, aber er bedeutete ein Programm, an dessen 
Ausführung Attalos bald heranzutreten begann.*) — In welche 
Zeit fällt Attalos' grosser Galatersieg ? ^) Zurückzuweisen 
ist, um über frühere, durch die neueren Inschriftenfunde ent- 
wertete ®) Annahmen kein Wort zu verlieren, jedenfalls die 
Begründung, die Wilcken für seinen Ansatz auf 241/0 ins 

^) Bei Frontin 1, 11, 15 wird dasselbe Stratagem einem Eumenes statt 
dem Attalos zugeschrieben. 

2) Rh. M. 40, 118. 

^) Jedenfalls beweist die Anekdote, wie Kopp a. a. 0. 118 f. betont, 
dass der Königstitel nicht in einer Schlacht gegen Antiochos Hierax ist er- 
worben worden, da ja in diesem Falle das Omen j^ßarrUeiog vcxr^^' höchst 
zweideutig gewesen wäre. 

*) Pedroli, „II regno di Pergamo", S. 16, drückt das gut aus : „Forse 
questo titolo non ebbe da principio altra portata di quella di un segnacolo 
per cui combatessero con maggior ardore i soldati di Attalo: piü tardi 
acquisto coUe vittorie su Antioco lerace la sua vera importanza." 

*) Eine Zusammenstellung der früheren Ansätze giebt Brinkgreve in 
seiner Utrechter Dissertation „De regno Pergameno deque eins dynastis 
usque ad regem Attalum P (1893), S. 63, Anm. 1. Hinzuzufügen sind etwa 
noch die Datierungen von Gabler, „Erythrae'*, S. 49 („nicht lange vor ca. 
235"); Holm IV 591 („um 240"); AVilcken P-W II 2159 f. („241/0"); Pe- 
droli a. a. 0. (wie Gabler). 

^) Dahin gehört auch z. B. die Niebuhr-Köhler'sche Hypothese, wonach 
die Schlacht „nicht über die Gallier als Nation, sondern als des Antiochos 
gedungene Hilfsvölker" erfochten worden wäre. Vgl. hierüber die Diskussion 
bei Wilcken P-AV II 2160. 



— 28 — 

I'eld führt. Er beruft sicli auf eine Stelle im Nekrolog 
Attalos bei Polyb,^) wo der Ausdruck ^ßamXefiaag (irrj n:- 
rapdxovza xa: zsTznpa'' nur die Dauer seines Regiments als 
König bezeichnen, dagegen „unmöglich als ungenauer Ausdruck 
für * Herrscher^ aufgefasst werden" könne. Denn man kann 
billigerweise fragen, was für einen anderen Ausdruck, der 
nicht ungeheuer pedantisch geklungen hätte, Polyb denn hätte 
wählen sollen zur Bezeichnung einer Heri'schaft, die doch 
während neun Zehnteln ihrer Dauer eine Königsherrschaft 
gewesen ist. Man kann die Zeit des Sieges an den Kaikos- 
quellen einstweilen nicht genauer angeben, als dass er zwi- 
schen 241 und ca. 235 fallen muss. Die obere Grenze bil- 
det Attalos' Regierungsantritt, die untere die Schlacht von 
Ankyra. Von dieser Schlacht an, die wir in ihi^em Zusammen- 
hang noch werden zu besprechen haben, sind nämlich die 
Galater Verbündete des Antiochos Hierax. Da nun aber an 
den Kaikosquellen allein die Galater dem pergamenischen 
König gegenübergestanden haben, kann jene Bundesgenossen- 
schaft zu dieser Zeit noch nicht bestanden haben ; also ist 
der Galatersieg vor die Schlacht von Ankyra zu setzen. 
Ausserdem führt Attalos auf allen erhaltenen Siegesdenk- 
mälern den Titel eines Königs; auch das spricht für einen 
möglichst frühen Ansatz des grossen Tolistoagiersieges, dessen 
Folge ja eben die Annahme des Königstitels gewesen ist. 

Attalos hat seinen Sieg in ausgiebiger Weise verewigt. 
Wohl gleich nach der Schlacht errichtete er das grosse Denk- 
mal, von dessen kreisrundem Bathron einige Fragmente der 
folgenden mit Sicherheit ergänzten Inschrift gefunden worden 
sind (Fränkel, Inschriften von Pergamon, Nr. 20): 

7:[6pc Dj^ds] Ka:x[ou zorafiooj ya]pc[(7T]7j[pcov ''Ad]r^[vä£. 

Später, als Attalos auf eine stattliche Reihe von Siegen 
zurückblickte (in den 220er Jahren) hat er seine hervor- 
ragendsten Kriegsthaten noch einmal in einem grossen Denk- 
mal zusammengefasst, an dem u. a. sein erster grosser 



') Polyb 18, 41, 8. 



— 29 — 

listoagiersieg gefeiert wurde dui-ch die Inschrift (Fr an kel 
. 24) : 

^Atto TYjg Ksp: ;r^^[as] Kahov Trozafiou 

Trpog T[o?.i(7]Toa}'io'j$ ra?.dTag j"«/5ys.^) 

Plinius ^) führt unter den Bronzewerken folgendes an : 
lures artifices fecere Attali et Eumenis adversum Gallos 
>elia, Isigonus, Pyromachus, Stratonicus, Antigonus, qui 
lumina condidit de sua arte." Nun ist allerdings jenes spätere 
►llektivmonument wahrscheinlich von einem Epigonos verfer-^ 
t,^) aber wenigstens das frühere, allein den grossen Galater- 
g verherrlichende Denkmal kann sehr wohl von einem der 
i Plinius genannten vier Künstler herrühren. Als Nachbil- 
ngen von bronzenen Figui'en eines dieser beiden Monumente 
;sen die Archäologen die bekannten heiTlichen Gruppen des. 
erbenden Galliers im Capitolinischen Museum und des Gal- 
rs mit seinem Weibe in der Villa Ludovisi auf.*) Auch in 
imälden ist der Galatersieg gefeiert worden.^) Sogar in. 
hen, einer Stadt, mit der Attalos überhaupt auf äusserst 
jundschaftlichem Fusse stand, hat er seinen Sieg dui'cli 
i Weihgeschenk verherrlicht : an einer Stelle der südlichea 
luer der Burg Hess %y in der Grösse von ca. zwei Ellen 
gende Figurengruppen aufstellen: den Gigantenkampf, die- 
fiazonenschlacht, die Schlacht bei Marathon und seinen* 



*) Die irrige Auffassung Fränkels, der aus dieser Inschrift einen zweiten- 
tern Sieg an derselben Stelle erschliessen wollte, haben korrigiert Gabler, 
rythrae", S. 46, und Kopp, Wochenschrift für klassische Philologie vom 
Juli 1895 = Archäologischer Anzeiger 1895, S. 123 ff. Fränkel hat seine 
sieht noch einmal im Philologus 54 (1895), S. 1 ff. zu verteidigen gesucht, 
•T mit Gründen, die Pedroli S. 24 mit Recht als „argumenti deboli" be- 
;hnet. 

2) Plin. n. h. 34, 84. 

^) Fränkel Nr. 22 und Kommentar dazu. 

*) Friederichs- Wolters, „Die Gipsabgüsse antiker Bildwerke in deur 
l. Museen zu Berlin**, S. 518 ff. ; Thrämer Progr. ; Trendelenburg, Art. 
ergamon" in Baumeisters „Denkmälern des klassischen Altertums", S. 1233 f. 
3 die weitere Litteratur verzeichnet ist). 

5) Paus. 1, 4, 6 : IIspyafjtTjvocg de eavc fikv axöka uTro raXarcZv^ 
Tt dk TpcL(fr^ z6 ipfov To npoc: ra^.drag s'j^ouaa. 



— 30 — 

eigenen Galliersieg.^) Von diesen Statuen hat sich eine ganze 
Anzahl erhalten ; die meisten befinden sich jetzt teils in 
Venedig, teils in Neapel. Es hindert nichts, in ihnen die 
Originale (nicht blosse Nachbildungen von verlorenen Bronze- 
originalen) zu erkennen. 2) Die Zusammenstellung des Galatet- 
sieges mit jenen berühmtesten Schlachten der Voraeit — 
nachgeahmt wohl den ähnlichen fi-üheren Zusammenstellunget 
von Schlachten in der athenischen Stoa Poikile und auf de: 
Metopeu des Parthenon — zeigt auf das deutlichste, mit welchei 
Hochgefühl Attalos durch diesen eisten Erfolg erfüllt wa^ 
und wie er es sich angelegen sein liess, sich als Vorkämpfe 
dos Hellenentums und der Kultur gegen die Barbaren darzt 
stellen. Der Sieg über die Tolistoagier galt denn auch in de 
Folge als die gi'össte That nicht allein des Attalos selbs 
sondern der Pergamener überhaupt.^) Und wenn in diese 
W'ertschätzung auch eine starke Uebertreibung liegen ma^ 
wenn zunächst keine handgieifliche Vergi'össerung der pei 
gamenischen Macht und keine Milderung des keltischen Na 
tionalcharakters eingetreten ist,*) so war der Tolistoagiersie. 
doch ein erster Schritt, ohne den die folgenden, die Sieg 
Übel* Antiochos Hierax und die mit ihm verbündeten Galatei 
und die Eroberung eines grossen Teiles von Kleinasien, san: 
und sonders gar nicht denkbar sind. „In diesem glänzende 
Erfolge», lernte der junge Dynast die eigene Kraft kenne 
und entnahm ihm die Anregung zu weiterschauenden Untei 
ne^hmungen, zum Ringen mit dem syrischen Nachbar."^) Di 
günstige Gelegenheit dazu wurde ihm durch das Seleukidei 
haus S(ill)st gegeben. 

Nicht lange nach der Schlacht an den Kaikosquellen kai 
auf dem Boden Kleinasiens der furchtbare Hader zwischen de 

>) Pau«. 1, 25, 2. 

2) V^rl. S. 29, Anm. 4. 

«) Paus. 1, 4,0; vgl. 1,8, 1. 

**) Das ist der richtige Kern der Ausführungen Köhlers, Hist. Ztsch 
47 (1HH2), 12 ff. ; zu weit ist er aber gegangen, wenn er in der bei Pai 
«anias vorliegenden Tradition geradezu eine „vollständig ausgebildete (r 
'Hchichtsfälschung" sah. 

») Thrämer, „Pergamos", S. 261. 



— 31 — 

'keiden seleukidischen Brüdern Seleukos Kallinikos und 
Antiochos Hierax zum Austrage. Der jüngere Bruder 
^tiochos schloss ein Bündnis mit König Mithradates IV. (II.) 
TonPontos und nahm ein Heer von Galatern^) in seinen Sold; 
•diesen tapfern Landsknechten hatte er es zu verdanken, dass 
-' -«s ihm in der Schlacht bei Ankyi*a (ca. 235) 2) gelang, seinen 
•"; Binder Seleukos völlig zu überwältigen.^) Der Geschlagene 
;_. jnusste sich eiligst über den Tauros flüchten und fand im 
-oberen Asien füi* die nächste Zeit so viel zu thun vor, dass er 
-an eine Wiederherstellung seiner Macht in Kleinasien schlechter- 
-dings nicht denken konnte.^) Antiochos Hierax aber wäre bei 
: -einem Haar um alle Früchte seines Sieges, ja um sein Leben 
! gebracht worden durch eine höchst gefährliche Meuterei seines 
: ^alatischen Söldnerheeres, die gleich nach der Schlacht aus- 
; 'trach. Er konnte sein Leben nur retten durch die Zahlung 
•eines hohen Lösegeldes und musste ein Bündnis mit den Ga- 
latera abschliessen, woduixh seine bisherigen Söldner zu selb- 
ständigen Verbündeten wurden.^) Diesen Augenblick der gröss- 
"ten Schwäche des Seleukidenreiches benützte Attalos — dies- 



\ 



^) Dass es Tolistoagier gewesen seien, ist ein Autoschediasma Holms 
IV 378. Vielleicht sind es eher Tektosagen gewesen (vgl. unten S. 33). 

2) Diesen Ansatz hat Beloeh, Histor. Ztschr. 60 (1888), S. 504—507 
begründet. Er stüzt sich auf das Zeugnis des Eutrop 3, 1 f., wonach im Jahre 
^37 der sog. dritte syrische Krieg (zwischen Ptolemaios Euergetes und den 
Seleukiden) durch einen Frieden heendet worden ist. Au diesen Frieden 
•schloss sich, wahrscheinlich weil Seleukos Kallinikos seinem Bruder Antiochos 
das ihm vorher versprochene Kleinasien nicht herausgeben wollte (vgl. Gabler, 
«Erythrae", S. 37 f.), unmittelbar der sog. zweite Bruderkrieg, der seinen 
Abschluss fand in der Schlacht bei Ankyra, die danach annähernd in das 
-Jahr 235 zn setzen ist. Viel tiefer darf man nicht hinabgehen, da sonst die 
folgenden Begebenheiten zu sehr in die Enge geraten würden (vgl. Gabler S. 42). 
*) An mehreren Stellen wird sogar den Galatern allein der Sieg zu- 
geschrieben: Trog. prol. 27; Justin 41, 4, 7; Euseb. chron.1251 (Sohoene); 
Plut. de frat. am. 18 (Moralia III 269 ed. Bernardakis). 

*) Auf die Kunde von der Schlacht bei Ankyra brach der Parner 
-^sakes Teridates in Parthien ein und begründete von hier aus auf Kosten 
'<ier Seleukiden das neue Partherreich, sehlug auch bald den Seleukos aufs 
Hanpt (Justin 41, 4, 7). Vgl. v. Gutschmid, Geschichte Iran's, S. 29 ff. 

') „Societatemque cum mercennariis suis iungit" Just. 27, 2, 10 ff. ; Trog, 
prol. 27; Euseb a.a.O. (verworren). 



— 32 — 

mal als der Angreifende^) — um das mit der Annahme des 
Königstitels aufgestellte Progi'amm zu verwirklichen und sich 
des so gut wie heiTenlosen Asiens zu bemächtigen. Der An- 
gi'iff ist also ungefähr in das Jahr 234 v. Chr. zu setzea^ 
Ich nehme an, dass der erste Zusammenstoss zu einer Nieder- , 
läge des Attalos geführt hat. Denn seinen ersten Sieg in 
diesem Kriege gewann er, wie wir sehen werden, in der un- 
mittelbarsten Nähe der Stadt Pergamon, also nicht im Angiiff, 
sondern in der Verteidigung. „Die Schlappen, die Attalo» 
eventuell erlitten hat, sind aus pergamenischen Quellen natüi- 
lich nicht zu erkennen.**^) Im Einzelnen ist der Verlauf des 
Krieges recht dunkel. Wir kennen vier Siege des Attalos, 
die, — soweit wir nach dem vorliegenden Material überhaupt 
ui'teilen können — von Gabler,*) Kopp*) und Pedroli*) ein- 
leuchtend folgendermassen angeordnet werden. Der ei*ste Siegr 
ist uns bekannt durch eine Inschrift, die zu jenem späteren 
Kollektivmonument gehört hat (Fränkel Nr. 23): 

^Atto t^i^ mtpd To\ ^A(fpodiocov Trpoi ToXearoayiooc, 
xae TexrotTdyyti Fakdra?, xal ""Avzioyov j^d^T^^, 

Da keine nähere Ortsbestimmung beigefügt ist, nimmt 
Fränkel mit Recht an, es sei das von Polyb^) bezeugte 
Aphroditeheiligtum bei Pergamon gemeint.*^) Also haben wir 
hier dieselbe Schlacht, die bei Trog. prol. 27 mit „Galli Per- 

») Justin 27, 3, 1: „adgreditur" (vgl. zu der Stelle Wilcken, P-W 
II 2160). 

*) Dieser zeitliche und causale Zusammenhang der Dinge folgt aus Trog. 
prol 27 und Justin 27. 

3) Wik'ken, P-W II 2161. 

^) „Erythrae«, S. 48 f. 

») Arch. Anz. 1895, 123 ff. = Wochenschr. f. klass. Phil., 17. Juli 1895. 

ö) „II regno di Pergamo^ S. 19 ff. 

') Pülyb 18, 2, 2; c. 6, 4. 

**) Thrämer, „Pergamos", S. 261 betont mit Recht, dass die erste 
Schlacht nicht bei Pergamon kann erfochten worden sein, da der Krieg eine 
Offensive des Attalos war. Er wird nun aber zu der unrichtigen Annahme 
gedrängt, es handle sich um ein anderes Aphroditeheiligtum in der Gegend 
von Thyateira. Der Anstand erledigt sich, wenn man eine vorhergehend« 
Niederlage des Attalos in jener Gegend annimmt. 



— 33 — 

jamo victi" bezeichnet wird. Denn der ausführlichere Zusam- 
nenhang bei Justin 27 lehrt deutlich, dass Pompeius Trogus 
tiier nicht vom ersten gi-ossen Tolistoagiersieg, sondern von 
einem Sieg über die mit Antiochos verbündeten Gallier ge- 
sprochen hat. Aus der Fassung der Inschrift, aus der Nen- 
nung der Tolistoagier und Tektosagen vor Antiochos — in 
einem offiziellen Dokumente kann das kein Zufall sein — 
ersehen wir, dass Justin durchaus Recht hat, wenn er die 
Galater als nunmehr selbständige Verbündete des syi'ischen 
Prinzen darstellt,^) und dass Wilcken*^) mit Unrecht von 
„Antiochos und seinen galatischen Söldnern" spricht. Hatte 
Attalos einst an den Kaikosquellen nur das Volk der Tolis- 
toagier als Gegner, so standen ihm jetzt zwei Völker und ein 
König gegenüber. Man ist versucht, in den Tolistoagiern 
den Teil der Galater zu sehen, der für jene frühere Nieder- 
lage am Kaikos jetzt hoffte Eache nehmen zu können,^) in 
den Tektosagen diejenigen, die in der Schlacht bei Ankyra 
fti' Antiochos gesiegt und ihn dann zum Abschlüsse eines 
Bündnisses gezwungen hatten. Es scheint immerhin, dass 
hier wenngleich Vertreter der beiden Völker, dennoch nicht 
mehr so viel Galater wie einst am Kaikos im Felde waren. 
Denn wenn sie auch ihren Rachedurst am Pergamener moch- 
ten zu stillen hoffen, und in dieser Hoffnung durch den ersten 
Erfolg bestärkt wurden, so kämpften sie jetzt doch weniger 
in üirem eigenen als in des Antiochos Interesse. Auch wiid 
von dieser Schlacht, obwohl sie dicht vor den Thoren der 
Hauptstadt erfochten worden ist, in der Ueber lieferung viel 
weniger Aufhebens gemacht als von jener einen grossen, in 
• der Attalos „das mächtigste und tapferste Volk Asiens besiegt 
liatte."*) — In der Folge treffen wii^ in diesem Kriege keine 



') Vgl. S. 31 Anm. 5. 

') P-W II 2160. 

') Vgl. Pedroli S. 17. 

^) Vgl. S. 25 Anm. 7. Vermutungsweise sei hier bemerkt, dass man 
J^llenfalls die Inschrift Fränkel Nr. 247, col. I mit ihrem merkwürdigen 
'y^v dev^TSOavj auf die Schlaeht am Aphrodision beziehen könnte, wenn 
'Mn die dadurch vorausgesetzte erste Sehlacht gegen Galater und Antiochos 

Steh el in, Galater. '>j 



■^ # 

^^^^^^^^d 



jidiängt, musste er sich im 

' sfidlirh in Kanen aufstellen uad 

1* a s s end^iltig toesiegt, so 

■ preisgeben musste. Dieser 

ftollektivweilgeschenk gefeiei-t, son- 

sren Denkmal, das die Iiiachi-ift trug: 

J/k "Arra/o? 

: za[pd t6v 
. i[r Knpim 



■ h Frünkel Nr. 5b so 1 

■ iSB adEumenis II P i, m m 

'•'* f. begründet. N hdtt 
opiui" hinter 'A'f j w |ä^l 

sehen werden, dies B n m I 
fällt Bneh dA8 Bedenk n h % i 
ikc'B Bezog geäaSBert h t L p t 
it'erirsi a qnesta batlagl II C 

■ •)Ddft linen deve. ronten \ fyop 
i FrHnkel gewiss riehtig d F t,ra I 

" schlügt vor, N 28 1 
'Jtto rifi . . . . ir A]a 
\Tvp6i 'AuTioxo!/ /iä-Xi 1 
L 0-, der dcu auB Nr. 58 gewonnünen H: 
1 will, ÜPHt Btatt dcHsen : 



Jät 1 h D 


1 d 1 's 


1 M hk h 


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^tAllil i 




^iB-^^ereo hiBdiriften dw Kol- 

f^«f eg nur zweizeilig. Zn- 
i|ig dm KtcinblockH bei 
',Knillich iRt aueh hier 
^Inulii' allen Anfor- 



— 36 — 

Dem siegi'eichen Könige selbst zu Ehi*en hat sein Heer j 

seine Statue aufstellen lassen. Eine Standplatte des gi*ossen 

Bathi-on's ist noch erhalten; sie trug einst folgende Inschrift 

(Franke 1 Nr. 29): 

BnacAea ^kudov 

'A';r/7'iv[3^]s xac oi rjyenovsg xal aTpaT[eai\T(ju 

ol (T^jvayiüvcadnevoc zdi, zpog roü* r[aX]äTag 

Jet, lldrjväc. 

Es ist bezeichnend, dass Antiochos in diesen Inschiito 
nie „König" genannt wird; offenbar betrachtete ihn Attaloj 
nur als einen Usurpator, der ihm den Weg zur Herrschaft 
über Asien versperrt hatte. Er selbst aber föhi'te, da An- 
tiochos nun ganz aus Asien verdrängt war, nicht mehi' nur 
den Namen eines Königs, sondern er war es auch : er war | 
für kurze Zeit Herr von Kleinasien bis zum Tauros, soweit 
es bisher den Seleukiden gehört hatte (d. h. mit Ausnahme 
von Bithynien, Pontos, Kappadokien und den seit dem diittea 
syrischen Kriege bestehenden ägyptischen Besitzungen an der 
Südwestküste). ^) Ob Attalos die neuen Gebiete seinem Eeiche 
direkt einverleibte oder nur ein Protektorat über sie ausübte, 
ist nicht sicher; mit den griechischen Städten scheint er Ver- 
träge abgeschlossen zu haben, in denen er ihre Autonomie 
anerkannte.^) Ganz unbekannt ist es namentlich, ob sich die 
pergamenische Herrschaft auch über die Galater erstreckt 
hat. Sie w^ar eben in ihrem erweiterten Umfange von za 
kurzer Dauer, als dass sie auch nur in der üeberlieferung 
irgendwie bleibende Spuren hätte hinterlassen können. Unter- 
dessen suchte Antiochos wieder in Syrien gegen seinen Bruder 

Bei dieser Ergänzung kommt auch der auf dem Stein unzweifelhafte starke 
Ueberschuss der ersten über die zweite Zeile zur Geltung. — Es ist da- 
mit zugleich ein weiterer Beleg dafür gegeben, dass Attalos seine Sie^'e 
sowohl im Kollektivmonumeut als auch einzeln in separaten Weihgeschenken 
gefeiert hat. Vgl. Gabler S. 46 f., Kopp an der oben S. 32, Anm. 5 ange- 
führten Stelle. 

^) Polyb 4, 48, 7 : " AzTCUov zämtv vjdrj zijV izl zdoe rot Tß')- 
pov o'jvarrvzcuv ü(f (tdzov TZzTZOiYjatßcu] Justin 27, 3, 6. 

'') Vgl. Pedroli' S. 25. 



— 37 — 

aufzukommen, aber er musste auch von dort nach den mannig- 
fachen Wechselfällen des sogen, dritten Bruderkrieges^) die 
llucht ergreifen, zuerst nach Kappadokien, dann zu Ptolemaios 
Euergetes (ob nach Aegypten selbst oder nur in seine klein- 
4Lsiatischen Gebiete, wissen wir nicht); schliesslich fand er 
in Thrakien ein elendes Ende.^) Sein Tod fällt nach Trog. 
prol. 27 früher, nach Justin ungefähr in die gleiche Zeit wie 
derjenige seines Bruders Seleukos, also wahrscheinlich in das 
Jahr 226, jedenfalls nicht später.^) Der Streit um den seleu- 
üdischen Thron erlosch, da die beiden Gegner vom Schau- 
jlatz verschwunden waren. Als König folgte der junge Se- 
leukos IIL Keraunos (226—223/2), Sohn des Kallinikos. 
üret er konnte daran denken, Kleinasien wieder seinem Reiche 
-einzuverleiben; die Verhältnisse Syriens waren wieder hin- 
länglich fest und ruhig geworden. Sofort nach seinem Re- 
zgierungsantritte betrieb er Rüstungen zu diesem Zwecke; 
gegen Ende des Jahres 223 überschritt er selbst mit einem 
von seinem trefflichen Feldherrn Achaios*) angeführten Heere 
den Tauros, fiel aber, noch bevor er mit Attalos zum Schlagen 



») Justin 27, 3, 6 ff. Vgl. Gabler, „Erythrae", S. 42 ff. 

^) Polyb 5, 74, 4. Hier setzt auch Euseb I 251 wieder ein, aber indem 
•er in irreführender AVeise den Tod in Thrakien gleich an die letzte Nieder- 
lage in Karien anknüpft. Vgl. oben S. 20, .4.nm. 1. 

^) In die zwei Jahre 228/7 und 227/6 müssen alle die Ereignisse fallen, 
die Justin a. a. 0. erzählt. Sie folgten also sehr rasch auf einander. Unmög- 
lich aber kann in dieser kurzen Spanne Zeit Seleukos Kallinikos, kaum 
hatte er im dritten Bruderkrieg gesiegt, noch obendrein Zeit gefunden haben, 
sich an die Wiedereroberung Kleinasiens zu machen, trotz Droysen 111 2, 
19 f. (vgl. Wilcken P-W II 2161). Leider sind Droysens unsichere Ver- 
nmtnngen bei Wellhausen, Israelitische und jüdische Geschichte ^ S. 187 zu 
scheinbar sicheren Thatsachen geworden. 

*) Aehaios war gemeinsamer Vetter des Attalos I. und des Seleukos III., 

'wie folgendes Stemma zeigt: 

Aehaios d. ä. 

, " , 

Andromachos Laodike Antiochis 

Ct. Seleukos Kallinikos. G. Attalos 



Aehaios d. j. Seleukos III. Antiochos III. Attalos I. 

Keraunos. 
<^gl. Wilcken, P-W Art. „Aehaios«; Köhler, Berliner S. B. 1894, 445 ff.) 



— 38 — 

kam, einer Verschwörung des Galaters Apatmios (wohl eines 
Söldnerfühi'ers) und des Nikanor zum Opfer (Anfang 222).^) 
Dass Attalos schon vorher gegen vorausgesandte Feldherra 
des Seleukos sich hatte verteidigen müssen und über si» 
Meister geworden war, hat Wilcken^) richtig aus einigen 
pergamenischen Inschriften erschlossen. Von besonderen Denk- 
mälern, in denen diese Siege gefeiert werden, haben sick 
nämlich in Pergamon Bruchstücke kleiner würfelfönniger 
Postamente gefunden mit folgenden Inschriften: 

Nr. 35 : [H(tfTe?.sf)c: \4TTaXog] 
du \y.(ti \ldr^vät 

Nr. 36 : [Barruefk "ylrra/oc:] 
[Jei xac 'Adrjuäc] 

Tzpik E[ xui TO(k (oil/o'j??) 

ls/.£bxou (T^rpazrjj'oug <wa;f3js. 

In seinem Kollektivmonument hat Attalos dieselbe Schlacht, 
auf die sich Nr. 35 bezieht, verewigt durch die Inschrilt 
Nr. 25-f-26: 

M/To r^? 7:ap[d 7:p]og A'xriav 

xal Totk 1'£ä[s6xov cFTpaT]rjyoü^ ,"ßZ^^'*) 

Also mindestens zwei Schlachten hat Attalos den Feld- 
herren des Seleukos Keraunos^) liefern müssen; Lysias, der 



1) Polyb 4, 48, 6 ff.; 5, 40, 6; Eus. chron.1253; Trog, prol.27; App- 
Syr. 6(5. 

2) P-W II 2161. 

3) So haben die Lesung Gabler S. 16 Anm. 2 und Pedroli S. 24 Aßt» 
hergestellt. 

*) Dass die beiden Fragmente so zusammengehören, haben G'&W 
S. 47 f. und Kopp (an der oben S. 32 Anm. 5 citierten Stelle) zur Sicherbe 
erhoben, und der Augenschein bestätigt es jedem, der unbefangen an o 
Steine herantritt. 

5) Fränkel hatte die Inschriften Nr. 35 und 36 auf Seleukos II. Kallinilc 
bezogen und in ihnen die Bestätigung der von Droysen III 2, 19 f. au»^ 



— 39 — 

licht als solcher bezeichnet wird, sondern nur als im Bunde 
nit ihnen kämpfend, dürfte irgend ein lokaler Dynast des 
LÜneren Kleinasiens gewesen sein, der sich an die syrischen 
Feldhen'n angeschlossen hat; ebenso vielleicht jener Andere, 
der in einer zweiten Schlacht besiegt worden ist (Nr. 36). 
Von der letzten Gefahr, dem Zusammenstoss mit dem jungen 
Seleukos Keraunos selbst, befreite den Attalos dessen Tod, 
und der syi'ische Oberfeldherr Achaios hatte einstweilen alle 
Hände voll zu thun, da er die Königsmörder bestrafen und 
die Thronfolge auf den erst zwanzigjährigen Antiochos IIL 
(d. Gr.), den Bruder des Ermordeten, überleiten musste. 

Für diese lange Eeihe von Siegen stattete Attalos seiner 
Schutzgöttin Athena den Dank ab dui'ch jenes grosse Weih- 
geschenk, dessen einzelne Inschriften für uns eine so wichtige 
Quelle zur Kenntnis seiner ki'iegerischen Thaten geworden 
sind. Die gemeinsame Ueberschrift, unter der alle einzelnen 
Siege aufgezählt sind, lautet folgendermassen (Fränkel 

Baachü<i "^Arvcdog zaiv xazd Trohfiov 
äyajvcov yaptaTr^pta ^Adrjväc, 

Die Errichtung dieses Denkmals ist zwischen 226 und 
223 anzusetzen, da bereits die Siege über die Feldherren des 
Seleukos in ihm gefeiert werden,*) und da andererseits das 
Glück des pergamenischen Königs sich sehr bald gewendet 
hat. Gleichzeitig wohl, oder nur wenig spätei', fällt eine 
zweite Stiftung : ebenfalls der Athena zu Ehren führte Attalos 
das neue Fest der Scxrjipopca ein. Die Göttin selbst be- 
gegnet von da an fast immer mit dem Beinamen Nur^cpopoQ^ 
nnd auf dem Revers der pergamenischen Münzen trägt sie 
seither einen Siegeskranz in der Rechten, während sie früher 
die Hand auf den Schild gestützt hielt. Ein Athenatempel 
iö der unteren Stadt, der bereits im Jahre 201 zerstört, also 
wohl zur Zeit der Stiftung der Nikephorien gegründet wor- 

sprochenen Hypothese zu finden geglaubt. Gabler, Kopp und Pedroli sind 
^ darin gefolgt; das Richtige hat erkannt Wilcken, P-W II 2161. — 
Vgl auch oben S. 37 Anm. 3. 
») Wilcken a. a. 0. 



— 40 — 

den ist, führte den Namen \ex7^<f6pwv.^) Die Stiftung des 
Nikeplioiienfestes kann jedenfalls nicht vor der Aufstellung 
jenes Kollektivmonumentes geschehen sein, da auf dem letz- 
teren Athena den Beinamen der Siegbringenden noch nickt 
miirt.2) 

Attalos' neue Herrlichkeit währte nicht lange. Kaum 
hatte Achaios den jungen Syrerkönig in seine Rechte einge- 
setzt, so begann er mit aller Energie in dessen Namen Klein- 
asien zurückzuerobern. Binnen Kurzem hatte er „ganz Asien 
diesseits vom Tauros" (d. h. wohl so viel als Attalos neu er- 
obert hatte), wieder für das seleukidische Reich zurückge- 
wonnen und — unbekümmert um die Vermittlungsvereuche 
der Byzantier ^) — den Pergamener auf sein väterliches Reich 
beschränkt, ja vorübergehend in Pergamon selbst eingeschlossen. 
Er wurde von Antiochos zum Statthalter in Asien ernannt 
(220 V. Chr.)*) Dem pei gamenischen Könige blieben von 
seinen verbündeten Griechenstädten nur Smyrna, Lampsakos, 
Alexandieia Troas und Ilion treu; die übrigen hatten sich 
fast alle aus Furcht an Achaios angeschlossen.^) In dieser 
mächtigen Vertrauensstellung geriet der syrische Statthalter 
,. durch sein Glück verblendet, vom rechten Wege ab," wie 
Polyb sich ausdrückt.^) Er traf die Vorbereitungen zu einem 
Einfall in Syrien, setzte sich im phrygischen Laodikeia das 



') Polyb 16, 1, f). 

^) x\iii besten hat über die Xikephorien gehandelt Gabler S. 49 ff. Vgl. 
P'ränkel zu Xr. 150 und 167. Gabler hatte die Stiftung der Nikephorien in 
(1. J. 226 angesetzt, da er noch an die von Droysen vermuteten Kämpfe des 
Attalos gegen Feldherren des Seleukos Kallinikos (die also vor 226 anzu- 
setzen wären) glaubte. AVilcken P-W112161, der Droysen» Hypothese be 
seitigt hat, zweifelt noch daran, ob auch die Stiftung der Nikephorien wie 
die Aufstellung des Kolloktivmonumentes um einige Jahre herabzurücken 
sei. Seine Zweifel sind aber unberechtigt, denn es ist ganz undenkbar, dass 
Athena schon vor der Errichtung des Kollektivmonumentes als Xixr^ifopo^ 
gefeiert wurde, da sie dieses Epitheton auf dessen Inschriften nirgends, später 
aber fast durchweg führt. 

3) Polyb 4, 49, 2. 

*) Polyb 4,48, 2. 10 f.; 5,40, 7. 

5) Polyb 5, 77, 2. 6 ; c. 78, 6. 

«) Polyb 4, 48, 11. 



— 41 — 

Diadem auf, nannte sich König und wurde „der mächtigste und 
gefiii'chtetste Herrscher in Asien" ^) (Winter 220/219). Zwar 
weigerte sich sein Heer, mit ihm gegen den angestammten 
König zu ziehen; aber in Kleinasien blieb seine Herrschaft 
einstweilen unangefochten. Er brachte sie, wo es nötig wai-, 
mit Waffengewalt zur Anerkennung. Zu diesem Zwecke zog 
er z. B. im Jahre 218 verwüstend gegen die mächtigen 
Seiger 2) und eroberte die Milyas und den grössten Teil von 
Pamphylien. Da Achaios somit im Süden beschäftigt war. 
hielt Attalos, der in hohem Grade die Kunst besass, zuzu- 
wai'ten und günstige Gelegenheiten auszunutzen, den Moment 
für gekommen, um seine gedrückte Lage wieder zu verbes- 
sern.^) Sein grosser Reichtum, der seine Unterstützung wün- 
schenswert gemacht hatte auch als er äusserlich nichts als 
die Stadt Pergamon besass,*) ermöglichte es ihm jederzeit, 
ein stai'kes Söldnerheer aufzubringen. Er warb daher euro- 
päische^) (d. h. wohl thrakische) Galater an, und zwar setzte 
er gleich den ganzen Stamm der Aigosagen samt Weib und 
Kind nach Asien über. Mit ihnen richtete er zunächst einen 
Verstoss nach der Aiolis und deren südlicher Nachbarschaft, 
«m seine alten Besitzungen wieder an sich zu bringen.^) 
Ohne dass er Gewalt anzuwenden brauchte, fielen ihm die 
Städte wieder zu und wurden von ihm in dasselbe Vertrags- 
verhältnis aufgenommen, in dem sie schon früher gestanden 
hatten. Etwa bis Phokaia oder Temnos zog er der Küste 
entlang in südlicher Richtung. Dann machte er eine Schwen- 
kung nach Osten: er überschritt den Lykos, zog durch die 



') Polyb 4,48, 11—13; 5,57. 

*) Wie gross die Macht des selgischen Staates gewesen sein muss, be- 
weist die Thatsache, dass er im Stande war, dem Achaios 700 Talente 
Kriegsentschädigung zu bezahlen (Polyb 5,76, 10); vgl. Strab. 12, p. 571. 

') Attalos scheint nicht der einzige gewesen zu sein, der sich damals 
g^gen Achaios erhoben hat. Wenigstens nennt Polyb 5, 90, 1 zum Jahre 
-H drei reiche „Dynasten" in Kleinasien: Lysanias, ülympichos. Limuaios, 
*'on denen sonst freilich nichts bekannt ist. 

') Polyb 4, 48, 1. 

') Polyb 5, 111, 2. 

<») Polyb 5, 77. 



— 42 — 

Ansiedelungen {xazocxiac) der Myser gegen Kapash (oder Kuo- 
rT£(u?) und 7(1 Jidrna Tzlyr^. Naclidem ihm diese beiden Punkte 
durch den von Achaios zurückgelassenen Statthalter {arparr^' 
roi) Themistokles waren übergeben worden, zog er verhee- 
rend weiter durch die Ebene von Apia, überschritt das Ge- 
birge Pelekas und lagerte beim Flusse Megistos. Die Oert- 
lichkeiten, die hier genannt werden, sind grossenteils unge 
wisser Lage. Nur die Ebene Apia muss nach Strabo^) im 
Makestosthale gelegen haben. Im Allgemeinen war man daher 
bis jetzt geneigt, im Lykos den so benannten Nebenfluss des 
Hyllos, im Megistos den bei Strabo^) „Mekestos," sonst meist 
„llakestos" genannten Fluss (j. Susurlu) zu sehen, der kui*z 
vor seiner Mündung in die Propontis sich mit dem Rhyndakos 
vereinigt; die übrigen von Attalos berührten Punkte suchte 
man so gut es ging auf der Strasse unterzubringen, die von 
Thyateira über Attaleia in das Makestosthal führt. •) Eine 
ganz andere Hypothese hat Radet*) aufgestellt. Nach ihm 
verfolgte Attalos den Plan, die Operationen des Achaios gegea 
Selge zu hindern und ihm womöglich alle Verbindungen ab- 
zuschneiden. Daher sucht Radet die von Polyb aufgezählten 
ertlichkeiten viel weiter südlich, auf der Strasse von Sardes 
nach Selge; der Lykos ist nach ihm der karisch-phrygische, 
der unweit Laodikeia in den Maiandros fliesst; der Megistos 
ist nicht der Makestos, sondern der heutige Kara-Aralan- 
Tschai, der sich in den grossen Doppelsee von Egherdii*') 
ergiesst; die Ebene Apia wäre nördlich vom See Anaua zu 
suchen, u. s. w. Mag hier nun Radet oder mag die herge- 
brachte Auffassung Recht behalten, mag der Megistos in der 
Nähe der Propontis liegen oder im fernen Pisidien: jedenfalls 

') Strab. 18, p. 616. 

2) Strab. 12, p. 576. 

^) So Kiepert, Formae orbis antiqui, lab. IX. Ebenso Meischke in der 
oben (S. 35, Anm. 2) angeführten Dissertation, S. 30 tf. 

^) Kadet, „La campapie d'Attale ler contre Achaeus", Revue des ani- 
versit^s du midi, Januar bis Alärz 1896, S. 1 — 18. Leider mir nur zugänglich 
in dem verdankenswerten Referate, das Pedroli S. 66 ff. von Radet's Aus- 
führungen giebt. 

^) Bei Kiepert a. a. 0. mit „Limnae" bezeichnet. 



— 43 — 

war dieser Fluss der letzte Punkt, den Attalos auf seinem 
Zuge erreicht hat. Als er nämlich hier angelangt war, er- 
eignete sich eine Mondfinsternis.^) Das erschi^eckte seine ga-^ 
latischen Söldner derraassen, dass sie — längst unzufrieden 
wegen der auf den langen Märschen durchgemachten Stra- 
pazen, zumal da ihre Weiber und Kinder als Tross dem Zuge 
folgten — die Erscheinung als übles Vorzeichen deuteten und 
sich weigerten, weiterzuziehen. Attalos, dem diese zügellosen 
Banden längst keinen Nutzen mehr, wohl aber viel Hindej- 
nisse boten, musste ihnen willfahren und beim Megistos den 
Rückzug antreten. Um sie vom Ueberlaufen zu Achaios ab- 
zuhalten — worin für ihn eine grosse Gefahr gelegen haben 



*) Dadurch ist es möglich, die Zeit genau zu bestimmen; denn die 
einzige Mondfinsternis, die überhaupt in Betracht kommen kann, fällt nach 
Th. V. Oppolzer's „Kanon der Finsternisse" (Denkschriften der Wiener Aka- 
demie, Bd. 52, math.-naturw. Klasse, 1887), S. 340 auf den 1. September 
218 V. Chr. julianisch und war eine totale. (Bei Gf. Hofmann, „Sämtliche, 
bei griechischen und lateinischen Schriftstellern des Altertums erwähnte 
Sonnen- und Mondfinsternisse", Progr. Triest 1884, ist zum mindesten diese 
Finsternis vergessen. Die Angabe bei Büttner -Wobst zu Polyb 5, 78, 1, 
wonach diese Finsternis auf den 12. Sept. 218 gefallen wäre, scheint auf einer 
ganz unberechtigten Ersetzung des julianischen durch ein gregorianisches 
Datum mit Einrechnung der heutigen Differenz von 12 Tagen zu beruhen). 
Leider hat sich eine andere Hoffnung, die ich auf die unparteiische astro- 
nomische Instanz gesetzt hatte, nicht erfüllt: die Hoffnung, aus den Sicht- 
barkeitsbedingungen der Mondfinsternis vom 1. Sept. 218 einen Schluss auf 
das streitige Lokal der von Polyb erzählten Begebenheit ziehen zu können. 
Wie mir Hr. Prof. Albert Riggenbach-Burckhardt, Vorsteher der 
Basler astronomisch-meteorologischen Anstalt, in freundlicher Weise mitteilt, 
war an beiden Punkten, sowohl dem von Radet als dem von Kiepert für 
den Megistos angenommenen, nur noch das Ende der Finsternis zu sehen, 
vielleicht gerade noch die letzten Minuten der totalen Verfinsterung, jeden- 
falls aber nicht mehr die Mitte der Totalität. Zwar sah der Radet'sche 
Punkt, als mehr im Südosten gelegen, ein wenig mehr von der Verfinsterung 
als der Kiepert'sche (das Centrum des Erdschattens stand zur Zeit der wahren 
Konjunktion im Zenith über dem Punkt 113^ östlicher Länge von Greenwirh 
und 11^'südlicher Breite), aber einen entscheidenden Schluss auf das Lokal 
erlaubt dieses Ergebnis astronomischer Berechnung nicht zu ziehen. An beiden 
Orten hat sich nicht plötzlich mitten am Himmel der hellleuchtende Voll- 
mond verfinstert, sondern muss eine bereits tief dunkelrote Scheibe aufge- 
gangen sein, die sich dann mehr und mehr wieder erhellte. 



— 44 — 

^ürde — geleitete er sie selbst au den Hellespont und ^les 
ihnen daselbst Wohnsitze an (tozov siMf'j^ rzpo^ xaToixiav)}) 
Daraufhin kehrte er mit seinen übrigen Truppen nach Perga- 
mon zuiück. Dass Polyb den Attalos, ohne ii^gend eine Zwi- 
schenstation zu nennen, vom Megistos sofort an den Helles- 
pont ziehen läsat, erregt Bedenken gegen Eadet's Ansätze. 
Ebenso ist es, wie Pedroli ^) richtig bemerkt, bedenklich, einen 
Zug des Attalos nach Pisidien anzunehmen, wo er doch Sar- 
des, Laodikeia und andere feste Plätze des Achaios in seinem 
Rücken hatte. Andererseits hatte ein Zug nach Mysien — 
ein solcher war diese Expedition des Attalos nach der her- 
kömmlichen Anschauung — augenscheinlich den Zweck, Ge- 
biete zurückzuerobern, die vor dem Achaioskriege bereits dem 
Pergamener gehört hatten.^) Auch war vom Makestos aus der 
Hellespont auf der Küstenstrasse mit grösster Leichtigkeit zu 
erreichen. So erscheint es als wahrscheinlicher, dass der her- 
kömmliche Ansatz das Richtige trifft. — In ihren neuen Wohn- 
sitzen machten sich die Aigosagen bald unliebsam bemerkhch: 
sie bedrängten die hellespontischen Städte und fielen auch 
Ilion an, wurden dann aber durch ein Entsatzheer, das die 
Stadt Alexandreia abgesandt hatte, aus der Troas hinausge- 
worfen. Sie wandten sich daraufhin wieder nordwärts, setzten 
sich in Arisbe (unweit Abydos) fest und brandschatzten von 
dort aus die Städte der Umgebung. Da zog Prusias I. von 
Bithynien mit einem Heere heran, machte die- Aigosagen bis 
auf wenige Frauen und Kinder nieder und liess ihre Habe 
seinen Soldaten als Beute. „So erlöste er die hellespontischen 
Städte von grosser Furcht und Gefahr und schi*eckte die 
europäischen Barbaren für alle Zukunft vom üebergange nach 
Asien ab."^) Warum war nicht Attalos diesen Städten zu 



1) Pülyb 5,78. 

^) Pedroli, „II reguo di Pergamo", S. 68. 

'') Pedroli S. 29. 

'*) Polyb 5, 111. Unrichtig setzt Holm IV 490 diese Begebenheit in 
das Jahr 213; sie fällt an das Ende von 01.140, also 217/6 v.Chr. Auch 
Droysen III 1, 189, Anm. 2 bringt diese Belagerung Ilion*s an unrichtiger 
•Stelle unter. 



— 45 — 

Hilfe gekommen, die ihm doch schon räumlich viel nähei^ 
lag'en als dem bithynischen Herrscher, und mit denen er in 
so fi'eundschaftlichen Beziehungen stand ?^) Der Grund ist 
sehr einfach. Mittlerweile hatte nämlich Achaios seinen Frie- 
den mit den Selgern abgeschlossen und war nach Sardes zu- 
rückgekehrt ; von hier aus „führte er wiedei' einen beständigen. 
Krieg mit Attalos, bedrohte auch den Prusias und war allen 
farchtbai', die in Kleinasien bis zum Täuros wohnten*" 2) Die 
Einzelheiten dieses Krieges kennen wir nicht; aber es ist be- 
greiflich, dass Attalos dadurch schlechterdings verhindert war, 
im Norden irgendwie einzugreifen. Dass der Pergamener 
überhaupt einen keltischen Stamm aus Europa hatte nach 
Asien herüberkommen lassen, hat ihm berechtigten Tadel 
zugezogen.^) Wirklich würde man einen solchen Schritt von. 
dem Vei'teidiger der hellenischen Kultur gegen die keltischen- 
Barbaren, als den er sich auszugeben liebte, wohl zuletzt er- 
wartet haben. Man darf sich nicht einbilden,*) dass das ga- 
latische Element in Kleinasien bereits damals durch Mischehen 
und Schwelgerei, durch üppigen Reichtum und südliche Kultur 
dermassen erschlafft gewesen sei, dass es ganz ohne Gefahr 
noch verstärkt werden konnte; wir werden im Gegenteil 
sehen, dass noch zu Beginn des zweiten Jahrhunderts grie- 
chische Städte von den Galatern ganz ernstlich bedroht wor- 
den sind.^^ Uebrigens wird Attalos selbst seinen Schritt zuerst 
und am allermeisten bereut haben: war er doch auf dem 
Streifzuge des Jahres 218 durch die Aigosagen in eine über- 
aus gefährliche Lage gebracht worden! 

Im Sommer 216 bekam Antiochos d. Gr., nachdem er 
einen unglücklichen Krieg mit Aegypten durch einen Waffen- 
stillstand beendigt hatte, freie Hand, den Usurpator Achaio&. 



1) Polyb 5, 78, 6. 

*) Polyb 5, 77, 1. 

•^) Wilcken, P-W II 216B. 

*) Wie dies z.B. Thrämer Progr. S. 23 f. gethan hat. Er beruft sieb 
auf Liv. 38, 17 und 46, zwei Kapitel, die er irrtümlicb als aus Polyb herüber- 
genommen betrachtet (vgl. Nissen, „Kritische Untersuchungen über die Quellen 
der 4. und 5. Dekade des Livius" 1863, S. 204). 



— 46 — 

zur liechenscliaft zu ziehen. Er rückte mit bewaffneter Macht 
üi)er den Tauros und schloss ein Bündniss (xoevozpayiaj mit 
Attalos. ^) Nach zweijälniger Belagerung gelang es ihm, die 
Stadt Sardes zu erobern (214 v. Chr.) 2) Ei^st im folgenden 
Jahre bemächtipfte er sich durch VeiTat auch der Bui'g und 
damit der Person des Rebellen ; derselbe wurde mit der in 
solchen Fällen üblichen Grausamkeit hingerichtet (213 v. 
Chr.) ^) Da von einer persönlichen Teilnahme des Attalos an 
<liesem Kriege nichts überliefert ist, so ist nicht wohl glaub- 
lich, was Gabler*) bemerkt: „Attalos erhielt von Antiochos 
zum Lohn für die Hilfe, die er ihm geleistet, den gixissten 
Teil von Kleinasien zurück." Es ist darüber nichts überliefert 
und keine Spur in den späteren Besitz Verhältnissen davon 
geblieben. Aber auch die Vermutung Pedroli^s,^) dass Attalos 
damals von Antiochos mit einem Teile von Kleinphrygien, 
dem spätem (Po'jyca ir.uzrjroi, belohnt worden sei, ist unhalt- 
bar, denn nach Sti*abo ^) ist dieses Gebiet den Attalikern vom 
Bithyneikönig Prusias I. zu irgend einer Zeit durch einen 
Vertrag abgetreten worden. Wir sind also durchaus nicht in 
der Lage, irgend ein Gebiet namhaft zu machen, das Attalos 

') Polyb ;■), 107, 4. 

^) Pohb 7, 15-18. 

') Polyb 8, 17 — 23. Ich nehme an, dass damals Antiochos III. der 
Stadt Antiocheia i/. Too \pvaaopsiov si^vsog (unweit Stratonikeia in Ka- 
rlen, vgl. Holm TV 381) den Frieden und das demokratische Eegiment 
bestätigt hat, wofür er in einem delphlHchen Amphiktionendekret (BCH18, 
2;J5 ff.) belobt wird. Der Herausgeber Couve scljwankt zwischen den letzten 
Jahren vor 220 und dem Jahre 214; er entscheidet sich schliesslich für die 
Jahre kurz vor 220, weil man nicht wisse, wie weit sich die Revolution des 
Achaios erstreckt habe (d. h. ob Karien auch von ihr betroffen worden sei), 
während Attalos gegen Ende der 220er Jahre sicher vom Tauros bis nach 
Pergamon zurückgeschlagen worden sei. Dagegen ist zu bemerken 1) dass 
der aufständische Achaios thatsächlich das ganze seleukidische Kleinasien be- 
herrscht hat (s. oben S. 40) ; 2) dass gegen Ende der 220er Jahre nicht 
Antiochos III., sondern Achaios derjenige gewesen ist, der Kleinasien für da* 
syrische Reich zurückerobert und Attalos auf sein väterliches Reich eiii' 
geschränkt hat (s. oben a. a. 0.). 

*) „Eiythrae" S. 54. 

^) „II regno di Pergamo" S, 30 f. 

«) Strab. 12, p. 563 lin. 



— 47 — 

lamals zur Belohnung von Antiocbos erhalten hätte. Vielleicht 
\'ar im Vertrage auch gar kein solches vorgesehen, sondern 
lur eine erhebliche Summe Geldes, die der Pergamener von 
kutiochos für sein Wohlverhalten bekommen sollte.^) Wenn 
^ttalos damals wirklich ein gi^össeres Eeich von Antiochos^ 
Gnaden erhalten hätte, so wäre später sein Sohn Eumenes II. 
noralisch verpflichtet gewesen, dem syi-ischen Grosskönig 
fegen die Römer Heeresfolge zu leisten; nun aber hat er 
las weder gethan, noch hören wir, dass er von Antiochos 
\,n eine solche Verpflichtung erinneit worden wäre. 2) So blieb 
lenn im Süden die Gi^enze des unmittelbaren pei-gamenischen 
Gebietes nach wie vor die Wasserscheide nördlich vom Her- 
nes: an der Küste bezeichnete das Vorgebirge Hydra ^) die 
jrenze, im Innern war Thyateira noch im Winter 191/90 eine 
lyrische Festung auf syrischem Gebiete,^) während Attaleia 
md Nakrasa hier die pergamenischen Grenzforts bildeten.^) 
klithin hat Strabo wenigstens in Bezug auf die südliche 
4.usdehnung (die nördliche steht weniger fest) Recht, wenn er 
jagt, das pergamenische Gebiet habe vor dem Jahre 189 nur 
vom adramyttenischen bis zum elaitischen Meerbusen gereicht.^) 

^) Darf man so vielleicht die nach der Schlacht bei Magnesia an An- 
tiochos gerichtete Forderung deuten, wonach er dem Eumenes „die geschul- 
deten 400 Talente und das rückständige Getreide" auszahlen sollte xaTU rd?: 
7:pog Tov Tzaripa aüvdTjXüQ (Polyb 21,17,6)? M. H. E. Meier, „Perga- 
nienisches Reich" S. 366 f. knüpft diese Verpflichtungen an den durch römische 
Intervention abgewehrten Einfall des Antiochos in das pergamenische Reich 
im Winter 199/8 (Liv. 32, 8, 27), aber es wird bei dieser Gelegenheit nichts von 
^vvdijxac erwähnt. Ebenso unbegründet ist die Behauptung Mommsens 
Rom. Gesch. I® 690, die Pergamener hätten den syrischen Königen „bedeu- 
tende Summen vorgeschossen." 

^) Im Gegenteil, Antiochos verspricht dem Pergamener später Ge- 
bietserweiterungen für den Fall, dass er ihm Zuzug leiste (Polyb 21, 20, 8 ff. = 
^'V. 37, 53, 13). 

3) Daselbst Felsinschrift öpo: Ihpyafr/jvcov: BCH 5 (1881), S. 283 if. 
*) Liv. 37, 8, 7. (Vgl. Schuchhardt MAI 13, 1 ff.; Radet „de coloniis", 
^- H. 54). 5) Ygl oben S. 24 Anm. 4. 

*) Strab. 13, p. 624. Auch aus der Berechnung der Rhodier bei 
^^iyb 21, 22, 14 f. , soviel man auch davon als rhetorische Uebertreibung 
'"^'ehen mag, geht hervor, dass der Umfang des pergamenischen Reiches 
^** 189 v. Chr. nur klein gewesen sein kanu. 



— 48 — 

Von dieser Zeit an hielt Ätcalos sein Aagemnerk yiel^ 
mehr nach dem Westen als nach dem innern Asien gerichtet. Mit 
wechselndem Glücke bekämpfte er auf griechischem Boden den* 
Konig Philippos von Makedonien, nnd hierbei vei-einigt-en sich 
seine Interessen zum ei-sten Male mit denen von Born. Die 
freundschaftliche Gesinnung, die er gegen den mächtigen 
Mittelmeei-staat seither hegte, konnte Attalos zuei-st im Jahre 
205 bethätigen. Es war ein merkwürdiger, ganz unpolitischer ^) 
Anlass. Die Sibyllinischen Bücher hatten den Römern endgil- 
tigen Sieg im punischeu Kriege verheissen, wenn die „Magna 
Mater Idaea" von Pessinns nach Rom transpoitieit würde. 
Das delphische ()rakel wies die fünf bevollmächtigten römi- 
schen Gesandten an Attalos : mit dessen Unterstützung würde» 
sie erreichen, was sie wünschten. Sie führen also mit ihren 
tünf Penteren nach der pergamenischen Küste, wm'den vom. 
Könige freundlich aufgenommen und von ihm selbst nach 
Phrygien geleitet, wo sie das steinenie Idol samt den zu- 
gehörigen verschnittenen Priesteni ausgeliefert erhielten.^ 
Augenscheinlich reichte damals die Machtsphäre des Attalos 
im Osten mindestens bis nach Pessinns; also gehörte ihm. 
jetzt notwendigerweise auch die dazwischenliegende Land- 
schaft, die vermutlich von ihm ..das hinzuerworbene Phrygien** 
((pp'jyiii iTzr/zr^TO::) benannt worden ist. Der Vertrag, wodui'ch 

') Denn die SvnibMlik. die DieN, -Sibvllinische Blätter*^, S. 101 f. darin 
zu erkennen i]jlaubt. wonach mit der Translation des heiligen Steines ^^(T 
Talisman Kleinasiens an Kom übersroiranueu** wäre. 'würde nur dann zutreffen, 
wenn den Kleinasiaten dadurch wirklich etwas wäre weggenommen worden, 
und wenn sich nachweisen liesse, dass die Kömer schon damals eine plan- 
mässjo-e Welterobcrunü: im Sinne «rehabt hätten. Aber einerseits bestand in Pes- 
sinns der Kult der «rrossen Mutter nach wie vor ruhijr weiter — ob der steinerne 
Fetisch noch in einem zweiten Exemplar vertreten war, das nicht ausgeliefert 
wurde, bleibe dahinirestellt — , andrerseits waren die Römer nach Mommsen 
Köm, (fesch. P 723 damals noch «fest entschlossen, sich um die asiatischen 
Angelegenheiten nicht anders als im äussersten Notfall zu bekümmern un^ 
den Kreis der römischen flacht mit . . . dem Hellespont zu begrenzen." (MaJi 
vergleiche z. B. den Bescheid des Senates Liv. 82, 8. 13\ 

'') Liv. 2i», 10 f. : Diod. 31, 33, 2 Dind.; vgl. Liv. 36, 36, 3. Nach Varro 
de liuir. Lat. 6, L5 hat das Idol wohl unterwegs im Meffalesion vor der Stadt 
Pergamou Halt gemacht. Poetische Ausschmückung bei Ovid. fast. 4, 247 ^' 



— 49 — 

Prusias I. von Bithynien dieses Gebiet an Attalos abgetreten 
hat,^) fällt wahi'scheinlich gerade in das Jahr 205. Zwei Jahre 
früher war ein Krieg zwischen Prusias und Attalos aus- 
gebrochen,^) der u. a. zu einem Zusammenstosse bei Bo6g xc- 
ipaXai geführt hatte. •'^) Ueber den Ausgang dieses Kiieges ist 
nichts überliefert, aber aus dem Bestand des pergamenischen 
Reiches im Jahre 205 ist zu schliessen, dass er für Attalos 
günstig gewesen ist.*) In den allgemeinen Frieden dieses Jahi*es 
wui'de auch Prusias eingeschlossen,^) und damals dürfte jene 
aofjißaacg getroffen worden sein, durch die Attalos in den Be- 
sitz von . Phrygia iruxzrjzoq, gelangte. Von den Galatern ver- 
lautet bei Gelegenheit jener Translation der pessinuntischen 
Göttermutter gar nichts. Das weist vielleicht darauf hin, dass 
sie in der Stadt Pessinus nicht zu gebieten hatten ; vielleicht 
auch, dass sie mit Attalos zu jener Zeit in einem Verhältnis 
gegenseitiger Duldung standen. Dagegen wird die Einwohner- 
und Priesterschaft von Pessinus gerade deshalb mit so grosser 
Bereitwilligkeit auf die Auslieferung ihrer Göttermutter ein- 
gegangen sein, um an Attalos und nötigenfalls an Rom einen 
Rückhalt gegen die Galater zu bekommen.^) Diese Hoffnung 
hat sich, wie wii* sehen werden, ausgiebig bewährt. 



i 



IV. Land und Volk der Galater um 200 v. Chr. 

Wir sind in unserer Betrachtung zum erstenmal auf den 
Boden des eigentlichen Galatiens gelangt. Es wird sich lohnen. 
Her in der fortlaufenden Erzählung etwas anzuhalten und zu 
versuchen, uns ein Bild zu machen von den Zuständen, die 



Vgl. oben S. 46. 
2) Liv. 28, 7, 10. 

^ Eratosthenes im 7. Buche der Fakazc/Xi^ bei Steph. Byz. s. v. Bodi 
'^^^(iku. Vgl. dazu Meier, „Pergamenisches Reich," S. 361 uuten. 
*) Pedroli S. 33; vgl. auch Droysen III 2, 275. 
^) Liv. 29, 12, 14. 
«) Vgl. van Gelder S. 214 f. 

Stnhelin, Galater. -V 



— 50 — 

damals in Galatien herrschten. Die beste Quelle, die uns da 
für zu Gebote steht, ist der Bericht eines Teilnehmers am Feld- 
zuge des Cu. Manlius Vulso gegen die Galater (189 v. Chr.), 
der bei Polyb B. 21 (und danach bei Livius B. 38) vorliegt. 
In diesem Berichte erhalten wii- zum erstenmal eingehende 
und authentische Kunde über Land und Volk der Galater, 
und zwar aus der Feder eines scharfen und in keiner Weise 
voreingenommenen Beobachters. ^) 

Das Land am mittleren Sangarios und Halys, das nach 
seinen späteren Bewohnern den Namen Galatien erhielt,^) war 
ursprünglich ein Teil von Grossphrygien.^) Wer vor dem Ein- 
brüche der Kelten der faktische Beherrscher dieses Gebietes 
gewesen ist, wissen wii' nicht. Nach der Schlacht bei Ipsos 
(301), als das Reich des Antigonos verteilt wui'de, war Gross- 
phrygien in den Besitz des Seleukos gekommen.*) Nominell 
war es auch den Seleukiden verblieben bis auf Seleukos 
Kallinikos, der das Land ebenso nominell als Mitgift seiner 
Schwester dem Mithrades IV. von Pontos abti'at, als er diesen 
von der Partei seines Bruders Hierax auf die seinige herüber- 
zuziehen sich bemühte.^) Faktisch wii*d Grossphrygien unter 
einzelnen kleinen Lokalherrschern gestanden haben®), ein Zu- 
stand, der auch z. B. in Paphlagonien herrschte. Dieses Fehlen 
jeder grösseren politischen Macht wird in einem Augenblick 
der Schwäche des Seleukidenreiches das Findlingen der Kelten 

^) ])a8H der Bericht von einem Augenzeugen herrührt, hat Mommsen 
Köm. Forsch. II 539 ff. gezeigt, indem er zugleich die Vermutung begründet, 
<la88 Polyb selbst als junger Mann diesen Feldzug mitgemacht habe und ilm 
aus eigener Anschauung schildere (vgl. besonders Pol. 21, 38 = Plut. mal 
virt. 22, Moralia JI 237 ed. Bernardakis). Gegen letztere Vermutung erhebt 
Widerspruch Nissen, Krit. Untersuchungen S. 205 Anm. 

^) Für uns begegnet dieser Name in Kleinasien zuerst bei Polyb. 

•^) Strab. 2, p. 130 init. und 12, p. 571. 

^) App. Syr. 55. 

5) Justin 38, 5, 3. 

®) Nach Strab. 12, p. 567 gegen Ende scheint es, dass vor der Ankunft 
der Galater die Priester von Pessinus eine gewisse politische Bedeutung g^ 
habt haben (o: (T kps^g t6 TzaXacov jukn dövdazae rcvH r^aav), — 
wenn Strabo hier nicht die Rolle im Auge hat, die diese Priester später nnte'^ 
dem pergamenischen Protektorat spielten. 



— 51 — 

ermöglicht haben. ^) Die Barbaren nahmen nur das offene Land 
in Besitz ; dagegen haben sie in den ersten 1 50 Jahren ihres 
kleinasiatischen Aufenthalts feste Städte weder bewohnt noch 
erobert. Zwar lagen mehrere grosse Städte in ihrem Gebiet, 
aber sie entstammten alle einer Zeit, die weit vor der Ein- 
Wanderung der Kelten zurückliegt. Die hervorragendsten wa- 
ren die altberühmten Phrygerstädte Pessinus, Gordieion 
und Ankyra.^) Pessinus war besonders wichtig als Stätte 
des orgiastischen Kybelekultes ; Gordieion war durch seine Lage 
an der Kreuzung dreierStrasseif eine bedeutende Handelsstadt.^) 
Auch noch kleinere Städte sind uns bezeugt.*) In dieses Gebiet 
teilten sich nun die drei galatischen Stämme (populi), und 



^) Angaben über den Hergang der Erwerbung Galatiens durch die Galater : 
Livius 38, 16, 13 (aus Polyb): „sedem autem ipsi sibi circa Halyn flumen 
cepere"; Memnon c. 19, 5 : oozoe de Tzokkijv iTveXdovveg yi^coftav ao&eg 
ävej^ojprjaav ^ xal r^g atpzdeiarjg aorotg dTreri/tioiiTO zr^v vbv 
Fakaziav xakootiivr^v^ diese beiden am einleuchtendsten. — Strab. 12, 
p. 566; Justin 25,2, 11; Paus. 1, 8, 2 weniger. — Moderne Vermutungen: 
Ed. Meyer, „Gesch. d. Kgr. Pontes« (1879), S. 48 f. ; Köhler, Histor. Ztschr. 47 
^882), S.9; Kopp, Rh. M. 40, 123 f.; van Gelder S. 112 ff.; Pedroii S. 20. 
— Solange uns nicht reicheres Material vorliegt, ist es verlorene Mühe, den 
Zeitpunkt und Anlass genauer fixieren zu wollen, bei dem die Kelten nach 
Galatien gekommen sind. Es kann ein sehr allmählicher Prozess gewesen 
^in, aber auch ebensowohl ein plötzlicher Sturm: wir wissen es nicht. 

^ Pessinus: Diod. 3, 59, 8; Strab. 12, p. 567. — Gordieion (oder Gordion; 
vgl, Tieion. neben Tion, Tios): Xen. hell. 1, 4, 1 ; Arr. anab. 1, 29, 3. 5; 2, 3, 1. 
— Ankyra: An*, anab. 2, 4, 1; Curt. 3, 1. Da sonach bereits Alexander diese 
Stadt berührt hat, ist es eine Fabel, dass die Galater nach ihrem Siege über 
Ptolemaios Philadelphos zum Andenken an die erbeuteten Anker Ankyra 
gegründet haben sollen (Steph. Byz. s. v. ^^Ayxvpa^ vgl. oben S. 14 Anm. 1). 
Andere Gründungssage bei Paus. 1, 4, 5. 

^) Liv. 38, 18, 11 f: vgl. A. Körte, Göttingische gelehrte Anzeigen 1897, 
S- 396 f. In späterer Zeit nimmt Ankyra diese Holle ein : vgl. G. Hirsch- 
feld, P-W 1 2221 f. Dass Ankyra aber erst in der Kaiserzeit eine bedeutende 
Stadt geworden sei, folgt aus der Bezeichnung (fpoopeav bei Strab. 12, p. 567 
^icht. Denn bereits Livius 38, 24, 1 (nach Polyb!) nennt sie „nobilem in 
^lÜs locis urbem.'* 

*) Dahin gehört z. B. Oroanda (ungewisser Lage) , dessen Bewohner 
Sich durch ihr Benehmen im Manliuskriege als zur phrygischen Urbevölkerung 
Galatiens gehörend erweisen. (Liv. 38, 18, 2; c. 19, 1). Nicht zu verwechseln 
^t dem gleichnamigen Orte an der pisidisch-isaurischen Grenze. 



— 52 — 

zwar in folgender Weise. Im Westen,^) um Pessinus, sasse» 
(lie Tolistoagier,^) in derem Gebiete auch Gordieion lag; 
in der Mitte, um Ankyra,^) wohnten die Tektosagen; am 
östlichen Ende . auf dem rechten (und vielleicht auch zum Teil 
auf dem linken)*) Ufer des Halys, sassen die Trokmer.^} 

*) Ihre Südgrenze war ^Abbassiam*^, unweit vom Alandrosflns^s (Liv. 38, 
15, 15\ Die Lage ist leider auch nicht sicher bestimmt. S. Kiepert, Formafr 
orbis antiqui, tab. I\, Text S. 8 mit Anm. 108. 

^) In authenischen Denkmälern aus hellenistischer Zeit begegnet nur 
die Form ToActTTodyc oc i^Pergamon: Fränkel Nr. 23 und 24) oder ToX(h 
(TTOCiYcoc (Lampsakos: Ditt. syll. 200, 48) und zwar jedesmal als adjekti- 
visches Attribut zu Fa/dizac (^dieser Gebrauch auch bei Polyb 21, 37, 2 
beobachtete Ich fühle mich berechtigt, den Narben durchweg in der alten 
Form wiederzugeben, auch wo in den handschriftlichen Quellen jetzt von 
^Tolistobogiern'* die ßede ist. Bei Polyb wird wohl die ältere Form zu 
restituieren sein; eine Spur von ihr findet sich vielleicht noch in der Lesart 
fTZOM(7zoAoxcoci^ des Monacensis N Polyb 21, 37, 2 (zuerst wurde a zu / 
verschrieben, dann suchte sich ein Bvzantiner diese Form durch Einschieben 
eines o zu erklären ?"), ferner in der Corruptel (s. S. 67 Anm. 2) „Tectos- 
agis" an der entsprechenden Stelle bei Liv. 38, 18, 3 (die vielleicht auf ein 
Autoschediasma des Livius für das ihm unverständliche ^^TokcavoaxiotQ^ 
in seiner Vorlage zurückzuführen ist). Seit der Kaiserzeit (inschriftlich 
CICi 4085) begegnet die spätere Form ToXcazo ßcuf eoc , Tokoffzo-^ 
'ßoyiO! {üid diese drei Formen lassen sich alle die z.T. recht verderbten 
Schreibungen in den Handschriften zurückführen). Man würde versucht sein, 
darin eine unberechtigte Annäherung an den Namen der Boier zu sehen 
— die Analogie der Tektosagen, die als Volcae Tectosages ja wirklich in 
Gallien (Strab. 4, p. 187) und Germanien (Caesar bell. Gall. 6, 24, 2) vor- 
kommen, lag nahe genug — , wenn nicht das Element -bogio- in keltischen 
Namen reichlich ebenso sicher und häufig bezeugt wäre wie -agio- (vgl. 
Holder, Altceltischer Sprachschatz I S. 59. 462); überdies wird der Name 
der Boier nie mit g geschrieben. Es ist also wohl am wahrscheinlichsten, 
dass von Anfang an die beiden Formen nebeneinander bestanden haben^ 
vielleicht für verschiedene Clans desselben grösseren Stammes, von denen 
früher der eine, später der andere das Uebergewicht hatte. 

^) Die Westgreuze der Tektosagen kann nicht weit von Ankyra ge- 
legen haben, denn nach Liv. 38, 24, 1 gelangte Manlius vom Tolistoagierberg 
Olympos in 3 Tagesmärschen nach Ankyra. 

•*) Letzteres verficht G. Hirschfeld, Berliner S. B. 1883, S. 1243 ff. Da- 
gegen Kiepert und Ramsay (s. Holm IV 130, Anm. 4). Es kommt alles auf 
die streitige Lage des späteren Trokmerkastells Tauion an. 

^) Diese durch den polybianischen Bericht bei Liv. 38 bestätigte An* 
Ordnung wird richtig angegeben von Strab. 12, p. 567 und Plin. n. h. 5, 3!i 



— 53 — 

in der Spitze jedes dieser drei Völker stand ein „regulus" 
►der ßamÄSfk,'^) Ob dieses Königtum ein erbliches war oder 
licht, ist nicht sicher. Ausserdem gab es aber in allen drei 
Stämmen noch andere „reguli", die im Namen ihres Stammes 
landein konnten, über deren Stellung wir aber im übrigen 
lichts wissen.^) Vielleicht sind sie der Adel, aus dem später 
iie Tetrarchen geworden sind. Es bestand nämlich in späterer 
?;eit, doch vor Strabo, der unser Gewährsmann dafür ist,^) 
3ine Einteilung jedes der drei Stämme in vier Tetrarchien. 
Jede Tetrarchie hatte einen eigenen Tetrarchen an der Spitze, 
iem ein Richter und ein (JzpazoifoAa^^ sowie zwei D-oavpa- 
rtxfoAaxsg unterstellt waren; alle 12 Tetrarchien*) besassen 
3inen gemeinsamen Rat von 300 Männern, der sich im sog. 
dpvueaezov^) versammelte und den Blutbann ausübte. Stam- 
ineskönige gab es damals nicht mehr. Die spätere Verfassung 
Gralatiens ist also gegenüber dem früheren Zustand entschie- 
len decentralisiert. Der Anlass zu dieser Neuerung ist uns 
v^ielleicht noch bekannt. Es wird uns nämlich überliefert,®) 

^42), 146, ganz verkehrt dagegen bei Memnon c. 19 fin. Aetiologisclie Be- 
merkungen über die drei Stammesnamen bei Strab. 12, p. 566 (ganz ähnlich 
bei Steph. Byz. s. v. ^jl'jfxupctj nur hier auf die Namen der späteren Haupt- 
städte gedeutet; eine ganz thörichte Aetiologie des Namens Pessinus findet 
sich endlich bei Job. Lydos de magistratibus 3, 74 Fuss, 269 Bekker, an- 
geblich aus Sisenna und Fenestella). 
') Liv. 38, 19, 2. 

2) Liv. 38, 18, 1 ; Pol. 21, 39 — Liv. 38, 25. Pol. a. a. 0. §. 4 : oi -pcZ- 
Tot ävdpsg. 

3) Strab. 12, p. 567. 

'*) Bei Strab. a. a. 0. ist wohl eher zu lesen ^ os rcuv cß' TSTpap- 
^iiSjv ßo\)h] als TtTpapy^iov, 

^) Nach Thurneysen (bei Holder a. a. 0. 1 1331) ist dieser Name zu- 
sammengesetzt aus der keltischen verstärkenden Vorsilbe dru- und dem Worte 
Demeton „Heiligtum", das aus zahlreichen Ortsnamen besonders Galliens 
l>ekannt ist. Die Bedeutung wäre also etwa „Erzheiligtum." Ueber die 
^^age des Ap^viuerov hat Perrot, „de Galatia provincia Romana" (Diss. 
^aris 1867) S. 19 und in Perrot, Guillaume und Delbet's „Exploration 
archeologique de la Galatie et de la Bithynie" etc. (Par. 1872) 1 182 eine 
Hypothese aufgestellt, die mit einer andern Etymologie (dem =^ Eiche) steht 
^nd fällt. 

«) Polyb 22, 21. 



— 54 — 

rtass Ortiagon, den wir im Jahre 189 noch als Stammeskönif 
der Tolistoagier treffen, später nach der HeiTschaft über alle 
Galater gestrebt habe. Als Gesamtkönig der Galater fiihrte 
er einen unglücklichen Krieg gegen Eumenes II. von Perga- 
mon, der allem Anscheine nach mit der Unterwerfung der 
Galater unter das pergamenische Reich geendigt hat.*) Man 
darf vielleicht annehmen, dass die künstliche politische Ein- 
teilung in Tetrarchien, die wir später tieffen, ursprangM 
eine Verwaltungsmassregel der pergamenischen Heri'schaft^) 
gewesen ist, die sich dann auch nach dem Zusammenbruche 
dieser HeiTschaft erhalten hätte. Sie wird sich wohl an eine 
ältere natürliche Einteilung der galatischen Stämme in klei- 
nere Unterabteilungen, sagen wir Gaue oder allenfalls Clans, 
angeschlossen haben. AVenn uns noch eine Reihe anderer 
Namen neben denen der drei Hauptstämme angeführt werden, 
so dürften das Bezeichnungen eben dieser Gaue (Clans) bezw. 
Tetrarchien gewesen sein.^) In noch späterer Zeit trat dann 
freilich wieder fortschreitende Centralisation ein.*) Es gab 
wieder Stammesfürsten, auf die der Name der Tetrarchen. 



Vgl. unten S. 78. 

2) Als Muster dürften die vom Eroberer Philipp von Makedonien 
(Demosthenes 9, 26) unter Benützung einer weit älteren Institution (Euripides^ 
Alkestis 1154, vgl. Harpokration s. v. TeTpapj^ia) eingerichteten Tetrarchien 
Thessaliens gedient haben. Dass die Tetrarchien ein vorzugsweise make- 
donisches und von den Makedonen in Asien verbreitetes Institut sind, weist 
nach Zwintscher „De Galatarum tetrarchiis et Amynta rege quaestiones'' 
(Diss. Leipzig 1892), 8. 1 ff., wo auch die ältere Litteratur angeführt ist. 

3) Plin. n. h. 5, 32 {i2\ 14G nennt neben den „Tolistobogi" die Votnri 
und Anibitouti, neben den Tektosagen die Teutobodiaci. (Wenn er weiter 
sagt „])opuli vero ac tetrarchiae onines numero CXCV", so ist diese Zahl 
sicher korrupt). Dagegen wird ToauoTZcZv zezpdpXTf]^ bei Plut. mul. virt.23- 
(^Moralia ed. Bernardakis II 238, 2) eine Korruptel für TohaToßwftcov sein. 
— Eine andere Möglichkeit wäre die, dass die von Plinius aufgeführten Namen 
kleinere Völkerschaften bezeichneten, die in einem Klientelverhältnis z^ 
den Hauptstämmen standen und mit der Zeit ganz in ihnen aufgingen^ 
Solche Klientelverhältnisse sind z. B. für Gallien bezeugt (Caesar bell. Gall. 5^ 
39, 1 ; 7, 75, 2\ 

*) Strab. a. a. 0. : xitff r^fiäi de sig zpslg^ elz eeg 86o r^yenovC^f 
elza scg eva fjxei' 7^ duvaazüa. 



— 55 — 

überging. So war z. B. der bekannte Deiotaros von Hause 
aus Tetrarch der Tolistoagier; vom römischen Senat mit 
dem Königreich Kleinarmenien beschenkt, riss er auch das 
übrige Galatien widerrechtlich an sich, bis dass Cäsar auf 
die Klagen der übrigen Tetrarchen ihm wenigstens die Te- 
trai'chie der Trokmer wieder abnahm.^) Sein zweiter Nach- 
folger Amyntas erhielt dann von Antonius ein Königreich, 
das ausser Galatien noch beträchtliche Gebiete der im Süden 
anstossenden Länder umfasste. Nach Amyntas' Tode (25 v. 
Chr.) ist das so vergrösserte Galatien zur römischen Provinz 
erklärt worden. 

In diesem Lande hatten die Galater all die Beute auf- 
gehäuft, die sie im Lauf der Zeit von den Bewohnern Klein- 
asiens erpresst hatten.^) Aber ihi* Reichtum wurde ihnen 
einstweilen noch keine Quelle der Verweichlichung. Ihi- Cha- 
rakter war nach wie vor höchst wild und kiiegerisch.^) Für 
die übrigen Bewohner Kleinasiens bildeten sie einen bestän- 
digen Schrecken,*) nicht zum wenigsten durch ihre echt kel- 
tische Sitte, die Kriegsgefangenen zu Menschenopfern zu ver- 
wenden.^) Im Kriege suchten sie wie ihre europäischen 
Stammesgenossen stets durch den ersten Anlauf die Schlacht 
zu gewinnen, besonders gern durch einen Reiterangiiff.^) Auf 
einen längeren Fernkampf mit AVurfgeschossen verstanden sie 
sich nicht ; '^) war ihr Speer verschossen, so blieb ihnen nichts 



*) Cic. de div. 2, 37, 79. Ueber Mithradates von Pergamon, dem Caesar 
<lie Tetrarchie der Trokmer zusprach, vgl. G. Hirschfeld, Hermes 14, 474 f. 
D?r Name seiner Mutter, der Trokmerin Adobogiona, ist gut keltisch. Er 
findet sich in der Schreibung Adbugiouna auch auf einer Inschrift aus Pettau 
(Arch.-epigr. Mitteilungen aus Oesterreich 1892, S. 125). 

^ Liv. 38, 27, 7. 

*) Liv. 37, 8, 4: „bellicosiores ea tempestate erant, Gallicos adhuc nondum 
^'xoleta stirpe gentis servantes animos" ; vgl. 38, 12, 4. 

*) Polyb 3, 3, 5; 21, 43, 1 f.; Liv. 38, 47, 12. 

*) Liv. a. a. 0.; Diod. 31, 13 (Dindorf). Dass die Sitte allgemein keltisch 
^ar, beweisen Stellen wie Cicero pro Fonteio 14, 31; Caesar bell. Gall. 6, 16; 
I^iod.5,31, 3; c. 32, 6 (Vogel). 

•) Liv. 38, 18, 5; c. 20, 3. 

') Liv.38, 19, 6; c. 21, 6. 



— 56 — 

mehr als ihr Schwert zum Nahkampfe. ^) Ihi'e Aufstellung 
zur Verteidigung war dichtgedrängt; daraus erw^uchs ihnen 
schwerer Nachteil, da sie höchst mangelhafte Schutzwaffen 
hatten und daher nur um so sicherer getroffen wurden. Sie 
pflegten nämlich in der Schlacht ihre Kleider abzuwerfen und 
nackt zu kämpfen ; ^) ihren einzigen Schutz bildete ein langer 
platter Schild, der aber zu schmal war, um den Körper ge- 
nügend decken zu können.^) — Da die Galater keine Städte, 
sondern nur Dörfer bewohnten,*) so bargen sie, wenn der 
Feind ins Land kam, ihre Weiber und Kinder und ihie Fahr- 
habe auf dem Gipfel eines Berges, und zwar besass jeder 
Stamm einen eigenen hohen Schlupfwinkel dieser Art.^) Dort 
oben errichteten sie ein mit AVällen und Gräben umzogenes 
festes Lager. ^) — Ihre Beschäftigung wird, solange sie nicht 
gerade auf Beutezügen waren, in Viehzucht und Ackerbau 
bestanden haben; wenigstens in späterer Zeit ist das nach- 
weislich der Fall gewesen."^) Die Stammeskönige besassen 
Sklaven.^) Um das Bild vollständig zu machen, müsste hier 
eigentlich noch ein Wort über die sonstige Kultur, namentlich 
über die Religion und die Sprache ^) der Galater eingeschaltet 
werden. Man möchte insbesondere gern wissen, wie weit die 
Galater etwa damals schon Mischehen mit der einheimischen 



') Liv. 38, 21, 5. Nach Polyb 2, 30, 8; e. 33, 3. 5; id. 3, 114, 3; Liv.22, 
46, 5 hatte das keltische Schwert keine Spitze und eignete sich daher nur 
zum Hiebe, nicht zum Stich. Vergleiche aber den sich erstechenden Gallier 
in der Villa Ludovisi. 

^) Liv. 38, 21, 9: „Candida corpora, ut quae numquam nisi in pugna 
nudentur;** c. 26, 7. Vergl. ihre Stammesgenossen in den Schlachten bei 
Telamon (Polyb 2, 30, 2 f.) und bei Cannae (Polyb 3, 114, 4 == Liv. 22, 46, 6\ 

3) Liv. 38, 21, 4. Vgl. die Gallier bei Telamon: Pol. 2, 30, 3. Nach 
Paus. 10, 19, 4 glichen die von den Aitolern erbeuteten und in Delphi auf- 
gehängten gallischen düpsoc stark den persischen ysppa. 

^) Liv. 38, 18, 15. Vgl. die cisalpinischen Gallier (Polyb 2, 17, 9). 

^) Polyb 21, 37, 9 -- Liv. 38, 18, 15 ; Liv. 38, 19, 1 ff. ; c. 26. 

«) Liv. 38, 19, 5. 

Cic. pro Deiotaro 9, 27. 

8) Liv. 38, 24, 6. 

^) Strab. 12, p. 567 versichert, dass die drei Stämme ouoJ'/.cdttoi tc^ 
xaz a/2o oodev i^rjAMiYjievoc waren. 



— 57 — 

Bevölkerung geschlossen haben. Aber für die frühe Zeit, in 
'der wir uns hier bewegen, fehlt es beinahe gänzlich an Kunde 
über diese Dinge.*) 

^) Es sei für die Kultur der Galater überhaupt verwiesen auf Momiuseu 
IRöm. Gesch. I® 690 und besonders V^ 311 ff. Einiges Material auch bei van 
Felder S. 179 — 202. Wenig von Belang ergeben die Freilassungsur- 
knnden von Delphi (bei Wescher et Foueart, „inscriptions reeueillies 
« Delphes", Paris 1863; vervollständigt durch Baunack in Collitz „Samm- 
lung der griechischen Dialekt-Inschriften", II Nr. 1684—2342). Von den zehn 
galatischen Sklaven, die dort vorkommen (es handelt sich um W-F Nr. 144. 
189. 195. 213. 216. 221. 306. 429. GDI II 2154), führt nur einer einen un- 
griechischen Namen, MaecpaTü^ (W-F 189). Die meisten von ihnen werden 
zwischen 170 und 157/6 v.Chr. freigelassen; nur zwei, Eutychos (W-F 306^ 
und Sosias, ein TS)[^£CTag (TxvTeug (W-F A2d) zwischen ca. 150 und 140; 
der letztere hat in Anbetracht seiner Handfertitjkeit den unt^ewöhnlich hohen 
Wert von 10 Minen. Die einzige vorkommende PakctZKrcfa endlich, eine 
x^lfvlreg namens 'Aßr^vacc^j wird mit ihrem Sohne Apollodoros erst zwi- 
schen 140 und 100 V. Chr. freigelassen (GDI II 2154). Aus den griechischen 
Namen darf man keine Schlüsse auf die Kultur der Galater ziehen, da die 
Sklaven gewöhnlich von den Besitzern benannt wurden. Auch darf man 
nicht vergessen, dass die in Delphi freigelassenen Galater ebensogut z. B. aus 
Thrakien stammen konnten als aus Kleinasien. — Es muss an dieser Stelle 
ein Irrtum richtig gestellt werden, der sich in Ernst Curtius' Besprechung 
der delphischen Freilassungsurkunden (Nachrichten von der Ges. der Wiss. 
zu Göttingen 1864, S. 178; danach Dittenberger, Sylloge, Nr. 462 Anm. 5) 
eingeschlichen hat. Es ist nämlich unrichtig, dass auf diesen Inschriften 
unter den barbarischen Sklaven die Galater am allerzahlreichsten vertreten 
seien. Vielmehr stehen den 10 Galatern 33 Fälle gegenüber, wo Syrer befreit 
werden (W-F 21. 23. 52. 53. 70. 73. 78. 152. 160. 176. 192. 228. 240. 280. 
337. 354. 426. 430; GDI K 2137. 2155. 2175. 2183. 2181. 2203. 2209. 2230. 
2251. 2258. 2275. 2276. 2293. 2295. 2315); in 28 Fällen sind es Thraker 
lW.P29. 46. 50. 54. 68. 151. 159. 161. 167. 174. 182. 184. 230. 237. 238. 
261.341. 344. 371. 382. 387. .397; GDI II 2119. 2134. 2175. 2186. 2205. 
-263). Erst an dritter Stelle kommen die Galater. Da beide genannten 
"tthlikationen der Indices ermangeln, ist es vielleicht angebracht, hier auch 
diejenigen barbarischen Nationalitäten aufzuführen, die in ihnen weniger zahl- 
^^ich als die Galater vertreten sind. In 8 Fällen sind es Makedonen (W-F 55. 
207. 215. ^60. 275. 417; GDI II 2165. 2279), in fünfen Sarmaten i^W-F 59. 
'^•IS. 445; GDI II 2142. 2274). in je vieren Illyrerinuen (W-F 145. 189. 349. 
^Öl), Kappadoken (W-F 131. 134. 186; GcJ)lU2US) und Armenier (W-F 
-12. 246. 250. 273); je dreimal kommen Phryger (W-F 45. 257; GDI II 2289) 
^Qd Araber vor (W-F 149. 227; GDI II 2174); in je 2 Fällen Bastarner 
^^^-P89; GDIII2196), Maioten (AV-F 327 ; GDin2163), Juden (W-F 57. 



— 58 — 

Noch in den 190er Jahren hatten die Bewohner Klein- 
asiens unter dem ungezügelten Sinne der Galater zu leiden, 
ja vielleicht damals wieder mehr als je seit deren Niederlage 
an den Kaikosquellen. Die Politik der pergamenischen Könige 
war zu dieser Zeit fast ausschliesslich nach dem Westen ge- 
richtet; der „ rcdazovixrjg'^ Attalos I. starb im Jahre 197 in 
hohem Alter an einem Schlagflusse, der ihn in Theben be- 
troffen hatte mitten während einer Rede, in der er den boio- 
tischen Bund für seine und die römische Partei gegen Philip- 
i)os von Makedonien gewinnen wollte. Ihm folgte sein ältester 
Sohn EumenesII., dessen erste Regierungsjahre ebenfalls 
fast gänzlich mit griechischer Politik ausgefüllt sind. Da ist 
es nur begreiflich, dass die Galater wieder ihre alte Beschäf- 
tigung aufnahmen und weit über ihre Grenzen hinaus auf 
Raub und Beute auszogen.^) Wir sind zufällig über zwei 
solcher Züge aus dieser Zeit unterrichtet. Im Jahre 196 be- 
gab sich eine Gesandtschaft von drei L am ps akenern über 
Griechenland und Italien nach der befreundeten Stadt Massalia 
und erhielt von dem dortigen Adelsrat der Sechshundert einen 
Empfehlungsbrief ,.7:p6g rov dijtfov zwv TokoazoayUov rakavcov^. 
Massaliotische Gesandte begleiteten sodann die drei Lampsa- 
kener nach Rom und legten ein gutes ^Wort für sie beim 
Senat ein. Die Lampsakener baten den Senat um Schutz fiii* 
den Frieden und für die Demokratie und Autonomie ihrer 
Stadt, legten ihm auch ihr Anliegen r.cpl zcov rakazdv vor 
und erwirkten die Aufnahme in den eben damals mit Philip- 



364), Aegyter (W-r47; GDI II 2190), Lyder (W-F 286. 326), Römerinnen 
(W-F320, GDI II 2116), Bcozai (GDI II 2151. 2212). Nur je einmal be- 
gegnen endlich : ein Epeirot (^W-F 236), eine i| Smpx^cav (W-F 373), eine 
Elymaierin (W-F 132), eine Perrhaiberin (W-F 191), eine Dardanerin (GDI 
II 2194), ein Bithyner (W-F 241), einer aus Pioniai (W-F 362), ein sonstiger 
Myser (W-F 400), ein Paphlagone (W-F 31), eine Tibaranerin (W-F 229), 
eine Kolcherin (GDI II 2218), eine aus Apameia (W-F 164), ein Sidonier 
(W-F 62), eine Phoinikerin (W-F 324), eine sonstige 'Aacar&vrfi (W-F 74), 
ein Paphier (GDI II 2250), ein sonstiger Kyprier (W- F 84) , ein Libyer 
(GDI II 2175), ein Samnite (W-F 335), ein iJukaner (W-F 377), eine Bret- 
tierin (W-F 380), eine Messapierin (W-F 378), ein Italer überhaupt (W-F l^V 
1) Vgl. Liv. 38, 16, 14 f. 



— 59 — 

30S von Makedonien abgeschlossenen Friedensveii;rag. Für 
üles XJebrige verwies der Senat die lampsakenischen Ge- 
sandten an den Proconsul T. Quinctius Flamininus und die 
zehn zu ihm nach Griechenland geschickten Kommissäre. Der 
Proconsul gewährte ihnen denn auch eine Audienz in Korinth 
und gab ihnen Briefe „an die Könige" mit, worunter wohl 
vor Allen Eumenes von Pergamon und Prusias I. von Bithy- 
uien zu verstehen sind.*) Wir sehen also Lampsakos, eine 
hellespontische Stadt, in Bedrängnis durch die Tolistoagier t 
Welcher Art die Bedrängnis war, wissen wir nicht (Mommsen 
denkt an einfache Zinsbarkeit): aber die Thatsache an sich, 
dass die Macht der Galater sich damals bis an den Helle- 
spont erstreckte % zeigt uns, wie ungeschwächt ihre Kraft 
immer noch wai% und wie ohnmächtig dem Anscheine nach 
die Kulturstaaten Kleinasiens, Pergamon und Bithynien, in 
jenem Augenblicke gewesen sein müssen. Wie reimt sich 
das mit den Zuständen, die wir aus anderen Gründen für 
diese Zeit vorauszusetzen haben? Im Jahre 205 haben wir 
Attalos I. seinen Einfluss bis nach Pessinus, also mitten ins 
Galaterland hinein ausüben sehen. Wenige Jahre nach 196 
heisst es, die Galater hätten bis auf verschwindende Aus- 
nahmen die „Freundschaft" mit Eumenes aufgegeben, als sie 
mit dem Syrerkönig Antiochos III. gegen Rom kämpften.^) 
Also hat, soweit wir sehen, bis zum römisch-syrischen Krieg 
ein friedliches Verhältnis zwischen Pergamon und den Ga- 
latern bestanden, dessen Grund vermutlich immer noch in 
den Schlägen lag, welche die Angriffe auf Pergamon den 
Barbai*en eingetragen hatten. Es erscheint also kaum als 
möglich, dass die Galater zu dieser Zeit das Reich des Eu- 

^) Wir kennen diesen Handel aus dem leider nur fragmentarisch er- 
haltenen Ehrendekret des Demos von Lampsakos für Hegesias, einen der 
drei Gesandten (Ditt. syll. 200; zuerst veröffentlicht von Lolling MAI 6, 96 ff., 
mit Nachträgen z. T. von Mommsen ebendas. S. 212 ff. Vgl. Mommsen Rom. 
Oesch. I» 724 Anm. und 742 Anm.). 

^) Dass es sich um blosse galatische Landsknechte etwa in bithynischen 
Diensten handle, ist deswegen unwahrscheinlich, weil die Massalioten ihren 
Brief an den 87j fiog der Tolistoagier richten. 

2) Vgl. unten S. 65 Anm. 2. 



— 60 — 

menes durchzogen haben, und es bleibt der einzige Ausweg, 
dass sie überhaupt nicht vom Lande her, sondern auf Schiffen 
und zur See die hellespontischen Küstenstädte erreicht haben. 
In dieser Vermutung kommt uns nun die Ueberlieferung 
über den zweiten bekannten Galaterzug aus dem ei'sten 
Jahrzehnt des 2. Jhdts. zu Hilfe. Der Auszug des Pholios 
aus Menmon, c. 28, berichtet uns, dass die Galater vor 
dem Uebergang der Römer nach Asien, also vor dem Jahre 
190,^) Lust zur Seeräubei-ei gehabt hätten 2) und, um in 
den Besitz eines guten Hafens zu gelangen, sich zunächst 
der Stadt Herakleia am Pontos hätten bemächtigen wollen. 
Sie hätten das nicht für schwierig gehalten, da Herakleia 
bereits viel von seiner alten Macht eingebüsst habe, besonders 
an Prusias I. von Bith3mien. Daher seien sie mit ihrer 
gesamten Streitmacht gegen die Stadt gezogen; diese ihrer- 
seits habe so viel Bundesgenossen als in der Eile möglich 
7,\i ihrem Schutze geladen. Die Herakleoten besassen aber 
bereits ihre Erfahrungen über die Kriegführung der Galater^); 
sie wussteu, dass dieses wilde Volk mehr mit Leidenschaft 
4ils mit dem nötigen Apparat zu Felde zu ziehen pflegte.*) So 
ging es auch in diesem Falle; auf eine regelrechte Belage- 
rung verstanden sich die Galater noch immer nicht. Nachdem 
sie geraume Zeit vor der Stadt gelegen hatten, gingen ihnen 
die Vorräte aus, und sie mussten sich zur Fourrage in der 
Umgegend zerstreuen. Das benützten die Herakleoten zu 
einem unvermuteten Ausfall; sie gewannen das Lager der 
Galater und machten einen grossen Teil der Verstreuten 
nieder oder zu Gefangenen. Nicht ein Drittel des feindlichen 
Heeres sei nach Galatien heimgekehrt, meldet der herakleo- 
tische Chronist. In diesem Berichte wird den Galatern also 
ein Gelüste nach der Tzecpa 7^> duÄdaar^g beigelegt. Wer 



^) Dass es nach dem Zusammeuhange bei Memnou nicht lange vo^ 
190 geschehen sein kann, hat van Gelder S. 215 f. wahrscheinlich gemaeb^- 

^) Kodov syovTS^ zzcpav kaßelv ziß da/Aa(7rj<i, 

3) Vgl. oben's. 21ff. 

'*) dunw ydp xal od zapacrxevfj zfj deou(T7j FaMrr^g ävr^p r^^^ 
TZoAspov ocaifspeev aide. 



— 61 — 

verbüi'gt uns, dass was hier bei Herakleia misslang, nicht au> 
einem anderen Punkte besseren Erfolg hatte?*) Zumal in 
Paphlagonien war keine Macht, die ein Ausgreifen der Ga- 
later bis an das Meer hätte verhindern können.^) Ein Land- 
strich im westlichen Paphlagonien war, wie uns ausdrücklich 
bezeugt wird, noch in späterer Zeit -q rae^iazopcfüg, benannt ;. 
der Besitzer, von dem dieser Name stammt, ist gewiss kein 
anderer als ein galatischer Häuptling Gaizatorix, den wir im 
Jahre 181 antreffen werden.^) 

Solange also nicht das Gegenteil bewiesen ist, düifen 
wii' vermuten, dass wenigstens ein Teil der Galater sich zu 
Beginne des 2. Jhdts. auf die Piraterie im Schwai^zen Meere 
verlegt hat, und dass sie nur auf diesem Wege an den 
Hellespont gelangt sind. Vielleicht wird damit ^ngch eine 
andere Nachricht erst ins lachte Licht gerückt. Auf einer 
Inschiift von Olbia,*) die aus paläographischen Gründen 

^) Darf man aus der Bezeichnung ol oTzhp zov IldvTOV Fa/Azac 
bei Memnon schliessen, dass der zu Grunde liegende ausführlichere Text in 
dieser Hinsicht genauere Angaben bot? 

^) Das pontische Keich, das einst seine Herrschaft über Paphlagonien 
bis Amastris ausgedehnt hatte (s. oben S. 14 Anm. 1), scheint diese Erwer- 
bungen in der Folge wieder eingebüsst zu haben, wohl in den Wirren nach 
dem Tode des Ariobarzanes (s. oben S. 22 f.). Erst Pharnakes (190 ff.) be- 
ginnt wieder Eroberungen in Paphlagonien zu machen (Sinope : Strab. 12, 
p.545; Polyb 23, 9, 2 f. === Liv. 40, 2, 6 ; Tios: vgl. unten S. 82). 

3) Strab. 12, p. 562. Vgl. unten S. 81. Die überlieferte Form Fe^a- 
'opcyog ist nach Polyb 24, 8, 6 zu ändern in Fac^azopcfOi. Der Name 
bedeutet „Herr der Gaesaten" d. i. der mit der keltischen Wurflanze „gaesum" 
Bewaffneten. (Holder, Altcelt. Sprachschatz, s. v.). Unger, Philologus 55 
(1896) S. 251 f. bestreitet, dass Gaizatorix bei Strabo und bei Polyb dieselbe 
i^erson bezeichnen könne. Denn „von Herrschern hergenommene Gebiets- 
bezeichnungen erhalten sich, wie die Erfahrung lehrt (vgl. Mauretania Bogu- 
tiana, Syria Antiochia, regnum Cottii) nach dem Tode derselben gewöhnlich 
öicht länger als ein paar Generationen; in unserem Falle müssten es zwei 
ganze Jahrhunderte gewesen sein". Wenn solch allgemeine Erwägungen 
Oberhaupt Beweiskraft haben, so kann mit Berufung auf Media Atropatene 
oder Lotharingia leicht auch das Gegenteil bewiesen werden. 

*) Es ist das bekannte lange Psephisma zu Ehren des Protogenes, 
Vorüber grundlegend gehandelt hat W. A. Schmidt im Rhein. Museum 4 (1836), 
^- 357 ff. 571 ff. Jetzt Dittenberger, Sylloge Nr. 248, und nach einer neuen 



— 62 — 

in das 2. Jhdt. v. Chr. zu setzen ist,^) wird berichtet, das» 
diese an der Nordspitze des Pontos gelegene Griechenstadt 
in schwerer Bedrängnis gewesen sei durch die Galater und 
die Skiren, die einen Bund ((Tüfifiaxia) miteinander geschlossen 
hätten; sogar die umwohnenden Völker (Thisamaten, Sky- 
then und Saudai^aten werden genannt) seien voll Angst vor 
der Grausamkeit (iöfKizTjg) der Galater und suchten sich 
der Stadt Olbia zu bemächtigen, nui* um hinter Gräben 
und Mauern geborgen zu sein! Man hat unter den hier ge- 
nannten Galatern ohne zwingende Gilinde bisher entweder 
Bastarner oder illyrische Kelten (Skordisker) erkennen wollen, 
oder endlich versprengte Reste aus dem tylitanischen Gallier- 
ieiche,2) das gegen den Ausgang des dritten Jahrhunderts 
der Vei^ichtung anheimgefallen ist.^) Sollten es am Ende 
weder die einen noch die anderen, wohl aber einfach die 
von uns vermuteten galatischen Piraten aus Kleinasien*) 
gewesen sein? Ob Olbia vom Lande oder von der See 
her durch die Galater bedroht worden ist, geht aus der 
Inschrift nicht deutlich hervor. Aber anderwärts zeigen sich 
keltische Stämme mit der Technik des Seewesens so wohl 
vertraut,^) dass man ihnen auch hier weite Fahrten über das 



Abschrift Latyschev, „Inscriptiones antiquae orae septentrionaÜB Ponti Eaxifli 
Graecae et Latinae" I (Petropoli 1885), Nr. 16. — Die hier in Betracht 
fallende Stelle findet sich auf Zeile 102 bis 108. 

*) Nach einer gütigen Mitteilung des Herrn Prof. Ulrich Köhler. 

2) S. oben S. 7. 

*) Bastarner: Zeuss „Die Deutschen und ihre Nachbarstämme" S.61 
128; Müllenhoff, „Deutsche Altertumskunde" II 111. — Skordisker: Boeckh 
CIG2058; Dittenberger a.a.O. — Tylitaner: W.A.Schmidt a.a.O. 

*) ^y. A. Schmidt a. a. 0. S. 592 hat die kleinasiatischen Galater für 
ausgeschlossen erklärt, aber dabei die Möglichkeit der Piraterie gar nicht in 
Betracht gezogen, sondern nur die einer teilweisen Rückwanderung nft^^ 
Europa allerdings mit Recht verneint. 

^) Vgl. Caesar bell. Gall. 3, 8 ff. Vor Caesar hatte der Suessionenkönig 
Divitiacus ein grosses Reich beherrscht, das weite Strecken Galliens und 
auch Britannien umfasste. (Caesar bell. Gall. 2, 4, 7; vgl. die Bronze* 
münzen des Divitiacus, Revue numismatique 1854, S. 85 ff.). Auch die kelt^' 
sehen Stämme auf der Pyrenäenhalbinsel können, da sie von Gallien dnrcQ 



— 63 — 

Äeer zutrauen darf. — Unter unserer Voraussetzung erklärt 
sich wohl auch am ehesten die verblüffende Erscheinung, dass 
die bedi'ängten Lampsakener sich von Massalia her Füi-sprache 
an die Adresse der Barbaren erholen konnten. Die daraus 
zvi ei-schliessenden Beziehungen der Massalioten zu den Toli- 
stoagiern Kleinasiens wären kaum denkbar, wenn die letzteren 
mit dem Meere längst keinen Zusammenhang mehi* gehabt 
hätten. Denn dass die Galater ihre Freundschaft mit Mas- 
salia aus ihrer Urheimat mitgebracht haben sollten, ist schwer- 
lich anzunehmen.^) Sei dem nun aber wie ihm wolle: That- 
sache ist es, dass die Galater am Anfange des 2. Jahrhunderts 
nach alter Gewohnheit wieder Städte und Länder Kleinasiens 
plünderten oder brandschatzten. Da erschien den Asianern ein 
fietter in Rom. 



y. Der Feldzug des Cn. Manlius Vulso und die Unter- 
werfung der Galater unter das pergamenische Reich. 

Zui' Intervention in Kleinasien wurden die Römer, die 
ursprünglich an ein Uebergreifen über den Hellespont nicht 
gedacht hatten,^) veranlasst duixh die Haltung des syrischen 
Königs Antiochos III. (des Grossen). Dieser thatendur- 
stige Fürst hatte im Jahre 197 durch geheimen Vertrag alle 
bisher ägyptischen Besitzungen im Südwesten Kleinasiens und 
iu Thrakien abgetreten erhalten^) und suchte nun ganz Klein- 
^ien durch Gewalt oder Lockung von sich abhängig zu 
machen; ja er setzte sogar — von den Aitolern gerufen und 
von Hannibal, dem alten Erbfeinde Roms dazu angetrieben — 
iiach Griechenland über. Nachdem die Eömer durch glück- 



<*ie Iberer durchausgetrennt sind, wohl nur zur See in ihre nachmaligen Wohn- 
sitze gelangt sein, — Im allgemeinen vgl. Mommsen Rom, Gesch. HP 230 f. 

^) Trotz des Erklärungsversuchs von Lolling a. a. 0. S, 101, 

2) Vgl. oben S. 48 Anm. 1. 

') Mommsen Rom. Gesch. P723f.; Holm IV 471; Pedroli S. 39. 



— 64 — 

liehe Waffenthaten den Syrerkönig aus Europa wieder hinaus- 
geworfen hatten, folgten sie ihm auf dem Fusse nach Klein- 
asien und besiegten ihn entscheidend in der gi-ossen Schlacht 
bei Magnesia am Sipylos (Spätherbst oder Winter 190). Da- 
durch verlor Antiochos ganz Kleinasien bis zum Tauim 
lieber das ihm abgenommene Gebiet verfügten die Eömer 
nach langen Unterhandlungen schliesslich so, dass sie den 
grössten Teil dem König Eumenes II. von Pergamon, der 
ihnen im Kriege treue Dienste geleistet, zusprachen : nämlich 
den thrakischen Chersonnes mit Lysimacheia samt dem übrigen 
früher ägyptischen, dann syrischen Besitz in Thrakien, femer 
das hellespontische Phrygien,^) Grossphrygien, Mysien (das 
schon früher dem Eumenes gehört hatte, dann aber ihm durch 
Prusias von Bithynien, wohl im Verlaufe des römisch-S3aischen 
Krieges,^) war entrissen worden), Lykaonien, Milyas, den 
orössten Teil von Lydien und lonien, Teile von Kaiien, 
allem Anscheine nach auch Pamphylien,^) und von den Städten 
alle, die einst seinem Vater Attalos Tribut gezahlt, oder die 
auf Seiten des Antiochos gegen die Eömer gekämpft hatten. 
So gelangte Eumenes zu einer bescheidenen Grossmacht von 
Roms Gnaden. Was im südwestlichen Kleinasien noch übrig 
blieb, wurde grösstenteils den Ehodiern zuerkannt. Die Eeiche 
Bithynien, Kappadokien und Pontes blieben unangetastet. 

Schon bevor dies aber endgiltig festgesetzt wurde, trat 
eine andere wichtige A^eränderung in den kleinasiatischen 
Verhältnissen ein. Als der Consul des Jahres 189, Cn. Man- 
lius Vulso, bald nach der Schlacht von Magnesia*) iß 



*) Darunter kann nicht ^p'jyia i7:exTrjTog verstanden sein (vgl. S.48f.) 
sondern wohl eher die Landschaft um Kyzikos. 

^) Pedroli „II regno di Pergamo" S. 47. 

3) Ders. S. 46, Anm. 3. 

**) Der Amtsantritt der Konsuln geschah damals am 15. März; dJ^ 
Schlacht von Magnesia aber fand nach damaligem römischen Kalender 
etwa im April 189 statt. (Nach Polyb 21, 13,10—14; Liv. 37, 33, 7 war 
vorher das Salierfest, das bekanntlich in den März fällt). Der römische 
Kalender ging dem wirklichen yulianischen) zu jener Zeit um 119 T»g^ 
voraus, denn die Sonnenfinsternis vom 14. März 190 fiel nach römischeöi 
Kalender auf den 11. Juli (Liv. 37, 4, 4). 



— 65 — 

Kleinasien anlangte und das siegreiche Heer von seinem Vor- 
gänger L. Scipio Asiaticus übernaliin, da führte er es nicht 
aas den Winterquartieren nach Hause, sondern behielt es 
unter Waffen, denn — so wird angegeben — „es fehlte nicht 
an Grund zu einem Kriege gegen die Galater."^) Den nächst- 
liegenden Anlass bot die Thatsache, dass die Galater auf 
Antiochos' Seite am Kriege teilgenommen hatten. Bevor der 
Grosskönig in Kleinasien eingriff, müssen die Galater in einem 
(vielleicht halb erzwungenen) Freundschaftsverhältnisse zu Eu- 
menes von Pergamon gestanden haben.^) Antiochos aber be- 
wog sie durch Geschenke und Drohungen, dieses Verhältnis auf- 
zugeben und in seinem Gefolge sich am Kriege zu beteiligen.^) 
Nur ein einziger ihrer „reguli", Eposognatos, war damals 
dem Eumenes treu geblieben und hatte sich geweigert, dem 
Syrerkönig Hilfstruppen zu stellen.'*) Die übrigen alle schick- 
ten Söldnerkontingente. Durch 4000 Mann von diesen Hess An- 
tiochos das pergamenische Gebiet verwüsten ^) ; in der Schlacht 
bei Magnesia standen 3000 Galater zu Fuss und 2500 zu 
Pferde im syrischen Heere. ^) Doch würde all das kaum ge- 
nügt haben, um Manlius zum Feldzuge gegen die Galater zu 
bewegen. Schwerer mochten ihm wiegen die inständigen 
Klagen und Bitten der Kleinasiaten, die jetzt endlich hoffen 
konnten, von der alten galatischen Landplage befreit zu werden ; 
ganz besonders aber das Interesse, das der Eömerfreund 
Eumenes von Pergamon an einer energischen Züchtigung der 
Barbaren haben musste, seitdem sie sich mit seinem Feinde 
zusammengethan und in dessen Auftrage sein Land verheert 
liatten."^) 



') Liv.37, 60, 2; vgl. c.51, 10. 

^ Liv. 38, 18, 1: „Eposognatum . . . , qui unus ex regulis in Eumenis 
JQanserat amicitia". 

^) Liv.37, 8, 4; App. Syr. 6: ig auauay^iav irajzzo, 

^) S. Anm. 2. 

=^) Liv. 37, 18, 7. 

«) Liv. 37, 38, 3; c. 40, 5. 10. 13 (vgl. App. Syr. 32). 

') Vgl. Liv. 38, 12, 3 f. 6 („cuius interesset frangi Gallorum opes"); 
'crner die auf S. 55 Anm. 4 angeführten Stellen. 

Stffihelin, Galater. 5 



— 66 — 

Im Anfang des Frühjahres 189 brach Manlius von Epheso: 
auf. Bald gesellten sich ihm Attalos und Athenaios bei 
die Brüder des pergamenischen Königs, der augenblicklich 
in Rom weilte. Sie verstärkten das Heer des Consuls um 
2000 Mann zu Fuss und 800 Reiter. Manlius zog zuerst in 
südöstlicher Richtung bis nach Pamphylien und nahm vöd 
allen Seiten die Unterwerfung der Städte und Dynasten ent- 
gegen; wer sich nicht gutwillig fügte, dessen Gebiet wurde 
unnachsichtig verwüstet oder mit Kontribution belegt, auch 
dann und wann ein fester Punkt im Sturme genommen.^) 
Manlius musste sich später von seinen Gegnern im Senat 
vorhalten lassen, dieser Zug nach Pamphylien sei für ihn 
höchst belastend: er habe den mit Antiochos geschlossenen 
Präliminarfrieden auf alle AVeise zu brechen gesucht, aber 
Antiochos habe diese Absicht gemerkt und sei ihm daher 
beharrlich ausgewichen; nur widerwillig und auf die Wai- 
nungen der „carmina Sibyllae" hin habe Manlius es vermieden, 
den Taui'os zu überschreiten, und habe sein Lager immerhin 
noch hart genug an der Grenze aufgestellt. 2) Mag in diesen 
Vorwürfen auch einige Berechtigung liegen, mag man keinen 
genügenden Anlass zu der auffallenden Marschroute des Man- 
lius anerkennen : jedenfalls ist der Friede mit Antiochos 
thatsächlich nicht gestört worden ; andrerseits ist den mit 
Rom befreundeten Staaten, Pergamon und Rhodos, ohne 
Zweifel dadurch viel Mühe erspart worden, dass Manlius ihie 
neuen Unterthanen gleich von vorneherein müi'be machte. 



') Liv.38, 12— 15; Polyb 21,33—36. 

^) Liv. 38, 45. Der Angriff kann übrigens unmöglich im Einzelnen lO^^ 
der Begründung vorgebracht worden sein, die Livius ihm (nach annalistisch^ 
Tradition) giebt. Denn diese Begründung verrät bedenkliche Gedächtai- 
schwäche des Verfassers: der Redner ist einer der zehn Legati de pace, uf 
thut doch 80, als wären er und seine neun Collegen von Anfang an be^ 
Feldzuge des Manlius zugegen gewesen (§ 1. 3), schon bevor derselbe geg"^ 
die Galater selbst sich richtete (§ 4). Nun sind aber in Wirklichkeit (J 
Zehnmänner erst im Frühjahr 188 in Kleinasien eingetroffen (Polyb ^ 
44, 6 = Liv. 38, 37, 11) und Augenzeugen erst seines zweiten Zuges na^ 
Pamphylien geworden, der ein Jahr später als der Galaterkrieg fällt (Pol^ 
21, 44 = Liv. 38, 37, 8—11). Vergl. Nissen, Krit. Untersuchungen S. 212. 



— 67 — 

Von Pamphylien zog der Consul, die bisherige Ai-t der Kriegs- 
führung fortsetzend, direkt nach Norden; sein Ziel war nun 
offenkundig Galatien. Bei Abbassium (irgendwo nordöstlich von 
Synnada) erreichte er die Grenze der Tolistoagier.^) Zunächst 
wurden Gesandte an Eposognatos geschickt, den einzigen 
galatischen Kleinkönig, der dem Eumenes treu geblieben war. 
Dui'ch ihn hoffte Manlius, mit den Uebrigen Verhandlungen 
anknüpfen zu können. Eposognatos bat, mit einem Angriff 
auf die Tolistoagier ^) abzuwarten, bis er sie zui* Ergebung 
bewogen haben würde. Trotzdem rückte Manlius in Galatien 
ein. Anfangs stiess er nicht auf Widerstand ; erst als er sein 
Lager bei Cuballum aufschlug, kam es zu einer Plänkelei 
zwischen römischen und galatischen Reiteni. Von da an wurde 
der Weitermarsch mit grosser Vorsicht ausgefühi't und die 
Stellung des Feindes so gut als möglich ausgekundschaftet, 
üeber den Sangarios wurde eine Brücke geschlagen und das 
Heer hinübergesetzt. Als Manlius auf dem linken Ufer weiter- 
hin östlich an Pessinus vorbei zog, kam ihm eine merkwür- 
dige Prozession entgegen: ein Trupp Priester samt ihren 
Idolen und mit glänzenden Zierraten an der Brust. Es waren 
sogenannte rdXkoc,^) Priester der Göttermutter zu Pessinus, 



1) Liv.38, 15. 

2) Polyb 21, 37, 2. An der entsprechenden Stelle Liv. 38, 18, 3 sind 
stattdessen die Tektosagen genannt: das ist sicher eine Corraptel, da Manilas 
ja an der Grenze der Tolistoagier stand, und da (nach Polyb 21, 37, 8 f., 
verglichen mit Livius 38, 19, 1) die Staramesgenossen des Eposognatos nicht 
Tektosagen, sondern Tolistoagier waren. Einen Versuch, die Entstehung der 
€orraptel zu erklären, s. oben S. 52 Anm. 2. 

^) Mommsen, Rom. Gesch. P869, indentifiziert den Namen ^galli" mit 
<iem der Galater und behauptet, diese Priester seien wirklich Kelten gewesen. 
Die antike Tradition leitet dagegen einstimmig den Namen vom Flusse Gallos 
Hb (z. B. Plin. n. h. 5, 32, 147); ob mit Recht, kann hier nicht untersucht 
Verden. Ausgeschlossen wird die Mommsen'sche Ableitung durch den Um- 
fitand, dass bereits Arkesilaos von Pitane (Laert. Diog. 4, 43), ferner höchst 
^wahrscheinlich auch Kallimachos den Namen für die phrygischen Castraten- 
priester gebraucht haben, letzterer in den galliambischen Versen 

ydXlac /nTjrpog op.cCTjg (fUodopaoc dpofiddeg^ 
ah evrea naraydrac xac j[dhsa xpozaXa 



— 68 — 

die von ihren Oberen, Attis und Battakes/) waren 
gesandt worden, um im Namen der Göttin den Römern in 
verzückten Sprüchen Sieg und Macht zu verkünden.^) Das 
entsprach ganz der bisherigen Haltung dieser Priestei^chaft, 
die schon früher Anstrengungen gemacht hatte, sich mit Per- 
gamon und Rom auf guten Fuss zu stellen.^) Der Consul 
nahm ihre Huldigung freundschaftlich an. Am folgenden Tage 
erreichte er Gordieion und fand diese Stadt verlassen von 
ihren Bewohnern, aber voll von Beute. Hieher kam nun der 
endgiltige Bericht des Eposognatos : seine Mission war gänz- 
lich misslungen; die Tolistoagier, mit denen er verhandelt 
hatte, wollten von gütlichem Vergleiche nichts wissen, son- 
dern hätten Weiber, Kinder und Besitz auf dem Berge 
Olympos versammelt und seien daselbst bereit zui' Schlacht. 
Bald darauf trafen Boten aus der Stadt Oroanda*) ein, die 
sich den Römern freiwillig unterworfen hatte ^), mit dem Be- 
richte, dass ebenso die Tektosagen einen Berg, den Magaba, 
besetzt hätten, und dass der di'itte Stamm, die Trokmer, seine 
Weiber und Kinder bei den Tektosagen untergebracht habe 



{\g\. V. Wilamowitz, Hermes 14, 194 ff.). Es müsste denn — was allem sons^ 
Bekannten widerspricht — eine so rapide Verquickung des keltischen ii>^^ 
dem phrygischen Elemente eingetreten sein, dass schon in der ersten Häi^'^^ 
des S.Jahrhunderts gerade eine der hervorstechendsten Erscheinungen ci*' 
letzteren ihren Namen vom ersteren entlehnt hätte! Auch in Sestos begegm- ^ 
im Jahre 190 fdUoc (Liv. 37, 9, 9, vgl. Polyb 21, 6, 7). Alles spricht dafi 
dass der Name der ycLAkoc eine eiuheimisch-kleinasiatische oder höchst« 
eine griechische Bezeichnung gewesen ist; das griechische Aequivalent 
lateinischen Volks namens „Galli" heisst aber durchaus ra?ATac. Df 

endlich die Fd/Aoe nicht Kelten gewesen sind, dafür spricht am dei 

liebsten die unverholene Freude, die sie wie fast alle nichtkeltischen Bewohi*^^ 
Kleinasiens über den Einmarsch der Römer bezeugt haben. 

^) Diese beiden Namen scheinen von den pessinuntischen Priestern stände- 
geführt worden zu sein. Attis wird uns noch fernerhin begegnen; Battak 
hiess auch jener Priester aus Pessinus, der während des Cimbemkrieges 
Rom auftrat i^Diod. 36, 13 Dind; Plut. Marius 171 

«^ Polyb 21, 37, 4—7; Liv. 38, 18, 9. 

^) Vgl S. 49. 

*^ Vgl. S. 51 Anm. 4. 

^) Liv. 38, 18, 2. 



— 69 — 

und den Tolistoagiern bewaffnet zu Hilfe ziehe. ^) Stammes- 
iönige waren damals: bei den Tolistoagiern 2) Ortiagon, 
bei den zwei anderen Völkerschaften Combo ioraarus^) und 
Gaulotus.*) Manlius nahm zuerst den ihm zunächst gelegenen 
Berg Olympos^) in Angriff, auf dessen Gipfel sich der Stamm 
<ier Tolisto agier verschanzt hatte. Trotz der ungünstigen 
Terrainverhältnisse gelang es dem Consul, die Oberhand zu 
gewinnen, und zwar dadurch, dass er die schwächste Seite 
der Galater klug benützte, ihre Unerfahrenheit im Fernkampf. 
Durch ein ununterbrochenes Beschiessen mit Lanzen, Pfeilen, 
•Schleudersteinen und aus Wurfmaschinen brachte er die 
Gegner völlig in Verwirrung, drängte sie von allen drei zu- 
gänglichen Seiten des Berges in das Lager und gewann auch 
dieses bald durch fortgesetzte Beschiessung. Er verbot das 
Lager zu plündern und ging sofort zur Verfolgung über, die 
denn auch von der am Fusse des Berges zurückgelassenen 
Eeiterei mit aller Gründlichkeit ausgeführt wurde. ^) Die Zahl 
•der gefallenen Galater ist nicht bekannt; die der Gefangenen, 
'worunter sich natürlich viele Frauen und Kinder befanden, 
betrug rund 40,000. '^) Die letzteren wurden sofort in die 
-Sklaverei verkauft, nur die Anführer mit ihren Familien flir 
den Triumph aufgespart.^) Einem Teile der Tolistoagier war 
€s allerdings gelungen, auf der Flucht vom Olympos das 
nackte Leben zu retten, so z. B. ihrem Stammeskönig Ortia- 
-gon.^) Die erbeuteten Waffen liess Manlius, so weit es ging, 

') Liv. 38, 19, 1 f. 

«) Das geht hervor aus Polyb 21, 38-^ Liv. 38, 24 (bes. § 9). 

^) So schreibt man seit Glück „Die bei Caesar vorkomineuden keltischen 
^"amen in ihrer Echtheit festgestellt und erläutert" (München 1857), S. 22. 

4) Liv. 38, 19, 2. 

*) lieber seine Lage wissen wir nichts genaueres, als dass er nicht 
allzuweit von Gordieion (Liv. 38, 18 — 20) und 3 Tagesmärsche von Ankyra 
'(I-iv. 38, 24, 1) entfernt lag. Ein Versehen ist es natürlich, wenn App. Syr. 42 
'^ier den mjsischen Olymp hereinzieht. 

ö) Liv. 38, 20-23. 

^) App. Syr. 42; Liv. 38, 23, 8 f. ; vgl. Nissen, Krit. Untersuchungen, 
^. 204. ' 

8) Liv. 38, 24, 2 ; 39,7,2. 

8) Liv. 38, 24, 9. 



— 70 — 

verbrennen, die übrige Beute verkaufte er oder verteilte sie 
an die Soldaten. Ganz besonders hatte sich in der Schlacht 
der pergamenische Prinz Attalos ausgezeichnet.^) 

So war der erste der drei Stämme gedemütigt : die Eeihe 
kam nun an die Tekto sagen. In drei Tagesmärschen war 
die in ihrem Gebiete liegende Stadt Änkyi'a eiTeicht. Hier 
ereignete sich ein Vorfall, den Polybios aus persönlichem Inter- 
esse ausführlich mitgeteilt hat. Unter den wenigen Gefange- 
nen, die mitgeführt wui^den, befand sich auch Chiomara, die 
Gemahlin des Ortiagon. Das schöne Weib war einem römischen 
Centurio zur Bewachung übergeben worden ; der aber, ebenso 
lüstern wie geldgierig, vergriff sich an ihr und gab ihr das 
Versprechen, sie gegen Bezahlung von einem Talent Lösegeld 
insgeheim freizulassen. Sie ging scheinbar darauf ein; aber 
als er sie an den vorher bestimmten Ort fuhi*te, gab sie den 
zwei Volksgenossen, die zum Zweck ihrer Auslösung ge- 
kommen waren, in galatischer Sprache den Befehl, ihren 
Beleidiger umzubringen. Seinen Kopf überbrachte sie selber, 
im Bausch ihres Gewandes versteckt, ihrem Gatten. Sie wurde 
ob dieser tapferen und stolzen That allgemein bewundert und 
lebte in hohen Ehren aus. Polybios hat sie zu irgend einer Zeit 
in Sardes gesehen und mit ihr gesprochen.^) 

Der Berg Magaba, auf dem die Tektosagen ihie An- 
gehörigen und ihren beweglichen Besitz untergebracht hatten, 
lag etwas mehi* als 15 km östlich von Ankyi-a.^) Dorthin 
hatte auch die dritte Völkerschaft, die der Trokmer, Weib 
und Kind transportieit. Die Waffenfähigen dieses Stammes 
hatten ursprünglich die Absicht, den Tolistoagiern zu Hilfe 
zu ziehen,*) müssen dann aber aus irgend einem Grunde, 
vielleicht weil Manlius ihnen zuvorkam, diesen Plan aufge- 



') Liv. 38, 23, 11. 

') Polyb 21, 38 = Plut. mal. virt. 22 (Moralia ed. Bern ardakis H 237)^ 
Liv. 38, 24. Vgl. Nissen, Krit. Untersuchungen, S. 205; Mommsen, Rom. 
Forsch. II 542 f. Van Gelder S. 258 vermutet, Chiomara sei nach dem Kriege 
des Eumenes gegen Ortiagon (s. unten S. 78) in Sardes interniert worden. 

^) Liv. 38, 24, 1. 

*) Vgl. S. 69 Anm. 1. 



— 71 — 

geben haben und vereinigten sich mit dem Heere der Tekto- 
sagen.^) Hilfs trappen hatten nach dem Magaba ausserdem 
zwei Fürsten gesandt, die in einer erfolgi'eichen Unterstützung 
der Galater das letzte Mittel sahen, wodui'ch der drohenden 
römischen Oberherrschaft noch vorgebeugt werden konnte : 
Ariarathes IV. von Kappadokien und Morzios, König 
zu Gangra im südlichen Paphlagouien.^) Als Manlius von 
Ankyi-a zum Angriff aufbrechen wollte, kamen ihm feind- 
liche Parlamentäre entgegen mit der Bitte, er möchte sich 
am folgenden Tage ohne Truppen an einen gleich weit von 
beiden Lagern entfernten Punkt begeben, um mit ihren Kö- 
nigen Unterhandlungen zu pflegen. Manlius nahm aber, da er 
Grund zum Miss trauen hatte, Tags darauf eine Bedeckung 
Yon 500 Reitern mit : es kamen jedoch keine Galater. Auf 
wiederholte Bitte schickte er seinen Bundesgenossen Attalos 
mit 300 Reitern aus; die Parlamentäre stellten sich denn 
auch ein, sagten aber für den nächsten Tag das Erscheinen ihrer 
Könige nui* zu füi* den Fall, dass Manlius selbst sich einfinde 
Der Grund dieser absichtlichen Verzögerung lag im Bestreben 
der Galater, noch so viel als möglich von ihren Angehörigen 
öüd ihrer Habe über den Halys in Sicherheit zu bringen. 



') Liv. 38, 26, 3. 

2) Liv. 38, 26, 4. Unrichtig behauptet Ed. Meyer (Gesch. des Kgr. Pontos, 
S. 71; und Art. „Kappadokien" bei Ersch und Gruber, Sect. II, 32. Teil, 1882, 
^- 386), Ariarathes IV. habe am Magaba den Römern gegen die Galater Zuzug 
re leistet. Bei Livius steht gerade das Gegenteil. Der kappadokische König 
^ar damals noch Parteigänger der Gegner Roms; er hatte auch den An- 
*ocho8 unterstützt und zum Lohn dafür dessen Tochter Antiochis zur Frau 
^tommen (App. Syr. 5; Diod. 31, 19, 7 Dindf.). Erst nach dem endgiltigen 
•iege der römischen Waffen in Kleinasien schloss er sich wohl oder übel 
^r Freundschaft Roms an (Polyb 21, 43, 4). — Ueber Morzios vgl. auch 
'trab. 12, p. 562 ; Polyb 25, 2, 9. Da er in Gangra residierte, reichte sein 
«■^biet schwerlich bis an das Meer. Es ist daher nicht denkbar, dass er 
en Galatern zu ihrem Angriff auf Herakleia (8. 60) Schiffe zur Verfügung 
teilte (wie van Gelder S. 216 meint), umsoweniger als jener Angriff deutlich 
'om Lande aus erfolgt ist und eben eine Verbindung mit dem Meere an 
Uesem Punkte erst eröffnen sollte. Als Curiosum sei erwähnt, dass Contzen 
^-246 als Verbündete der Galater „4000; Kappadoker und Morzer" nennt. 
X.iv. „Ariarathis Cappadoces et Morzi auxiliares".) 



— 72 — 

bevor es zum Zusammenstoss kam. Dass sie aber noch einen 
weiteren Hintergedanken hatten, bewies der folgende Tag, 
den Attalos für die endgiltigen Unterhandlungen festgesetzt 
hatte. Als der Consul nämlich mit seiner Leibwache von 500 
Reitern an den verabredeten Ort zwischen den beiden Lageni 
ritt, sah er sich plötzlich von einer doppelt so gi^ossen An- 
zahl galatischer Reiter aus einem Hinterhalt überfallen und : 
musste sich in anfangs noch geordneter, dann aber über- 
stürzter Flucht zurückziehen, wobei seine Truppe bedeutende 
Verluste erlitt. Zu seinem Glücke waren zußlllig gerade die 
römischen Fourrageure in der Nähe; die 600 Reiter, die zu 
ihrem Schutze aufgestellt waren, merkten die Bedrängnis des 
Consuls, eilten ihm zu Hilfe und führten eine vollständige 
Wendung herbei. Beim ersten Stoss wurden die Galater zu- 
rückgewoifen ; von allen Seiten strömten die Fourrageure 
herzu und machten ihnen das Entkommen so schwer, dass 
fast alle erschlagen wurden. Nun war die Tücke der Galater 
an den Tag gekommen; auf Schonung hatten sie nicht meto 
zu rechnen: der Consul, gegen dessen Leben sich ihi* Plan 
gelichtet hatte, traf unerbittlich die Vorbereitungen zum An- 
griff und rückte an den Fuss des Magaba vor.^) Die Feinde 
hatten in der Mitte die tektosagischen und trokmischen Kern- 
truppen, 50,000 Mann stark, aufgestellt; ihren rechten Flügel 
bildete die Reiterei, 10,000 Mann, die aber wegen des fel- 
sigen Terrains abgesessen waren; am linken Flügel standen 
die 4000 Mann kappadokischer und paphlagonischer Hilfs- 
völker. Der Verlauf der Schlacht war ganz derselbe wie anv 
Olymp : dem Regen römischer Geschosse vermochten die Ga^ 
later hier so wenig als dort Stand zu halten. Je dichter ihr^ 
Aufstellung war, desto mehr wui-den ihrer getroffen. Sobalc5 
Manlius dann mit den Legionen auf drei Seiten des Berget 
zum Angriff überging, wandten die Feinde sich zur Flucht -- 
Das Centruin des römischen Heeres bemächtigte sich sofort:^ 
des gallischen Lagers und gab sich der Plünderung hin ; die^ 
beiden Flügel machten sich auf die Verfolgung. Doch gelang 

1) Pulyb 21,39; Liv.38, 25. 



— 73 — 

es nur noch 8000 Menschen zu töten; die übrigen entkamen 
über den Halys. Die im Lager gewonnene Beute war unge- 
heuer : es war der ganze reiche Ertrag der seit vielen Jahren 
von den Galatern in Kleinasien ausgeführten Raubzüge.^) 

Manlius hatte den ganzen Sommer auf den Galaterkrieg 
verwenden müssen. Er beeilte sich nun, sein siegreiches Heer 
aus den hochgelegenen und darum herbstlicher Kälte schon 
recht ausgesetzten Gegenden des inneren Kleinasiens zurück 
in die Winterquartiere nach Ephesos zu führen (Winter 189/8). 
Den Galatern, die sich nach ihrer Flucht alle an einem Orte 
gesammelt hatten und grösstenteils ganz wehr- und hilflos 
wai'en, wurde die Weisung gegeben, sie sollten ihre Bevoll- 
mächtigten zum Abschlüsse eines Friedens nach Ephesos 
schicken. Manlius war damals unstreitig der gefeiertste Mann 
in ganz Kleinasien : aus fast allen Städten und Völkerschaften 
diesseits vom Tauros langten im Laufe des Winters Gesandte 
bei ihm an, die ihm Ehrendekrete und Kränze überbrachten. 
Denn sie alle „waren über nichts so sehr erfreut als darüber, 
dass sie nun endlich von der beständigen Furcht vor den 
Barbaren und von ihrem Frevelmut und ihrer Zügellosigkeit 
erlöst waren" 2); das war ihnen weit wichtiger als die Be- 
freiung von den Steuern und Garnisonen, die ihnen Antiochos 
auferlegt hatte. Auch die galatischeu Bevollmächtigten fanden 
sich ein, wie ihnen war aufgetragen worden, aber Manlius 
liess sie warten, bis Eumenes von Rom zurückgekehrt war. 
Dem König Ariarathes von Kappadokien wurden 600 Talente 
Kriegskosten auferlegt, zur Strafe für die Unterstützung, die 
er zuerst dem Syrerkönige, dann den Galatern geleistet hatte. ^) 
Doch wurde ihm später, auf Fürbitte des Eumenes, der in- 
zwischen seine Tochter Stratonike geheiratet hatte ^), die 
Hälfte davon erlassen. Im Frühling 188 wurde mit Antiochos 
in Apameia der Friede definitiv abgeschlossen, nachdem auch 
Eumenes und die zehn römischen Legati de pace daselbst 



') Liv.38, 26f. 

2) Polyb 21, 43, 2. 

8) Polyb 21,43; Liv.38, 37. 

*) Liv. 38, 39, 6. 



— 74 — 

eingetroffen waren. \) Wie die Veiteilung Asiens hier geregelt 
worden ist, haben wir bereits gesehen,^ Daraufhin marschierte 
Manlius mit den Zehnmännem nnd dem ganzen Heei-e an den 
Hellespont, wohin er die Kleinkonige der Galater beschieden 
hatte. Er eröffiiete ihnen nunmehr die Bedingung, unter der 
sie mit Eumenes, das heisst auch mit Rom, Frieden haben 
sollten: sie sollten mit ihrer alten Sitte bewaffiieter Streif- 
züge brechen und sich fortan innerhalb ihrer Grenzen halten.^) 
Teilweise unter Kämpfen zog Manlius sodann dui'ch Thrakien, 
Makedonien und Thessalien nach Epeiros und bezog in Apol- 
lonia Winterquartiere (188 7). 

Nicht jedermann war so befriedigt über den Ausgang 
des asiatischen Krieges, wie die Asianer selber. Zunächst 
waren die Rhodier eifersüchtig über die grosse Macht, die 
ihr Rival Eumenes von den Römern bekommen hatte. Sie 
Tviirden es lieber gesehen haben, wenn in Asien die Freiheit 
und Autonomie aller Griechenstädte wäre verkündet woi*den, 
ähnlich wie im Jahre 196 duich T. Quinctius Flamininas in 
Griechenland. Natüilich würden sie jene Städte dann zum An- 
schluss au ihre handelspolitische Liga gezwungen und offiziell 
als Verbündete, thatsächlich aber als Unterthanen behandelt 
haben.*) Auch die Bändigung der Galater, als zum Vorteile 
des Eumenes geschehen, scheint ihren Argwohn eiTCgt zu 
haben, und sie wuiden dai'in wohl nui- bestärkt durch eine 
Broschüi-e HannibaFs. der — unermüdlich wie er war, um 
immer neue Coalitionen gegen Rom zu schaffen — sie 
dadurch auf die Seite der Feinde Roms hoffte ziehen zu 
können.^) 



' Polyb 21, 44 ff.: Liv. 38, 37 ff. 

2 S. ti4. 

^ Liv. 38. 4(.\ 2: «ut morem vagrandi cum annis finirent agrorumqüc 
snorum temiinis se continereni'*. 

*> Vgl. Pohb 21, 19. 22 f. = Liv. 37. 53. 1-6: c. 54, 3—16. 

^1 Nepos. Hannibal 13. 2: -aliqnot eins libri sunt, Graeco sermone 
confecii. in eis ad Khodios de Cn. Manlii Vulsonis in Asia rebus gestis/ 
Für diese Notiz habe ich keine andere Deutung finden können, als die im 
Text versuchte. Eine rein historische oder auch nur strategische Schilderung 
des Krieffszuffs eines römischen Feldherrn wird der alte Römerfeind wohl 



— 75 — 

Aber auch in E o m selbst gab es eine starke Partei, die 
fanz und gar nicht einverstanden war mit der Ai't, wie Man- 
ius sich seiner Aufgabe als Consul entledigt hatte. Als der 
liegi-eiche Feldherr im Jahre 187 vor Rom anlangte und sich 
un Gewährung des Triumphes bewarb, da erhob sich im Senat 
auter Widerspruch, vor allem aus den Reihen der Zehn- 
nänner, die mit ihm aus Asien zurückgekehrt waren. Ihre 
Sprecher waren L. Furius Purpurio, ein Consular und be- 
v^ähi'ter Kriegsmann, und L. Aemilius Paulus, der nachmalige 
Sieger von Pydna. Wenn man sich einigermassen auf das ver- 
lassen kann, was uns die annalistische Tradition von diesen 
Verhandlungen berichtet^), so wurde Manlius vorgeworfen, er 
habe in seinem Galaterfeldzug ein Volk bekämpft, dem der 
Krieg gar nicht in aller Form und auf Beschluss vom Senat 
und Volk erklärt worden sei; sein Feldzug sei eine höchst 
eigenmächtige Handlung gewesen, bei der er blindlings den 
Wünschen der pergamenischen Dynastie gefolgt sei. Die Ga- 
later seien durchaus nicht mehr jenes furchtbare Volk, das 
früher den Schrecken Italiens und Griechenlands gebildet 
habe; schon längst seien ihi*e Körper durch Vermischung 
mit den Ureinwohnern Kleinasiens verweichlicht. 2) Manlius 
bekämpfte demgegenüber vor allem die Schilderung, die seine 
3egner von den Galatern entwarfen. In Wirklichkeit seien 
5ie rohe Barbaren, vor denen bis zu seinem Einschreiten ganz 



'hwerlich verfasst haben. Auch der Umstand, dass die Schrift an eine 
^stimmte Adresse gerichtet war, weist darauf hin, dass sie einen praktischen 
Weck hatte. Es wird also eine Art politischer Broschüre gewesen sein. 

^) Liv. 38, 44 — 50. Auf einen Fehler wurde S. 66 Anm. 2 hingewiesen, 
anz ohne Sachkenntnis ist die Rede des Lepidus Liv. c. 42 abgefasst: vgl. 
issen, Krit. Untersuchungen S. 210. 

*) Dass schon hei dieser Gelegenheit der Name Gallog raeci gebraucht 
Orden und darauf hingewiesen worden sei, wie nicht nur dieser Name, 
>ndern auch das Volk selbst eine Mischung darstelle (Liv. 38, 46, 1), ist 
ihr zweifelhaft. Das Aufkommen des Namens „Gallograeci" ist psycho- 
>gi8ch erklärlich erst zu einer Zeit, wo die Galater eben wirklich ein Misch- 
olk zu sein anfingen. Das ist aber zur Zeit Manlius Vulso's noch nicht 
er Fall gewesen. Für uns begegnet der Name zum ersten Mal i. J. 56 v. Chr. 
Cicero de haruspicum responso 13, 28.) 



— 76 — 

Kleinasien gezittert habe ; überdies seien sie zu Feinden Koms 
geworden durch die Hilfstruppen, die sie dem Antiochos ge- 
stellt hatten. Wenn der Krieg allerdings nur gegen Antiochos 
ausdrücklich beschlossen gewesen sei, so seien damit dessen 
Bundesgenossen doch selbstverständlich inbegriffen gewesen. 
Hätte er, Manlius, den Galaterkrieg unterlassen, so würfe 
jetzt nicht Rom, sondern würden die Galater über Kleinasien 
herrschen und Tribute eintreiben wie ehedem. Die Stimmung 
der Senatoren war — so fasst Livius das Resultat der Ver- 
handlungen zusammen — gegen Manlius eingenommen. Aber , 
am folgenden Tage hätten die Bemühungen der Verwandten ] 
und Freunde des Manlius, die Autorität der älteren Senatoren q 
und das erwachende Schamgefühl einen Umschlag der Mein- ; 
ungeii bewirkt, und sei darauf mit grosser Mehrheit der 
Triumph beschlossen worden. — Die Gegner des Manlius 
vertreten also jenen egoistischen Standpunkt, den sich die 
römische Politik, wie wir sehen werden, später thatsächlicli 
auch gegenüber Kleinasien zu eigen gemacht hat^): den 
Standpunkt des hartherzigen divide et impera ! Ihnen war es 
gleichgiltig, ob die Asianer auch fernerhin von den Kelten 
geplagt und geschunden wurden, wenn nur für Rom so viel 
als möglich herausschaute. Es war ihnen daran gelegen, die 
Galater als möglichst harmloses Völkchen darzustellen-) und 
möglichst glimpflich mit ihnen zu verfahren, und zwar des- 
halb, weil man dieses Volk ja unter Umständen noch gegen 
missliebige andere Kleinasiaten ausspielen konnte. Dagegen 
hatte Manlius nach ihrer Meinung viel zu einseitig das per- 
gamenische Reich begünstigt^); dass dieses Reich ein Hort 
griechischer Bildung war, konnte ihnen ganz einerlei sein. 

1) S. unten S. 85. 

^) Die annalistische Ueberlieferung nimmt den Standpunkt der späteren 
römischen Politik, also in diesem Falle der Gegner des Manlius ein. Des- 
halb lässt sie den letzteren zwar natürlich nicht vor dem Sanat, wohl aber 
in seiner Contio an die Truppen (Liv. 38, 17) die Gralater ebenfalls als gänz- 
lich entartet darstellen, denen nur zum Glücke noch der alte Ruf der Tapfei* 
keit anhafte, so dass dem Ruhm des römischen Heeres kein Eintrag geschehe. 
Vgl. Nissen a. a. 0. S. 204. 

3) Liv. 38, 45, 9. 



— 77 — 

Wir haben durch Beobachtung der Thatsachen gelernt, 
lass die Galater wirklich damals noch keineswegs jenes ent- 
u^tete Mischvolk gewesen sind, das die Vertreter des römi« 
jchen Egoismus im Munde führten; aber selbst wenn uns. 
eder eigene Einblick in die kleinasiatischen Verhältnisse^ 
versagt wäre, dürfte unser Urteil keinen Augenblick schwanken. 
Wir hätten in diesem Falle die Pflicht, das Urteil des ein- 
sichtigsten Beobachters jener Zeit anzunehmen, dem gewiss 
aiemand Verblendung über das was Rom frommte nachsagen 
wii'd. Polybios spricht vom Manliuskriege nur mit den 
Ausdrücken höchster Anerkennung und stellt als dessen Er- 
g:ebnis hin die „Erlösung der Kleinasiaten von barbarischen 
Schrecknissen und von der Ruchlosigkeit der Galater."^) Da- 
mals gewann noch die humanere Anschauung in Rom die Ober- 
hand : Manlius, der als Beschützer Kleinasiens gegen Barbarei 
und Terrorismus aufgetreten war, durfte seinen Triumph feiern. 
Den grössten Ruhm für ihn bildeten an diesem Aufzuge die gol- 
denen Kränze, mit denen die Städte Kleinasiens dem römischen 
Feldherrn ihren Dank ausgedrückt hatten. Ausserdem aber 
rückte hier die ganze reiche Beute auf, eine Menge Goldes 
und Silbers in gemünzter und ungemünzter Gestalt; viel ga- 
latische Waffen wurden auf Karren mitgeführt, und vor dem 
Triumphwagen her schritten 52 keltische Häuptlinge.^) 

Von da an haben die Galater endlich Ruhe gehalten und 
keine Raubzüge mehr gewagt, weder zu Lande noch zur See. 
Dass sie sich aber nur der Not gehorchend und mit Unwillen 
in ihre neue Lage fanden, das lehrte die Folge. Als Prusias 
^on Bithynien einen Krieg gegen Eumenes II. eröffnete und 
1er alte Hannibal wieder unablässig darauf hin arbeitete, eine 
?anze Liga gegen den Schützling Roms zusammenzubringen, 
la sind auch die Galater ohne langes Besinnen dem Bunde 
>eigetreten.^) Der Krieg zwischen Prusias und Eumenes blieb 

*) Polyb 3, 3, 5: drziXüaav ds Toog ine zdds tou Taupo'j 
'CtTocxoDVTag ßupßapr/.wv cfoßojv xal rr^g FaXaTur^g rcapavofiiag, 

2) Liv. 39, 7, 1 f. 

^) So fasst man seit M. H. E. Meier S. 379 die Bemerkung des Nepos 
Jannibal 10,2: „adiungebat bellicosas nationes." Vgl. Fränkel zu Nr. 65. 



— 78 — 

unentschieden, bis dass auf des letzteren Bitte sich der 
romische Senat ins Mittel legte und einen Frieden herbei- 
führte, ca. 184 V. Chi'.^) War Eumenes so den Hauptgegner 
losgeworden, so betrachtete er es nunmehr als sein gutes 
Recht, an dessen Verbündeten, den Galatem Bache zu nehmen. 
Diese waren damals, so scheint es, unter dem GesamtkoDig- 
tum des Tolistoagierfursten Ortiagon vereinigt.^ üeber den 
Verlauf des Krieges ist uns gar nichts überliefert, aber mit ' 
Recht ist aus verschiedenen Indiden geschlossen worden, dass ' 
Eumenes die Galater damals gründlich geschlagen, ja sogar . 
ihr Land seinem Reiche einverleibt hat*) (183 v. Chr.). Ortia- 
gon wird gefangen, vielleicht auch hingerichtet worden sein*): \ 
er verschwindet von da an aus der Geschichte. Besondei'S 
scheint sich in den Kämpfen dieses Krieges der zweitjüngste ' 






V Diesien Ansatz ClinioB*s hat Thrämer -Pergamoe* 251 f. neo gestützt 
-durch den Hinweis auf CIG 3o<>J^. Sicher fallt der Krieg zwischen die Jahre 
188 und 183 Meier a. a. 0. 378 . Ueher den Prusiaskri^ Tgl. auch Holm 
IV 491 : PedroÜ 48 ff. j 

' Polyh 3, 3, 6 : ro»)c Eouste: ö-fUTcvra» rpo^ t£ Upo'jd'm 
xa: rii/LCZC^ Tzo/Lsuor^i Trosr. proL32: ,in Asia bellum a rege Eumene 
gestum ad versus Galliura Ortiagontem*. Diese beiden Sätze sind die einzigen 
Nachrichten, die wir vom Ortiagonkriege haben. ITebcr Oitiagon vgl. oben 
S. 54. 69 f. 

' Zuerst hat dies nachgewiesen Thrämer Progr. S. 20 ff. , dann uoab- 
hängig von ihm Kopp, Rh. H. 40, 124 ff. Die Hauptgründe sind : 1) im ; 
folgenden Kriege zwischen Eumenes und Phamakes ei^heint Galatien als 
pergamenische Provinz; 2- Eumenes zieht sich in demselben Kriege r*^^ 
Feindesland* zurück, indem er aus Pontos nach Galatien zieht; 3) Phamakes 
darf sremäss dem Frieden Galatien nicht mehr betreten, und alle seine Ter- 
träfe mit den Galatern werden für gelöst erklärt. Dagegen wird man kaam 
mit Kopp .,a. a. O.» und Pedroli ;S.52' auch die Angabe Diod, 31, 14 Dind. 
.von Eumenes: o6 «foi^ov ix j^tsydjLtvi^ xivS6kov> ippo^cczo t^v ßaadst' 
a^, ä/ld xa'i jzai^ ro ztov Az/crciJv idvo^ oTro^siptov sTZOir^ato) 
auf das Jahr 183 beziehen dürfen, sondern wird sie eher mit Meier (S. 397)? 
Thrämer (a. a. O. 17 f.\ Fränkel ^^zu Xr. löF- und Holm (iX 516) auf einen 
vorübergehenden Erfolg des späteren Galaterkrieges deuten müssen (vgl> 
S. 89Anm.4. 

*'i Das letztere vermutet van Geldejr S, 258 und nimmt an, dass erst 
nach diesem Kriege Ortiagon's Gemahlin Chiomara in Sardes gelebt habe, 
jiämlich als Internierte ^vgL S. 70 Anm. 2\ 



— 79 — 

Binder des Eumenes, Prinz Philetairos, ausgezeichnet zu 
haben. Wenigstens hat zu seinem Euhme ein gewisser Sosi- 
krates ein Weihgeschenk, wohl das Standbild des Prinzen, 
in Delos gestiftet, das folgende Inschrift trug : 

^Q fidxapj CO 0ckeTaept, au xai deiocaev docdol^ 

xal Tikdarr^acv, äva^j eoTzaldnoeac fieXecg, 
de t6 adv i^eviTzoobs fii^a xpdrog, oi phv iv ofxvoc^^ 

ol 8s ^epojv zi^^vag oecxvofxevoe (Tipezipcov, 
wg TTOTS dvar.oUpmg FaXdzacg doov ^Apsa fxsi^ag 

rjkaaag ocxeUov TZokXov uKepdev opcov 
wv evexev zdds aoe NexTjpdzou ixxpizou ipya 

SwaexpdzTjg ArjXcp dijxev iv djucfspnzTj, 
[xvTJpa xal iaaopivoeaev doidcpov oods xsv auzog 

^^Hipacazog zi'/^vijv zcov^e dvotract" irrcdcov,^) 

Es folgt aus dem Inhalt dieser Verse nicht mit Not- 
wendigkeit, dass Philetairos der Höchstkommandii-ende im 
Galaterki'ieg gewesen ist ; er kann sich ebensowohl unter dem 
Oberbefehl seines königlichen Bruders dermassen bewährt 
haben, dass Sosiki'ates zu jener Stiftung begeistert wurde. 

*) Loewy, Inschriften griechischer Bildhauer, Nr. 147. Diese Kämpfe 
des Philetairos hat Homolle, „Monuments grecs puhlies par l'association pour 
l'eneouragement des etudes grecques en France" 1879, S. 44 f. in das Jahr 
171 gesetzt, weil eine selbständige Unternehmung jenes Prinzen nur in einem 
Augenblicke der Abwesenheit des Eumenes und der übrigen Brüder von 
Pergamon anzunehmen sei (vgl. Liv. 42, 55, 7, wonach dieser Fall im Jahre 171 
eingetreten ist). Die ünhaltbarkeit dieses Ansatzes hat Thrämer „Pergamos" 
S. 249 f. gezeigt, indem er darauf hinwies, dass die Galater von 183 — 168 
den Pergamenern botmässig gewesen sind, und dass sie gerade im Jahre 171 
dem Eumenes gegen Perseus von Makedonien Heeresfolge geleistet haben 
(vgl. unten S. 83). — Fränkel zu Nr. 167 setzt jene Kämpfe des Philetairos 
(den er übrigens fälschlich als den jüngsten Bruder des Eumenes bezeichnet) 
in den Galaterkrieg der 160er Jahre. Hiegegen spricht — worauf gleichfalls 
schon Thrämer (S. 251) aufmerksam gemacht hat — der Umstand, dass 
Philetairos seit dem Jahre 171 (Liv. 42 , 55 , 7) überhaupt nicht mehr als 
handelnd erwähnt wird, also wohl schon vor dem letzten pergamenisch- 
^alatischen Krieg gestorben ist. Denn seine Erwähnung in der Inschrift 
Arch. Anz. 1889 , S. 86 (die allerdings wohl nach 167 anzusetzen ist , da 
Eomenes auf ihr bereits den Titel IwzTjp führt, vgl. S. 87 Anm. 3), setzt 
Qicht notwendigerweise voraus, dass er zur Zeit der Inschrift noch gelebt hat. 



— 80 — 

Uebrigens sind nicht nur auf Delos, sondern auch in Pergamon 
selbst die Kämpfe des Euraenes gegen die Galater durch 
Bronzegiuppen verewigt worden, genau so wie einst die seines 
Vaters Attalos I.^) Möglicherweise ist sogar der berühmte 
pergamenische Altar, den nach dem Schriftcharakter der daran 
angebrachten Inschriften Eumenes 11. gestiftet hat 2), gerade 
in dieser Zeit errichtet worden.^) In glänzendster Weise ist 
an seinem gi-ossen Friese der Kampf der Griechen mit den 
Barbaren in Gestalt seiner göttlichen Pai-allele, der Giganto- 
machie. künstlerisch verherrlicht worden. 

Galatien war eine pergamenische Pi'ovinz *) und blieb es, 
solange Eom dem pergamenischen Reiche günstig gesinnt 
wai' und es gewähi-en Hess. Ein getahrlicher Nachbar war für 
Eumenes damals nui- Pharnakes I. von Pontos, der, wie 
es scheint, ebenfalls Anspruch auf Galatien erhob. ^) Ueber 
den giossen Krieg, der von 182 bis 179 in Kleinasien tobte, 
sind wir abermals nur spärlich untenichtet, wenn auch besser 
als über den vorhei-gelienden Krieg des Eumenes gegen die 
Galater unter Ortiagon. Es war ein Glück für das pergame- 
nische Reich, dass Pharnakes dui-ch seine räuberische Politik 
sich auch noch mit andem Mächten verfeindet hatte, wie 
z. B. mit Kappadokien und Bithynien. Die i-omerfi-eundlichen 
Kleinasiaten, Eumenes und Ariai*athes IV. von Kappadokien, 
schickten mehrmals Gesandte nach Rom; ebenso aber auch 
Pharnakes, der stets Bereitschaft zum Frieden heuchelte. 
Mehrmals begaben sich i-omische Kommissäre an Ort und 
Stelle, aber nach ilu-er Abi^ise lebte der Krieg doch immer 
wieder auf. Ueber einen dieser Wechselfalle ist uns etwas 



- riin. n. b. ;v|. s4: .piar>e$ «niö^^es fewn? Anali et Eamenis adversam 
«ijiy.:> :^r\vlis, ls:5^"•n^iN. P>-r\>aj«v''ha^ Sirau^niciKs Anfigono^ qai volnmiD» 

* Virl. Co:;ii-, Berisaer MocjiT^Wr 1S>1 S. t:^ ff. 

^ F^ralIlkT^l in Xr. ^: vir! Puv*hst»^?i: . .B<$ohreiboB^ der Skulpturen 
AT2> P^r'r»i:avn, 1. D^e GjiraiJt^^r.iJK'hie- Benin 1Ä«5\ S. 10. 

* Vjt3. -dw *af S, M «TÄSinfspri^heEe Vermutanir, 

^ Vfna^sTiWi Wiief er *>f^ d^nnar. djis? ^in V«ter üithndates einst 
iTrM^JSvhrvi^B *!< Mhsirift bekoniBje» Iiäit^h als er eine $ele«kidi$cbe Prin- 



— 81 — 

genauere Kunde erhalten. ^) Eben hatte Pharnakes wieder einen 
Waffenstillstand gebrochen und seinen Feldherrn Leokritos 
in Galatien einfallen und dieses Land verwüsten lassen^) 
(Winter 182/1), als Attalos und die beiden jüngsten perga- 
menischen Prinzen Philetairos und Athenaios aus Rom zurück- 
kehrten, wo ihnen vom Senat aufs neue war versprochen 
worden, dui*ch Kommissäre den Frieden herbeizuführen.^) 
Eumenes sah sich genötigt, zur Abwehr wieder zu Felde zu 
ziehen und rückte nach Galatien vor, traf aber den Leokritos 
nicht mehi' an. Pharnakes hatte mit einem Teile der Galater 
Verträge ((Tuvdijxai) abgeschlossen*), und dies wurde ihnen 
von Eumenes als Bundbrüchigkeit (ädema) angerechnet.^) Als 
ihm daher zwei von den abgefallenen Galater fürsten, Kas- 
signatos und Gaizatorix^), um ihre Sicherheit besorgt, 
diu^ch Gesandte ihren guten AVillen anzeigen Hessen, da wies 
Eumenes sie in Anbetracht ihres treulosen Verhaltens ab. 
Dann zog er weiter über den Halys auf kappadokisches Ge- 
biet und vereinigte daselbst seine Streitkräfte mit denen 
seines Schwiegervaters Ariarathes von Kappadokien. Kaum 
waren sie beide in das feindliche Land eingerückt — 
sie waren bis in die Gegend von Mokissos gekommen — da 
trafen die versprochenen römischen Kommissäre beim Heere 
ein. Auf ihren Wunsch zogen sich Eumenes und Ariarathes 
sofort aus dem Feindeslande wieder nach Galatien zurück. 



^) Polyb 24, 8 f. Ueber den Krieg mit Pharnakes im allgemeinen 
Vgl. Ed. Meyer, Geschichte des Kgr. Poutos, S. 70 ff. Früher hatte die un- 
richtige Anordnung der einzelnen Excerpte aus Polyb das Bild etwas ver- 
schoben, z. B. bei M. H. E. Meier, „Pergamenisches Reich", S. 381 ff. 

^) Pharuakes behandelt Gralatien also als ein thatsächlich dem Eumenes 
gehörendes Land, vgl. S. 78 Anm. 3. 

3) Polyb 24, 5; vgl. Diod. 29, 22 Dind. 

*) Polyb 25, 2, 4. 

*) Polyb 24, 8, 7. 

®) Ueberliefert : KapacyvaTOU xa: raci^OTopcog. Den ersten Namen 
ändere ich in Kaaaeyvdzoo nach Liv. 42, 57, 7. 9 (vgl. die keltischen Namen 
Cassivellaunus, Vercassivellaunus, und die Völkerschaften der Cassi und Velio- 
casses); den zweiten mit Zeuss in Fac^azopcyoc, nach Strab. 12, p. 562 
(vgl. oben S. 61 Anm. 3). 

Stachel in, Galater. 6 



— 82 — 

Die Eöraer gaben sich alle Mühe, einen Frieden zu verein- 
baren; sie konnten auch schliesslich den pontischen König 
dazu bewegen, Bevollmächtigte zu Unterhandlungen zu schicken. 
Aber alle aufgewandte Mühe musste scheitern an der Hart- 
näckigkeit, mit der die pontischen Gesandten — offenbar 
ihren Instruktionen getreu ^) — ihre Forderungen aufrecht er 
hielten. Da erkannten die Eömer, dass sie vergeblich arbei- ;. 
teten, und traten die Heimreise an ; Eumenes aber sah sich 
zir neuen Rüstungen genötigt. Das geschah im Jahre 181. 
Zwei Jahre darauf (179) muss es Eumenes gelungen sein, 
dui'ch einen Gewaltangriff, in dem er wohl von Aiiarathes 
und diesmal auch vom bithjuischen König Prusias unterstützt 
wurde, den Pharnakes dermassen in die Enge zu treiben, 
dass er sich bereit erklären musste, alle Forderungen zu er- 
füllen. So kam es zum Frieden, auch ohne dass Rom den 
Veimittler zu spielen brauchte. Der Wortlaut des Friedens- 
instrumentes ist noch erhalten. 2) Es wird kein Zufall sein, 
dass der erste Paragraph über Galatien handelt, das Land, 
in dem wir das vornehmste Streitobjekt zwischen Eumenes 
und Pharnakes vermuten mussten. Pharnakes wui'de verpflich- 
tet, Galatien auf keine Weise mehr zu betreten; und alle 
jene Verträge, die er mit den Galatern abgeschlossen hatte, 
wurden flu' null und nichtig erklärt.^) Ferner musste Phar- 
nakes die von ihm besetzten Teile von Paphlagonien (z. B. 
die Stadt Tios, die sein Feldherr Leokritos durch Verrat ge- 
nommen hatte,) *) und von Kappadokien räumen und den Köni- 
gen Morzios^) und Ariarathes die geraubten Kronschätze, 
im Ganzen 900 Talente, zurückerstatten. An Eumenes musste 
er 300 Talente Kiiegskosten zahlen. Sobald dieser Friede 



"= 



M Vgl. Polyb 24,1,2: r^s 0apvuxo'j Tzhovz^iag xai xa9o)s)') 
TTfi oTZzpr^ifavia^. 

^) Polvb 25,2. 

^) Polyb 25, 2, 4: FaXazia-: tti^ izsßacvsev 0apmx7}v xazd ixrjH^^ 
zpoTzov oaac yz^oi^affs Tzporapov (rui^dr^xac 0apvdx7j rcpog FakaTf^^f 
äxupovg uTzdpj^^cv, 

^> Diod. 29, 23 Dind. 

*^ Vffl. S. 71 Anm. 2. 



— 83 — 

beschworen und die nötigen Geiseln gestellt waren, erfolgte 
der Abmai'sch der feindlichen Heere aus dem pontischen Keiche. 
Eumenes war wieder unbestritten Herr über Galatien. 
Wie er die Häuptlinge bestrafte, die sich in jene hochver- 
räterische Verbindung mit Pharnakes eingelassen hatten, 
wissen wir nicht. Jedenfalls begegnet der eine von ihnen, 
Kassignatos, wieder im Jahi-e 171 als Befehlshaber der ga- 
atischen Eeiterei, die Eumenes auf dem makedonischen Kriegs- 
chauplatze im Vernichtungskampf gegen König Perseus mit 
lit sich führte.^) Danach scheint der pergamenische Herr- 
cher sich seine galatischen Unterthanen mehi' durch mildes 
Regiment als durch hartes Einschreiten dienstbai* erhalten zu 
aben. Die beste Stütze seiner Herrschaft wird aber die 
hrygische Urbevölkerung gebildet haben, die ihren sacralen 
littelpunkt im Heiligtum der Göttermutter zu Pessinus be- 
ass. Ohne Zweifel ist hauptsächlich Eumenes II. unter den 
,attalischen Königen" zu verstehen, von denen berichtet 
vii'd, sie hätten in Pessinus einen prächtigen neuen Tempel 
nit Hallen aus weissem Marmor errichtet.^) Auf diese Weise 
;uchte der Pergamener die Herzen wenigstens seiner phry- 
?ischen Unterthanen zu gewinnen. 



VI. Die Befreiung der Galater durch Rom. Galatien 

als römischer Clientelstaat. 

Eumenes von Pergamon musste in merkwüi*diger Weise 
den Wechsel irdischen Glückes erfahren. Seine Herrschaft 
schien in höchstem Grade gesichert; sein Widersacher Per- 

') Liv. 42, 57, 7. 9; vgl. 44, 13, 13; c. 28, 7. 11 ff. Nicht aus Kleinasien 
stammten dagegen die Gralater, mit denen Perseus Verbindungen angeknüpft 
hatte und deren Hilfe er durch seinen Greiz grösstenteils verscherzte; vielmehr 
waren das (trotz Kopp, Rh. M. 40, 129) europäische (illyrische oder thrakische 
Kelten: Polyb 25, 6, 3; 29, 9, 13; Liv. 42, 51, 6; c. 52, 11; 44, 12, 6; c. 26 f. 
(König Clondicus, bei App. Mak. 18 Kkoikcog^ wohl derselbe, der bei Liv. 40, 
58, 8 Bastarner heisst, vgl. Polyb 25, 6), ferner Liv. 44, 29, 7; Diod. 31, 14. 

») Strab. 12, p. 567. 



— 84 — 

seus und das makedonische Keich wui'den vernichtet, da hol), 
wie Polyb sich ausdrückt, die Laune des Schicksals diese 
glücklichen Erfolge wieder auf und warf ein Gegengewiclit 
in die Wage: in Galatien brach urplötzlich eine wilde Insur- 
j-ektion aus (168 v. Chi\).^) 

So ganz ohne Vorbereitung und menschliches Zuthun, 
wie Polyb es darzustellen sucht, trat indessen der Umschlag 
nicht ein. Er war vielmehr deutlich eine Folge der verän- 
derten Haltung Korns. Drei Jahre lang hatten sich die 
Römer durch den pergameni sehen König gegen Makedonien 
getreulich Hilfe leisten lassen; im vierten (168) begegneten 
sie ihm plötzlich kalt und misstrauisch; dafür wandten sie 
in auffallender Weise ihre Gunst seinem Bruder Attalos zu. 
Als Grund für dieses eigentümliche Benehmen wurde, auf 
mehr als zweifelhafte Indicien hin, angegeben, dass Eumenes 
mit Perseus in verräterische Unterhandlungen eingetreten sei 
und Rom im Kriege nicht thatki'äftig genug unterstützt habe.^) 



') Polyb 29, 22. 

2) Annalistische Tradition bei Liv. 44, 20, 7; vgl. VeU. Fat. 1, 9. Beson- 
(lers der als Lügenfabrikant berüchtigte Valerius Antias hat grosses 
darin geleistet, Eumenes im Andenken der Nachwelt anzuschwärzen: vgl. 
z. B. fg. 52, bei Liv. 44, 13, 12. So sucht er auch die Thatsache wegzu- 
leugnen, dass gerade Eumenes einer der Hauptanstifter zum Kriege der 
Römer gegen Perseus gewesen war (fg. 51, bei Liv. 42, 11, 1): an dessen 
Stelle lässt er bezeichnender Weise den von Rom protegierten Attalos diese 
Rolle übernehmen! — Polyb giebt sich verzweifelte Mühe, den Umschlag 
in der Stimmung der Römer zu motivieren und zu entschuldigen : Polyb -9, 
4, 8 bis c. 9 Ende, und bei Liv. 44, 13, 9 und c. 24. Und doch lässt er deut- 
lich merken, auf was für windiges Gemunkel sich die römische Politik be- 
rufen musste: Pol. 29, 5; c. 8, 1. 10. Vgl. Mommsen Rom. Gesch. P, 773 f- 
Die entgegengesetzte Auffassung vertritt Holm IV 486 f. 508. 513 f.: er glaubt 
dem Polyb aufs Wort, was dieser aus sixora und (rrjfxeta (29, 5, 3) her- 
ausgeklügelt hat; er führt aus, das sei eben „Politik", dass ein kluger König 
bald die eine, bald die andere Partei ergreife, je nachdem er hier oder dort 
mehr „Vorteil" sehe. Nur beliebt es ihm, dabei ganz stillschweigend übet 
das Attentat hinwegzugehen, dem Eumenes i. J. 172 bei Delphi beinahe 
zum Opfer gefallen wäre! Dieser Mordversuch, der (wenigstens nach der 
festen Ueberzeugung der Römer und Pergamener) auf Anstiften des Perseus 
geschehen war, genügte allein schon, um in Eumenes einen tÖtlicheu 
und unversöhnlichen Hass gegen den makedonischen Herrscher zu erzeugen. 



— 85 — 

Der wählte Grund war ganz ein anderer. Solange das ma- 
iedoniscLe Keicli bestand, hatte Kom alles Interesse daran, 
im Rücken dieses Staates eine befreundete und begünstigte 
Macht zu unterhalten; sobald aber Makedonien vernichtet 
war, bot ein starkes pergamenisches Reich für die Römer 
keinen Vorteil mehr. Daher beginnt Rom jetzt auch gegen 
Asien jene gewissenlose Politik in Anwendung zu bringen, 
äie einst gegenüber Manlius Vulso noch unterlegen war: die 
Politik, die keinen ausschliesslich begünstigte, sondern immer 
iinen gegen den andern auszuspielen suchte und unter bis- 
lerige Verbündete Zwietracht säete, um nur desto sicherer 
Uesamt beherrschen zu können. Gegen Pergamon hoifte man 
emgemäss am meisten zu erreichen, indem man den Prinzen 
ittalos als Minirwerkzeug gegen seinen Bruder verwendete; 
odann aber indem man die Unzufriedenheit der Galater 
egen die pergamenische Herrschaft nährte. Der Versuch 
lit Attalos sollte misslingen; desto besser bewährte sich die 
Spekulation anf die Galater. Es ist gewiss ein mehr als 
•loss zeitliches Zusammentreifen, dass gerade in demselben 
fahre 168, wo die Gunst der Römer gegen Pergamon zu 
vanken anfing, die Galater sich zu oifener Empörung er- 
leben. Zwar kann nicht nachgewiesen werden, dass es direkt 
luf römische Anstiftung hin geschehen ist, aber augenschein- 
ich haben die Galater das gespannte Verhältnis, das zwi- 
;chen Rom und Pergamon damals eingetreten war, bemerkt 
md es sich schleunigst zu Nutze gemacht. Und sie sollten 
«ich nicht getäuscht haben in den Hoffnungen, die sie auf 
Rom setzten. 

Unter der Anführung des Kleinkönigs Solovettius 
überschritten sie ihre Grenzen, brachen in die westlichen 
Teile des pergamenischen Reiches ein und versetzten dasselbe 



Cebrigens bezeichnet Polyb selbst an einer anderen Stelle (29, 22) die Ver- 
lichtung des Perseus als AazopdiOfia und f){f.aTCüvrj fürEumenes! Mit dem 
.Vorteil'*, den der Pergamener von einer Unterstützung des Perseus, wie 
Jolra meint, erhoffen konnte, war es also nicht so weit her. Jedenfalls 
sonnte er nicht ahnen, dass in der Folge gerade die Vernichtung des make- 
onischen Reiches indirekt der Anlass zu seinem Unglücke werden sollte. 



— se- 
in die giösste Gefahr.^) Damals scheint Eumenes von ihnen 
in einer Schlacht besiegt und auf der Flucht nui- wie duixh 
ein Wunder mit dem Leben davongekommen zu sein. Da er 
sich nämlich wegen Kiänklichkeit in einer Sänfte musste 
tragen lassen, kamen ihm die Verfolger immer näher. Bereits 
ergab er sich in sein Schicksal und befahl, die Sänfte auf 
einem Hügel abseits vom Wege niederzustellen. Als ihn die 
Galater aber entdeckten, packte sie plötzlich die Furcht, dass 
das nur eine Kriegslist bedeute und ii'gendwo in der Nähe 
pergamenische Hilfstruppen verborgen seien: sie kehilen da- 
her schleunigst um, ohne dem König ein Leid zuzufügen. 2) — 
Im Winter gelang es zwar, einen Waffenstillstand abzu- 
schliessen ^) ; aber füi- das nächste Jahi- (167) standen neue 
Angiiffe bevor. Eumenes wusste sich nicht anders zu helfen^ 
als indem er seinen Bruder Attalos, der besser in Gunsten 
stand als er selber, nach Kom sandte, um Hilfe zu erbitten. 
Vorsichtshalber gab er ihm einen Vertrauten, den Aizt Stra- 
tios mit, der ihn vor den Umgarnungen der Eömer womög- 

*) Polyb 30, 1, 2: t6 xazd zoo^ FaXazag, aouTZzw^a Tzep: zr^v 
ßaaehcav =^ Liv. 45, 19, 3; Polyb 30, 1, 3: zr^v ralazcxi^v Tzepiazaaiv; 
30, 2, 8: aeyakr^v yCtp ddv v/^ecv Tzäac zoig deoh X^P^^^ ^^ dovacvzo 
zov äizo raXaziüV coßov dTtcoaaadac xai zov ärro zouzwv i(fe^ 
(TZiüza xcvd'Jiov, Bei Liv. a. a. 0. ist mit Drakenborch und Walch zu bes- 
sern „aceeptaeque cladis, qua regnnm in dubium adductum. esset". Der 
überlieferte Text „advertaeque gladiis, quae" ist unverständlich und meist 
nur unter Annahme eines Eigennamens notdürftig erklärt worden. Einen 
Eigennamen ohne jede vorhergehende Aufklärung über den Mann hätte 
Livius aber schwerlich in eine Kede gesetzt. Zndem heisst der „regulus" 
der Galater Solovettius, und nicht Adverta. Bei Meier S. 396 steht Ad« 
rerta statt Adverta, ein Druckfehler, der auffallender Weise auch in Contzen 
S. 248 übergegangen ist. 

') Polyaen 4, 8, 1 (^Eutihr^g 07:6 FcdazcZv idecuxszo xzX). Die 
Stelle ist von Meier a. a. 0. und von Thrämer Progr. S. 13 auf diesen Ga- 
laterkrieg bezogen worden, und es wird schwer halten, eine andere Gelegen- 
heit ausfindig zu machen, wo diese Situation zutrifft. Für die Beziehnng^ 
gerade auf das Jahr 168 spricht in hohem Grade die Angabe Polyaeo's, 
dass Eumenes zou awnazoi. dppwfTZwg ^X^ov gewesen sei. Denn im 
AVinter 168 7 war Eumenes schwer krank (Liv. 45, 34, 11). 

») Liv. 45, 34, 11. 



— 87 — 

lieh behüten sollte. Zu Anfang des Jahres 167 langte Attalos 
in Rom an und führte sich vor dem Senat mit der obligaten 
Beglückwünschung wegen des makedonischen Sieges ein. 
Schon glaubten die Eömer, in ihm das erwünschte Werk- 
zeug gegen Eumenes gefunden zu haben; schon begann er 
ihnen sein Ohr halb zu leihen; da gelang es Stratios durch 
die Vorstellungen, die er dem Prinzen machte, die Erwar- 
tungen der Römer zu vereiteln. So blieb Attalos bei seiner 
Hauptmission und bat den Senat um Gesandte, die die Ga- 
later in ihi^e natüilichen Schranken zurückweisen möchten.^) 
Der Bitte wurde entsprochen und ein P. Licinius an der 
Spitze einer Gesandtschaft dem pergamenischen Prinzen mit- 
gegeben.^) 

Als sie in Asien eintrafen, fanden sie den Krieg wieder 
in vollem Gange. Mit Beginn des Frühlings 167 waren die 
Galater aufs neue in die westlichen Kulturländer eingefallen 
und bis Synnada vorgedrungen ; Eumenes, der eben von einer 
schweren Krankheit genesen war, hatte bei Sardes ein grosses 
Heer gesammelt.^) Attalos und die römischen Gesandten be- 



^) Polyb 30, 3, 2 : TZpsaßs'JTäi zoug Tzapaxade^ovrag ri^v twv 
Fakazcov änoiomv xal nahv ecg zijv i^ ^PX^^ aörooG crnoxara- 
azr^aovTag ; vgl. Liv. 45, 20, 1 f. 

2) Polyb 30, 3, 5. 7. 

^) Liv. 45, 34, 11. Vielleicht hat dies genügt, um die Ehrungen des 
Eumenes durch den j^däjULog zcov ^apomvcüv'^ zu veranlassen, von denen 
uns eine delphische Inschrift (BCH 5, 384 f.) Kunde giebt. Zeile 11 ff. der- 
selben lautet . . . 2(tpdeaioi dmifvyovzeg [zov pLsycazov] xivdviov ptezd 
z[e zag z]<Zv [decov] eüv[o]cag xal [/isza zag zoo ß'\a(Tdsog Eu' 
jüiveog dpszäg ... Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass im vor- 
hergehenden Jahre die Galater wirklich bis in die Gregend von Sardes vor- 
gedrungen und entweder durch Eumenes von dort zurückgetrieben worden 
sind, oder nach Abschluss des Waffenstillstandes von selbst den Rückzug 
angetreten haben. HaussouUier, von dem die Beziehung dieser Inschrift auf 
den Galaterkrieg stammt, vermutet (BCH 5, 386), dass damals Eumenes den 
Beinamen ScozifjO erhalten habe, der ihm in den Inschriften Archäol. 
Anz. 1889, S. 86, Z. 4. 14. 24; Fränkel Nr. 246, Z. 45, und (wie mir Hr. Pro- 
fessor Otto Kern in Rostock mitteilt) in einer noch unveröffentlichten In- 
schrift aus Magnesia a./M., beigelegt wird. Das ist nach der Analogie des 
Antiochos .1. (s. S. 18) und des Attalos l. (s. S. 26) auch ganz wahrscheinlich. 



— 88 — 

gaben sich sofort zum Feldlager der Galater nach Synnada, 
um mit Solovettius zu unterhandeln.^) Der pergamenische 
Prinz wollte, wie natürlich, an den Verhandlungen teilnehmen, 
aber dies wurde ihm von den Kömern verweigert mit der 
Begründung, die Gemüter könnten sonst durch die Debatte 
leicht zu sehr erhitzt werden! 2) Schon das war verdächtig. 
Ganz klar trat indessen die Zweideutigkeit der römischen 
Intervention zu Tage in dem Bescheid, den P. Licinius dem 
Prinzen über das Resultat der Verhandlungen gab: der ga- 
latische Anführer, so behauptete er, sei durch die Bitten dei 
Römer nur immer frecher geworden, so dass die Gesandten 
gar nichts bei ihm ausgerichtet hätten. Es war nun deut- 
lich, dass die römischen Kommissäre von vorneherein nach 
Kleinasien gereist waren, um Aie Galater nur noch iveiter 
aufzustacheln und nicht, wie den Pergamenern vorgespiegelt 
wurde, um sie zum Frieden zu bewegen.^) — Vom Aveiteren 
Verlaufe des Krieges wissen wir so gut wie nichts; wir 
haben nur einen Einblick in das Spiel der römischen. Diplo- 
matie, die übrigens in dieser Zeit Grösseres als Waffengewalt 
wirkte. Im Jahre 166 kam Prusias IL von Bithynien 
nach Rom.^) In ganz unerhört kriechender Form brachte er 
sein Begehren vor, das in nichts geringerem bestand, als dass 
das römische Volk ihm das herrenlose Galatien schenken 
solle. ^) Der Senat gab ihm zwar, da er sich vor ihm so 
sehr erniedrigt hatte, einen wohlwollenden Bescheid, liess 

*) Also nicht „nach dem Eintreffen einer römischen Gesandtschaft 
unter P. Licinius" (wie Fränkel zu Nr. 167 angiebt) wurde der Waffenstill- 
stand abgeschlossen, sondern im Winter vorher (168/7). 

2) Liv. 45, 34, 12 (Polyb). 

^) Liv. 45, 34, 13 f. (d. h. Polyb) lässt durchblicken, dass er diese rö- 
mische Handlungsweise richtig wertet. Dass es dem Polyb „nicht leicht" 
war (^oü pqidcov 30, 3, 8), die Instruktion mitzuteilen, die dem P. Licinius 
mitgegeben wurde, glauben wir ihm gerne! 

^) Polyb 30, 19 (danach Liv. 45, 44, 19- 21; Diod. 31, 15). Selbständige 
Tradition bei Liv. 45, 44, 4-18. 

*) Liv. 45, 44, 9. Unter dem „ager de rege Antiocho captus, quem 
nulli datum a populo Romano Galli possiderent", kann kaum etwas an- 
deres als Galatien verstanden werden, obwohl diese Definition nicht zutrifft 
(vgl. S. 50). 



— 89 — 

Aber die galatische Frage einstweilen sorgfältig in der 
-Schwebe und versprach, eine Kommission zur Untersuchung 
der Angelegenheit zu schicken. Kaum hatte Prusias Kom 
verlassen, als es hiess, Eumenes von Pergamon werde in 
eigener Person vor dem Senate erscheinen, um ihm ein Bild 
von seiner traurigen Lage zu entwerfen und die Erinnerung 
an seine früheren treuen Dienste gegen Rom wachzurufen. 
Nun gerieten die römischen Politiker in grosse Verlegenheit. 
Sollten sie Eumenes offen als Feind Koms erklären? dann 
mussten sie ihi-en sonderbaren Stimmungswechsel motivieren 
und annehmbare Gründe daftr vorbringen, dass sie ihn früher 
als ihren besten Freund, jetzt mit Misstrauen und als Gegner 
behandelten. Oder sollten sie ihn wie frühei* als Freund 
Borns empfangen? dann schlugen sie ihrer bisherigen Politik 
und dem Vorteile Eoms ins Gesicht. Der Senat veifiel auf 
den Ausweg, kurz nachdem er den König Prusias mit Wohl- 
gefallen vor sich hatte auf dem Bauche liegen sehen, den 
sehr allgemein lautenden Beschluss zu fassen, dass hinfort 
überhaupt kein König nach Rom kommen dürfe ! ^) So musste 
Eumenes, der bereits in Brundisium eingetroffen war, mitten 
im Winter^) (166/5) den Boden Italiens auf schmähliche 
Weise wieder verlassen. Es war zu erwarten, dass infolge 
dieser Biniskierung ^) des pergamenischen Herrschers die Ga- 
later sich mit doppelter Wucht in den Krieg stürzen würden. 
Andererseits wusste Eumenes jetzt, dass er sich nur auf seine 
eigenen Mittel verlassen konnte; er sparte kein Geld, warb 
ein grosses Söldnerheer an und rettete dadurch den Bestand 
seines Reiches; ja er scheint sogar die Galater vorübergehend 
wieder unterworfen zu haben. ^) Mögen jedoch seine kriege- 



') Polyb 30, 20; Liv. per. 46; vgl. Justin 38, 6, 3 f. 
2) Polyb 30, 20, 14; vgl. 29, 6, 4. 
') (TxvßnÄSfTfio^ Polyb 30, 20, 12. 




S. 78 Anm. 3. Die Stelle ist in letzter Linie ein Excerpt aus Polyb und ge- 
hört zu den übrigen Betrachtungen dieses Autors über die fuxpoÄoyia des 



— 90 — 

rischen Erfolge gross oder klein gewesen sein: sie' wurden 
ihm gründlich vernichtet durch einen Beschluss, den der Senat 
im Jahre 165 fasste. Damals war nämlich eine Gesandtschaft 
der Galater selber in berechtigtem Vertrauen nach Rom ge- 
kommen, und der Senat erklärte das Volk feierlich flii' auto- 
nom, unter der billigen Bedingung, dass es sich inihig in 
seinen Wohnsitzen und innerhalb seiner Grenzen verhalte.^) 
Diese Entscheidung bot wenigstens den Vorteil, dass sie klare 
Verhältnisse schuf. Jedermann wusste nun, woran er war. 
Galatien war dem pergamenischen Reiche in aller Form ab- 
gesprochen. Auch Prusias von Bithynien sah sich in seinen 
Hoffnungen auf dasselbe Laud getäuscht. Zum Ersatz dafür 
warf er sich zum Spion gegen Eumenes auf und beobachtete 
scharf, ob der pergamenische Rival sich dem Senatsbeschlusse 




Perseus, von denen (wie der abgebrochene Scbluss Pol. 29, 9, 13, verglichen 
mit Liv. 44, 26 f., zeigt) eine Partie verloren ist, die u. a. gerade von dea 
in Diod. 31, 14 gestreiften Dingen handelte. Darum wird man unsere Stelle 
kaum auf den Galaterkrieg des Jahres 183 beziehen dürfen, sondern wirdL 
sie gleich der Umgebung, aus der sie herausgerissen ist, in den 160er JahrerB- 
unterbringen müssen. Andererseits darf man die Worte nav . . . UTZO'j^etpcot. — ^ 
inon^fraro jedenfalls nicht pressen; sie können auf ihrem Wege durch di 
vielen Excerptorenhände leicht zu apodiktisch geworden sein. — Dagege 
die sogen. Metris-Inschrift (Fränkel Nr. 167), in der für fiei^ova edr^-^-^'" 
fxepYjttaTa des Königs Eumenes gedankt wird, wage ich nicht, mit Fränk^^^^ 
gerade auf Erfolge im Galaterkriege zu beziehen. Wir werden uns woh — ^* 
auf weitere Funde vertrösten müssen, bis wir werden genau angeben kÖE3^^" 

nen, wann die neunte Periode des trieterischen Nikephorienfestes a nzusetze ^ D 

ist, in der laut der Metris-Inschrift dem König diese Glücksfälle zu Teil g ß" 

worden sind. Einstweilen besitzen wir nur einen Terminus a quo, und zws— — äf 
das Jahr 173. Denn die Neugründung der Nikephorien als azBifavizT^^f^^ 
dfüjv fand in einer Zeit statt, wo Eumenes schon mehrere Kriege hintz:^- *r 
sich hatte und iTzav^TjXcu^ rd/i ßaacAeian war (Dittenberger, Sylloge 215, Sfc^A 
d. h. frühestens im Jahre 189. Also fallen die ivaza Nc7cr^(p6pca z^^f^ 
(Tzeifavirov äycovo^ (nach der Metris-Inschrift ein trieterisches Fest) frübm.«- 
stens in das Jahr 173. Man kann mithin jene psiCova SLTjftspr^fJLaza eberm^o 
gut z. B. auf die Vernichtung des Perseus von Makedonien (168) als auf etwas 
anderes deuten. 

^) Polyb 31, '2 : öze roh TMpd zcov ix zrfi 'Aaiag raXazaiu 
nptaßevrdl^ (juw/^cüprjaav tyjv aozovofüav fiivooncv iv zah idiou? 1^^ 
xaziH/Aacc xal ai. (Tzparenousvoeg ixz6$ zwv td'uov opcov, f "^ 



— 91 — 

auch wirklich füge und die Hände von Galatien ablasse. So 
treffen wir schon im folgenden Jahre (164) einen bithynischen 
Gesandten Python in Kom, der gegen Eumenes gewaltig 
Klage erhebt. Der Pergamener, so führte er aus, habe nicht 
nui' einige bithynische Plätze weggenommen, sondern wolle 
auch Galatien durchaus nicht aufgeben und gehorche den 
Senatsbeschlüssen nicht, sondern unterhalte eine ihm ergebene 
Partei unter den Galatern, während er die römisch Gesinnten 
und Anhänger des Senats auf jede Weise zu schädigen suche. 
Der Senat äusserte sich auf diese Klagen der Bithyner hin 
nicht bestimmt, fuhr aber fort, die Galater gegen Eumenes 
zu unterstützen ; auf welche Weise er dies that, ist uns nicht 
bekannt.^) Glücklicherweise besitzen wir in einer Urkunde 
gerade aus dem Jahre 164 eine Illustration zu den Anschul- 
digungen, die Prusias damals gegen Eumenes vorbrachte. 

In Sivri Hissar, einige Stunden nördlich von der Stätte 
ies alten Pessinus (j. Bala Hissar) haben sich auf drei aus 
ien Euinen von Pessinus verschleppten Steinblöcken Bruch- 
stücke von Briefen gefunden, die von den Königen Eumenes II. 
xnd Attalos II. an den pessinuntischen Priester Attis gerichtet 
Pferden sind. 2) Vom ersten Brief ist nur der Schluss erhalten, 
mit dem Datum Sa ropneaioD C d;rrov(ros). Da aber der fol- 
gende Brief von Eumenes stammt, und die Anordnung im 
Llbrigen eine chronologische zu sein scheint, so wii'd auch 
dieser Brief von Eumenes geschrieben sein. Und zwar fällt 
^r in sein 34. Jahr, also 164/3 v.Chr. Auch der Adressat 



1) Polyb 31, 6; vgl. Liv. per. 46. 

*) Entdeckt und zuerst herausgegeben von Mordtmann, Münch. S. B. 
1860, S. 180 ff., mit äusserst kühnem Commentar. Nach erneuter Autopsie 
l)edeutend besser herausgegeben von v. Domaszewski, Archäologisch-epigra- 
3)hi8che Mitteilungen aus Oesterreich 8 (1884), S. 95 ff. Beiträge zur Lesung 
und Interpretation hat geliefert v. Wilamowitz, „Lectiones epigraphicae" (In- 
dex scholarum Göttingen W. S. 1885/6) S. 16 f. — Vgl. auch Mommsen 
Rom. Gesch. IP 52; Thrämer Progr. S. 15—17; van Gelder S. 270 ff. (die 
sämtlich noch auf dem Text Mordtmann's fussen); Hennig „symbolae ad 
Asiae minoris reges sacerdotes" etc. (Diss. Leipzig 1893), S. 49 ff. (der sehr 
Unrecht daran thut, die Lesungen Mordtmann's als gleichwertig neben die 
V. Domaszewski's zu stellen). 



— 92 — 

ist gewiss kein anderer als in den übrigen Briefen, also der 
Priester Attis von Pessinus. Eumenes schreibt ihm da: 

„ . . . Auch jetzt, sobald du an Ort und Stelle angekom- 
men bist und alles genau untersucht hast, gieb mir genaue 
Auskunft, wie viel Soldaten du noch brauchst. Und wenn 
du Pessongoi durch Verrat einnehmen ^) kannst, so schreibe 
mir, was du brauchst; denn da es ein heiliger Platz ist, muss 
man ihn durchaus nehmen. Lebe wohl. Am siebtletzten 
Gorpiaios^) des Jahres 34." 

Eumenes steht also in vertraulichem Verkehre mit Attis ^), 
dem Oberpriester von Pessinus, in dem wir wohl das Haupt 
der pergamenisch gesinnten Partei in Galatien erkennen dür- 
fen; er unterstützt ihn mit Soldaten und lässt durch ihn feste 
Plätze erobern. Er handelt also thatsächlich gegen die Be- 
fehle des Senates. Wir können es ihm aber nicht allzusehr 
zum Unrecht anrechnen. Der Senat hatte ihm durch jene 
Truggesandtschaft des P. Licinius, und mehr noch durch die 
Ausweisung aus Italien und die Befreiung der Galater indirekt 
den Krieg erklärt; und es blieb Eumenes gar nichts anderes 
zu thun übrig, als den Fehdehandschuh aufzuheben und den 
latenten Krieg mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu 
führen. Dahin gehört es auch, dass er sich zu jener Zeit 
enger als bisher an den syrischen Nachbar Antiochos IV. 
Epiphanes anschloss. Aeusserlich und scheinbar aber blieb 



^) TCpa^cxozetii heisst in den allermeisten Fällen nicht „überlisten", 
sondern „durch Verrat einnehmen". Das beweisen zahlreiche Polybstellen 
(1, 18, 9; 1, 55, 6; 2, 57, 2; 3, 69, 1; 8, 11, 3; 9, 17, 1; 21, 40; fg. 73; in 
9, 18, 1 wird es durch d:ä zpd^ecog k/.ecv umschrieben), denen einzig in 
Pol. 2, 46, 2 eine Construction des Verbums mit persönlichem Object 
gegenübersteht. In unserer Stelle ist aber die Bedeutung „durch Verrat ein- 
nehmen" ausserdem durch die folgende Bezeichnung y^copiov gesichert. Also 
irren Mordtmann, Mommspu und van Gelder, wenn sie ol IHafToyyot als 
einen galatischen Stamm oder Clan erklären. 

2) Der Monatsname ropT.taio<^ ist ein makedonischer. Schuchhardt 
hat in seinem Verzeichnis der in Pergamon vorkommenden Monatsnamen 
(bei Fränkel Bd. 2, S. 398) diese Stelle übersehen; ebenso Bischoff, „Bei- 
träge zur Wiederherstellung altgriechischer Kalender", Leipziger Studien 17, 
332 ff. 

^) Zum Namen vgl. oben S. 68, Anm. 1. 



— 93 — 

das gute EinverneLmen mit Rom gewahrt wie bisher. In 
dieser schwierigen Lage war es füi' Eumenes ein grosses 
Glück, dass er in seinem Bruder Attalos einen mit Rom 
in ungetrübtem Freundschaftsverhältnis stehenden und ihm 
selbst doch treu ergebenen Diener besass. Ihn schickte er 
daher i. J. 163 mit dem jüngsten Bruder Athenaios vor den 
Senat, um sich daselbst gegen die Verdächtigungen des Pru- 
Sias und der von ihm bearbeiteten Galater verteidigen zu 
lassen, wie auch gegen weitere Anklagen, die sein Verhältnis 
zu Syrien betrafen. Die Prinzen wurden ehrenvoll aufge- 
nommen, und der Senat that so, als hege er nicht den ge- 
ringsten Zweifel an der guten Gesinnung des pergamenischen 
Königs. Gleichzeitig aber sandte er den C. Sulpicius Gallus 
und den M'. Sergius nach Asien, um die Haltung des Eumenes 
zu beobachten, namentlich wegen des von Rom beargwöhnten 
Einvernehmens mit Antiochos Epiphanes.^) Das Benehmen 
des Sulpicius stand in eigentümlichem Gegensatze zu dem 
angeblichen Vertrauen zu Eumenes, das der Senat zur Schau 
getragen hatte. Kaum war der römische Kommissär nämlich 
in Asien angekommen, so liess er an die bedeutendsten Städte 
Bekanntmachungen ergehen, wonach jedermann, der gegen 
den pergamenischen König zu klagen habe, sich bis zu einer 
bestimmten Frist in Sardes einfinden und seine Klage vor- 
bringen sollte. Dann nahm er in boshaftester Weise persön- 
lich im Gymnasion zu Sardes während zehn Tagen alles 
entgegen, wodurch Eumenes compromittiert werden konnte. 2) 
Es muss trotzdem nicht viel Belastendes zum Vorschein 
gekommen sein, denn Rom fand keinen Anlass zu offenem 
Bruche. Vielleicht wäre es übrigens in diesem Augenblicke 
dem Senat ein grösseres Anliegen gewesen. Beweise für eine 
römerfeindliche Conspiration des Eumenes mit Syrien in die 
Hände zu bekommen, als für seine Wühlereien in Galatien. — 
Auch der alte Ariarathes IV. von Kappadokien (reg. 
220—163) lag damals im Streite mit den Galatern. Dieser 

') Polyb 31,9; danach Diod. 31, 7, 2 (von Dindorf fälschlich auf das 
Jahr 167 bezogen und mit Diod. 31, 7, 1 zusammengestellt). 
*) Polyb 31, 10. 



— 94 — 

Fürst liatte merkwürdige Wandlungen in seiner Politik durch- 
gemaclit. Zuerst haben wir iLn (189) als Verbündeten der 
Galater und als Gegner des Manlius Vulso und der Perga- 
mener getroffen; dann folgte (188) die Verschwägerung mit 
Eumenes und ihr gemeinsamer Kampf gegen Pharnakes von 
Pontos. Seit dieser Zeit scheint Ariarathes stets dieselbe 
Politik wie Eumenes befolgt zu haben. ^) Kein Wunder da- 
ler, dass jetzt auch zwischen ihm und den Galatern ein 
feindlicher Gegensatz bestand. Nach Polyb^) versuchten die 
Trokmer in Kappadokien Eroberungen zu machen, wurden 
aber von Ariarathes zurückgeschlagen und nahmen ihre Zu- 
flucht zur Verleumdung desselben vor dem Senat. Zweimal 
wurden römische Kommissäre geschickt, zuerst ein M. Junius, 
dann Cn. Octavius und Sp. Lucretius, die zugleich den Auf- 
trag hatten, Syrien zu bereisen. Aber durch grosse Vorsicht 
und Freundlichkeit gelang es dem kappadokischen Könige, 
sie von seiner loyalen Gesinnung zu überzeugen.^) Im glei- 
chen Jahre noch (163) starb Ariarathes IV., und sein Sohn 
und Nachfolger Ariarathes V. Philopator bezeugte sofort 
den Kömern seine Ergebenheit durch eine Gesandtschaft.*) 
Bei Strabo ^) ist uns ohne genaueres Datum ein Vorfall über- 
liefert, der vielleicht^) auch zu den Sreitigkeiten gehörte, 
die zwischen Ariarathes IV. und den Trokmern vorgelegen 
hatten. Ein kappadokischer König Ariarathes habe in der 
Nähe seiner Hauptstadt Mazaka den Fluss Melas oberhalb 
seiner Einmündung in den Halys gestaut und so zu seinem 
Privatvergnügen ein kleines Meer mit Kykladeninseln ge- 



^) Ein Beweis für die enge Freundschaft der beiden Dynastien liegt 
auch in der gemeinsamen Weihung einer Statue des bekannten Akademikers 
Karneades in Athen durch seine beiden Schüler Attalos (IL) und Ariara- 
thes (V.): CIA II 1406. 

2) Polyb 31, 13, 2. 

3) Polyb 31,13; vgl. c. 12, 13. 
') Polyb 31, 14. 

5) Strab. 12, p. 538/9. 

®) So hat schon Wernsdorff „De republica Gralatarum" (Norimbergae 
1743) S. 157 vermutet, während Wilcken P-W II 818 f. die Notiz lieber auf 
einen der späteren Ariarathe beziehen möchte. 



— 95 — 

schaffen. Plötzlich sei der Damm gerissen, und die ganze 
Wasseimenge habe sich in den Halys ergossen und starke 
Ueberschwemmungen in Galatien verursacht. Darauf hätten 
die Galater vom kappadokischen König 300 Talente Schaden- 
ersatz verlangt und diese Forderung vor dem Gericht der 
Eömer vertreten. 

Im Verhältnisse zwischen den Galatern und dem perga- 
menischen Reiche trat unterdessen keine Aenderung ein. Der 
Priester der pessinuntischen Göttermutter fuhi- fort, im Auf- 
trag und mit Unterstützung des Eumenes vorzugehen ; anderer- 
seits Hess der Aufpasser Prusias keine Gelegenheit verstrei- 
chen, ohne Rom auf die Machenschaften des Pergameners 
aufmerksam zu machen. Der zweite auf den pessinuntischen 
Blöcken erhaltene Brief lautet folgendermassen : 

„Der König Eumenes grüsst Attis.^) Wenn es dir wohl 
ergeht, ist es gut ; ich bin gesund. Man hat mir deinen Brief 
überbracht, in dem du mir Auskunft giebst über das, was in 
Bezug auf deinen Bruder Aioiorix^) geschrieben worden ist. 
Du hast also Recht gehabt, dich sattsam in Gegensatz zu 
stellen.^) Und möchte doch {oipekoa ijev) die Göttin für ihre 
Priester sorgen*), die da vergewaltigt worden sind und noch 
vergewaltigt werden, und möchte sie den Thäter berauben 

dessen, wonach er am meisten strebt! . . . 

und indem er mit (?) [Meno-?]doros und deinem (?) Bruder, 
der frisch gekommen war, auf das Lager zurückte und deinen 
Entschluss offenbarte, hat er ihn dii* gegenüber gerechtfertigt^). 
Lebe wohl." 



*) Dass ihm hier der Priestertitel nicht gegeben wird (denn nur durch 
ein Verseheu hat v. Domaszewski in der Minuskeltransscription das Wort 
hptc eingesetzt; vgl. die von ihm beigefügte Facsimileprobe), ist wohl ein 

Zufall. 

^) xazä zov ädzAifov aou Aiocopcya, Also nicht um eine Fehde 
zwischen Attis und seinem Bruder braucht es sich zu handeln, wie Mommsen 
a. a. 0. infolge eines Uebersetzungsfehlers Mordtmann's angiebt. 

^) opdcog ouv xad' uzepßoÄi^v dciazo), 

^) SKCfTTpaifBcaa zwv xzX, (vgl. Jerusalem, Wiener Studien I S. 54). 

*) anik'ja aoznv Trpog ae (vgl. Thuk. 8, 87, 1 : ßouÄousvog . . . 
CLTzoXosfTdac rcpog aozoog zth diaßoAd^). 



— 96 — 

Wiederum nimmt sich Eumenes also vor allem der Priester 
der Göttermutter an; er selbst scheint sich im Felde zu be- 
finden, wenigstens steht er von seinem Lager aus in ge- 
heimem Verkehre mit Attis. Besonders bemerkenswert ist es, 
dass Attis einen Bruder namens Aioiorix hat. Das ist deut- 
lich ein keltischer Name. Entweder gehörte also auch Attis 
einer galatischen Familie an; in diesem Falle hatten auch 
die Galater sich den Zugang zum Priestertum von Pessinus 
errungen. Oder aber, die Nationalitäten hatten sich bereits 
so weit miteinander vermischt, dass die Namen beider Spra- 
chen ein Gemeingut der ganzen Bevölkemng Galatiens ge- 
worden waren. In jedem Falle scheint die Parteibildung 
nicht mehr ausschliesslich vom Gegensatz der Kasse beherrscht 
gewesen zu sein. Uebrigens ist von Aioiorix in so vorsichtig 
neutralen Wendungen die Rede, dass es unmöglich ist, die 
Rolle zu ergründen, die er gespielt hat. — Die beiden fol- 
genden Briefe sind von Attalos, aber noch zu Lebzeiten des 
Eumenes, geschrieben, da er den Königstitel nicht führt. Sie 
lauten : 

„Attalos grüsst den Priester Attis. Wenn es dir wohl 
ergeht, ist es gut; auch ich bin gesund. Menodoros, den du 
abgesandt hast, hat mir deinen ausführlichen und freundlichen 
Brief übergeben und persönlich des längeren (mit mir) ge- 
sprochen über die Angelegenheiten, worüber er behauptete, 
(von dir) die Instruktionen zu haben. Indem ich daher deinen 
Entschluss annehme und zugleich sehe, dass du jederzeit bereit 
bist, für uns zu handeln, habe auch ihm alles mitgeteilt, was 
ich für notwendig hielt, dass du es wissest, und beauftragte 
ihn, es dir zu melden. Lebe wohl." 

„Attalos grüsst den Priester Attis. Wenn es dir wohl 
ergeht, ist es gut; gesund bin auch ich. Menodoros hat mir 
deinen Brief überbracht, in dem du schreibst, du habest auf 
die Nachricht hin, dass dein (?) Bruder zum Lager gekommen 
sei, den Göttern für unser Heil geopfert. Erzählt hat er ..." 
Hier bricht der Text ab. 

Im Jahre 162 wurden vom Senat abermals drei Kom- 
missäre, Tib. Sempronius Gracchus, L. Cornelius Lentulus und 



— 97 — 

SeiTÜius Glaucia nach Asien geschickt, um die Gesinnung 
der Könige zu prüfen, und besonders um ihi-e Streitigkeiten 
mit den Galateni zu schlichten.^) — Ende 160 trafen wieder 
Gesandtschaften in Rom ein. Zuerst kamen Kappadokier und 
überbrachten dem Senat als Zeichen der Ergebenheit ihres 
Königs Ariarathes V. einen riesigen goldenen Kranz. 2) Den 
kappadokischen Gesandten folgte kurz nach dem Antritt 
der Consuln für 159 (d. h. julianisch ganz gegen Ende 160) 
AttaJos von Pergamon, um wieder einmal seinen Bruder Eu- 
inenes zu verteidigen gegen neue Anklagen, die von bithy- 
nischen und galatischen Sendungen waren erhoben worden. 
Es gelang ihm auch diesmal wieder, den Senat zu einer gün- 
stigen Meinungsäusserung zu bestimmen ; ja, wenn man Polyb 
glauben darf, so sprach ihn der Senat nicht nur von aller 
Schuld frei, sondern machte sogar einen neuen Versuch, ihn 
durch ganz besondere Ehrenbezeugungen gegen seinen Bruder 
Enmenes einzunehmen.^) Das war nun allerdings verlorene 
Liebesmühe; Attalos war, wie uns auch seine Briefe nach 
Pessinus beweisen, ganz und gar die rechte Hand seines 
Bruders. Nicht umsonst führte er den Beinamen Philadelphos *), 
denn seine unbestechliche Bruderliebe erregte in der damaligen 
Welt berechtigtes Aufsehen und stand in schroffem Gegensatze 
zu den Gepflogenheiten, die an den hellenistischen Höfen sonst 
fast ohne Ausnahme herrschten. 

Eumenes IL starb 159, und Attalos IL Philadelphos 
(159 — 138) folgte ihm als König von Pergamon, in einem 
Alter von bereits 61 Jahren. In welcher Weise die von 
seinem Vorgänger angeknüpften Verbindungen in Galatien 
sich unter ihm gestalteten, lehrt uns folgender Brief an den 
Oberpriester von Pessinus. 

') Polyb 31, 23, 9 if. 

2) Polyb 32, 3, 3. Das Excerpt gehört, wie die ebenfalls aus Polyb 
stammende Stelle Diod. 31, 28 (Dind.) zeigt, zu den „Res Asiae" von Ol. 
155, 1 =^ 160/59 V. Chr. (nicht unter 161, wie Hultsch es einreiht). 

3) Polyb 32, 3, 1 f. ; c. 5, 5 ff. 

*) Eine Zusammenstellung der Zeugnisse für diesen Beinamen, den 
Attalos schon als Prinz offiziell geführt hat, giebt Fränkel zu Nr. 224, 17; 
hinzuzufügen ist die Stelle Ps. Skymnos perieg. 46 (Geogr. gr. min. 1 196 Müller). 

Steehelin, Galater. 7 



— 98 — 

„Der König Attalos grüsst den Priester Attis. Wenn 
es dii' geht^), wie ich wünsche, so ist es gut; gesund bin 
auch ich. Sobald wir nach Pergamon kamen, versammelte 
ich um mich nicht nui* Athenaios, Sosandi'os, Menogenes, son- 
dern auch noch mehi^ere andere Verwandte (dva-jrxäcoi) und 
legte ihnen vor, worüber wir uns in Apameia beraten hatten, 
teilte ihnen auch unsere Beschlüsse mit. Daraufhin fand eine 
übermässig lange Discussion statt, und zuerst neigten sich 
alle der gleichen Meinung zu wie wir ; Chloros aber war sehi- 
eifrig, uns unsere Stellung zu Rom vorzuhalten (rd Tw/xacxd 
Tzpoveivcov) und erteilte den Rat, unter keinen Umständen 
etwas ohne Jene vorzunehmen. Anfangs wai-en nur wenige 
seiner Ansicht; nachher aber, als wir die Sache immer wieder 
erwogen, begann er auf uns von Tag zu Tag mehr Eindruck 
zu machen (Tj^rero fjLaUov i^ficiv), und ohne Jene vorzugehen, 
schien uns mit gi-osser Gefahr verbunden zu sein; nämlich, 
für den Fall dass wir gewinnen, mit Neid, WiedeiTerlust 
(d(paip£iTe^) und schlimmem Verdachte, den sie ja auch gegen 
meinen Bruder gehegt haben; für den Fall aber dass wir 
verlieren, mit sicherer 2) Vernichtung (a/?<T^s); denn — (so 
schien es tins) — Jene würden sich um uns keine Sorgen 
machen^), ßondera] schadenfroh zusehen*), wie wir ohne sie 
in solchem Masse erschüttert worden sind. Jetzt aber, wenn 
wir — was nicht geschehen möge! — auch in einigen Punk- 
ten den Kürzeren ziehen, (so schien es uns) dass wenn 
wii* dann alles mit ihi^em Willen gethan haben, wir Unter- 
stützung erlangen und mit der Gunst der Götter im Kampfe 
wieder obsiegen werden. Ich habe daher beschlossen, fort- 



^) eu streicht v. Wilamowitz a. a. 0. 17. 

^) npodfjXo^ in der Bedeutung „sicher bevorstehend, sicher zu er- 
warten" auch bei Polyb 1, 23, 3; 1, 84, 11; 3, 84, 10; 15, 28, 8. 

^) Mit V. Wilamowitz S. 16 ist zu lesen liztaTpaipiljataS' ixeivovs, 
elidiert für iTüCdvpacpijdeadac (vgl. S. 95 Anm. 4). 

*) 7jdicog opäv, vgl. Pol. 15, 29, 10. Alles neue Belege für die alte 
Beobachtung, wie sehr der Sprachgebrauch Polybs mit dem der Inschriften 
seiner Zeit übereinstimmt. 



— 99 — 

während Gesandte nach Rom zu schicken, die über die strei- 
tigen Punkte^) beständig berichten sollen . . ."2) 

Die Situation, aus der heraus dieser Brief geschrieben 
ist, muss etwa folgende gewesen sein. Die galatischen Par- 
teigänger des pergamenischen Hen-schers sind in Bedrängnis 
durch Feinde. König Attalos hat in Apameia (gemeint ist 
gewiss die bekannte Stadt am Maiandi'os in Phrygien) mit 
dem Priester Attis von Pessinus eine Zusammenkunft abge- 
halten, in der irgendwelche gemeinsame kriegerische Aktionen 
beschlossen worden sind. Nach Pergamon zui^ückgekehii;, 
vei-sammelt Attalos den Kronrat der königlichen Verwandten, 
um ihnen diese Verabredungen vorzulegen. Zugegen sind: 
zunächst der Prinz Athenaios^); sodann der Milchbruder des 
Königs, Sosandros, den wii' zugleich als Gemahl einer könig- 
lichen Verwandten und als Priester des Dionysos KadTjyefiojv 
kennen *) ; feraer Menogenes, der die hohe Charge too im twv 
TcpayfiaTwv (d. h. wohl erster Minister und Stellvertreter des 
Königs in dessen Abwesenheit) bekleidete ^) ; und Andere mehr. 
Auf die eindringlichen Vorstellungen des Chloros hin fasst 
der Kronrat nach mehi1;ägigen Beratungen den Beschluss, die 
Vereinbarungen von Apameia fallen und den Angelegenheiten 



^) rä 3£<7]T[a]0>l^sva vermutet v. Wilamowitz S. 17. 

*) Es folgen die Worte aoTOüS de 7rapatJxeud!^e(Tda[c]^ und nach 
einer Lücke eine Zeile tiefer: . . . ovTüg kauTO . . . Die Ergänzung von Wi- 
lamowitz auToog de 7:apa(Txei>al!^eada\c rjfjLug incfieXcHg, wg ei dioe 
ßorjd7jff\ovTa<i kauTo\l^ ist deswegen zweifelhaft, weil Attalos nach dem 
Vorhergehenden eben auf alle Selbsthilfe verzichtet und sein Schicksal ganz 
in die Hände der Bömer gelegt hat. 

^) Athenaios wird zum letzten Male i. J. 154 erwähnt (Polyb 33, 
13, 1). Philetairos war gewiss längst tot (letzte Erwähnung s. oben S. 79, 
Anm. 1). 

*) Fränkel Nr. 248. Er war auch schon (Ttivrpocpog des Eumenes II. 
gewesen. Ueber das Institut der tJoVTpotpoc im AUg. vgl. Fränkel zu Nr. 179 
(wo für Aegypten die Stelle Polyb 15, 33, 11 anzuführen war). Im Jahre 156 
leitete Sosandros tapfer die Verteidigung der pergamenischen Hafenstadt 
Elaia gegen Prusias von Bithynien (Polyb 32, 27, 10). 

*) Er hat als solcher bereits unter Eumenes die ganze kgl. Familie in 
Statuen verewigen lassen (Fränkel Nr. 171 — 176). Früher war er votxotpCka^ 
(Fränkel Nr. 176 a.). 



— 100 — 

« 

Galatiens ihien Lauf zu lassen, überhaupt fortan nichts mehr 
gegen den Willen und ohne das Vorwissen der Römer ins 
Werk zu setzen, selbst auf die Gefahr hin, dass im gegen- 
wäiligen Moment der gemeinsame Feind des Attalos und des 
Attis dadurch gewinnen sollte. Die bisherige Politik, die 
Eom nichts nachfragte, hat dem pergaraenischen Staate Scha- 
den gebracht; der verstorbene König Eumenes hatte unter 
dem Misstrauen der Römer schwer zu leiden: um nun einem 
ähnlichen Schicksale zu entgehen, entschliesst sich Attalos, 
sein Reich ganz untei* Roms Schutz zu stellen, sich in die 
Befreiung der Galater durch Rom rückhaltlos zu fügen, den 
Senat durch Gesandte über alle seine Schritte auf dem Lau- 
fenden zu erhalten und ihn nötigenfalls um Unterstützung zu 
bitten. Diese Angabe ermöglicht es uns vielleicht, den Zeit- 
punkt genauer zu eimitteln, in welchem Attalos durch den 
uns erhaltenen Brief dem pessinuntischen Priester die wenig 
erfreuliche Mitteilung von seinem Verzicht auf die galatische 
Politik hat zukommen lassen. Polyb berichtet uns nämlich^), 
dass bereits im Jahre 156 durch Gesandte des Attalos ein 
Angriff des Bithyners Prusias II. auf Pergamon in Eom zur 
Anzeige gekommen ist. Zuerst erschien Andi*onikos, dann 
(im Winter 156/5) der Prinz Athenaios als Gesandter. Sie 
hatten noch mit grossem Misstrauen des Senates zu kämpfen, 
zumal da zugleich Gesandte des Prusias da waren, die alles 
Vorgefallene in Abrede stellten. Aber durch Kommissäre, die 
an Ort und Stelle geschickt wurden, bekam der Senat bald 
den richtigen Einblick in die Gewaltthätigkeit des Bithyner- 
königs, und unterstützte von da an wirklich den Pergamener 
gegen ihn. Da nun unser Brief erst die Absicht zeigt, 
Gesandte nach Rom zu schicken, so werden wir ihn in die 
Zeit kurz vor der ersten Gesandtschaft, der des Andronikos, 
anzusetzen haben, d. h. in die ersten Jahi'e der Regierung 
Attalos' II., jedenfalls nicht später als 156. 2) Ist dieser An- 



') Polyb 32, 28; 33, 1. 

^) Für möglichst frühen Ansatz spricht auch der Umstand, dass die 
Mitglieder des Kronrates, soweit wir überhaupt etwas von ihnen wissen, alle 
schon bewährte Diener Eumenes' II. gewesen sind. 



— 101 — 

Satz richtig, so sind die Feinde, gegen die das pergamenische 
Keicli und seine Anhänger in Galatien sich laut dem Briefe 
^u wehren haben, wohl vor allem die Bithyner, und wir be- 
sitzen also in diesem Schreiben ein Dokument aus dem Be- 
:ginne des Krieges zwischen Prusias II. und Attalos II. Wo- 
-durch dieser Krieg war veranlasst worden, wird uns nicht 
überliefert; aber am wahrscheinlichsten ist es von vornherein, 
dass der Zankapfel in Galatien zu suchen ist, dem Lande, in 
dem schon bisher immer pergamenische und bithynische Ein- 
:flässe sich gekreuzt hatten.^) Auch dieser Kampf wurde 
schliesslich, wie einst schon der Krieg zwischen Prusias und 
Eumenes 11.**^), durch römische Vermittlung beigelegt: im Frie- 
den wurde Prusias zu einer Entschädigung an Attalos und 
an einige kleinasiatische Seestädte verurteilt; im Besitzstand 
der beiden Eeiche wurde aber nichts verändert, sondern der 
Zustand, der vor dem Ausbmche des Krieges geherrscht 
hatte, wieder in Kraft erklärt^); Galatien blieb also autonom. 
Offenbar wollte Rom, dass im nordwestlichen Kleinasien drei 
von Eom abhängige Kleinstaaten sich ungefähr das Gleich- 
gewicht halten sollten. Pergamon fuhr so immer noch besser 
sIb in den letzten Jahren Eumenes' II., wo die Entfremdung von 
Rom zu einem nachgerade unleidlichen Zustande geführt hatte. 
Jenes lange Schreiben, in dem Attalos II. dem pessinun- 
tischen Priester erklärt, warum er ihm die fernere Unter- 
stützung versagen und das geheime Bündnis gewissermassen 
aufkündigen müsse, wird wohl das letzte Schriftstück gewesen 
sein, das von Pergamon nach Pessinus abgegangen ist. Zum 
mindesten muss es einer späteren Zeit angehören als der 
folgende, auf einem besonderen Steinblock erhaltene Brief, der 
hier der Vollständigkeit zuliebe auch noch beigefügt sei. Leider 
ist sein Anfang mit dem Namen des Absenders weggebrochen, 
so dass man ihn nicht mit Sicherheit einreihen kann.*) 



') Vgl. S. 90 f. 97. 

2) Vgl. S. 77 f. 

3) Polyb 33, 13, 5 ff. 

*) In der Lesung und Interpretation dieses Briefes folge ich v. Wilamö- 
witz a. a. 0. S. 16, obwohl auch er noch nicht alle Schwierigkeiten gelöst 



— 102 — 

„ . . . Nachdem ich aber den Brief geöffnet und wieder 
versiegelt habe, schicke ich ihn dir. Denn sie sagten, wenn 
ich ihn so wie er war zurückschickte, würdest du ihn nicht 
öffnen können. Du nimm ihn also in Empfang und schicke 
Welche du willst, gemäss ihi'er Aufforderung. Wissen wir 
doch, dass was du auch thust, du in unserem Interesse thun 
wirst. Und lass den Ueberbringer des Briefes, da er mit 
dir zusammenkommen will, unter allen Umständen vor dich 
führen. Denn es ist auch für das Uebrige nützlich, dass du 
von ihm hörest, was er vorgiebt, dir sagen zu wollen; und 
dass jemand von dii- zugleich mit ihm in die oberen Gegen- 
den (eig Toog avio zonoug) geschickt werde, um die Geschenke 
in Empfang zu nehmen — denn es wäre eine Thorheit, sie 
auszuschlagen — , und um die Gesinnung derer dort (rmv ixet) 
uns genauer mitzuteilen ..." 

Dieser Brief lässt uns noch deutlicher als die übrigen 
in die eigentliche Technik des pergamenisch-pessinuntischen 
Verkehres blicken; er zeigt uns, wie vorsichtig die Briefe 
schon äusserlich verpackt wurden, wie sorgsam andererseits 
im Wortlaute das, worauf es im Grunde ankam, vei'schwiegen 
oder doch in dunkle Andeutungen eingehüllt wui*de, wie ängst- 
lich man es also vermied, sich vor Unberufenen durch den 
Wortlaut zu compromittieren, falls etwa ein Brief unterwegs 
abgefangen werden sollte. Irgendwelche Leute in nicht näher 
bezeichneten „oberen Gegenden" hatten sowohl an den perga- 
menischen König als an den Priester in Pessinus eine Ge- 
sandtschaft mit Briefen geschickt, um ihre Freundschaft an- 
zutragen, die Absendung einer Gegengesandtschaft zu erbitten, 
und Geschenke zu versprechen. Attalos hat die Briefe ge- 
lesen und schickt sie nun dem Priester mit einem eigenen 
Begleitschreiben, in dem er ihm zunächst erklärt, warum er 
die Briefe aus den „oberen Gegenden" nicht wieder so ver- 
packt habe, wie sie ihm zugekommen waren. Die Gesandten 



hat. Z. B. das von ihm Z. 4 vorgeschlagene e?[;roi^] setzt die Anwesenheit 
mehrerer Gesandten aus den avo) ronoe voraus, während es nach Z. 9. 12. IS 
nur einer ist. Ferner hat v. Wilamowitz so wenig wie v. Domaszewski 
das berücksichtigt, das in Z. 9 zwischen . . c und tov steht. 



— 103 — 

hatten ihm nämlich — so scheint es — mitgeteilt, Attis 
kenne den Kunstgriff nicht, der zur Oeffnung der ursprüng- 
lichen Hülle erforderlich sei. Dann erteilt er ihm noch Winke 
darüber, wie er sich gegen den üeberbringer der Briefe ver- 
halten solle. Die Entsendung einer Gesandtschaft zur ge- 
naueren Untersuchung der Stimmung in den „oberen Gegen- 
den" und zui' Annahme der versprochenen Geschenke über- 
lässt er ganz seinem pessinuntischen Parteigänger, dem er 
bei dieser Gelegenheit sein volles Zutrauen ausspricht. Da- 
nach wird man wohl annehmen dürfen, dass die „oberen 
Gegenden" nicht allzuweit von Pessinus, wahrscheinlich in 
Galatien selber, zu suchen sind. Dass das Bittgesuch zuerst 
an den König und erst nachher an den näher gelegenen Ver- 
bündeten desselben gelangt ist, hat seinen Grund wohl nur 
in dem gi*össeren Kespect, den man jenem schuldete. 



Alle weitere Kunde über galatische Dinge stammt aus 
einer Zeit, in der die griechische Geschichte von der römi- 
schen nicht mehi' zu trennen ist. Im Jahre 133 v. Chr. schloss 
der letzte pergamenische König Attalos III. seine Augen, und 
die Kömer beeilten sich, sein Erbe als Provinz Asia ihrem 
Reiche einzuverleiben. Galatien aber fristete noch mehr als 
hundert Jahre länger eine halbwegs selbständige Existenz als 
Clientelstaat der Römer. Die Geschichte Galatiens in dieser 
Zeit bietet nicht mehr und nicht weniger Reiz als die irgend 
eines anderen römischen Clientelstaates. Das Eigenartige 
aber, was in früheren Zeiten die galatische Geschichte aus- 
zeichnet, der Gegensatz zwischen dem kräftigen, aus weiter 
Ferne hergewanderten Räubervolke und den gealterten, mit 
einem Firnis hellenistischer Bildung überzogenen Kultur- 
nationen, unter denen es sich eingenistet hat, ist seit der 
Mitte des zweiten Jahi'hunderts verschwunden. Die Entwick- 
lung, deren Keime uns schon früher entgegengetreten sind, 
ist vollendet. Die Galater sind nicht mehr jene wilden, 
trotzigen Gesellen, die mit dem Schwerte in der Hand die 



— 104 — 

halbe Welt durchmessen, die sich nur auf ihre eigene Kraft 
verlassen und Schi^ecken verbreiten wo immer sie erscheinen; 
sie sind ein diplomatisches Völkchen geworden, das nicht an- 
ders als seine Nachbarn, ja mit ihnen um die Wette, sich 
bei den Römern einzuschmeicheln und die Macht der Herren 
der Welt klug zu seinem Vorteil auszunutzen sucht. 



A d d e n d a. 



S. 4, Anm. 1, Zeile 5 ist zu lesen fiavT6(r[üvov statt 

Zu Abschnitt IV und V. Im ersten Heft von Band 22 (1897) 
der Mitteilungen des archäologischen Instituts, athenische Ab- 
teilung, erscheint, wie ich höre, eine Abhandlung von A. Körte 
über die Topographie des alten Galatien, worin insbesondere 
der Zug des Manlius Vulso ausführlich behandelt wird. Ich 
kann auf diese Arbeit, die mir noch nicht zu Gesicht gekom- 
men ist, leider nur noch an dieser Stelle hinweisen. 



DATEDUE t 



































































































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